Schwangerschaftsunterbrechung, Abtreibung, Interruptio graviditatis
gynäkologische Maßnahmen zur künstlichen Herbeiführung einer Fehlgeburt mit der Absicht, eine Schwangerschaft vor der Überlebensfähigkeit des Feten außerhalb des Mutterleibes zu beenden. Die Eingriffe, die nur von einem Arzt durchgeführt werden dürfen, richten sich, medizinisch betrachtet, nach dem Stadium der Schwangerschaft, dem Alter der Patientin, vorausgegangenen Schwangerschaften und möglichen Komplikationen. Mechanische Methoden sind: Erweiterung des Gebärmutterhalses und Absaugung der Frucht (Saugkürettage) oder eine Ausschabung. Pharmakologische Methoden (Injektion von Prostaglandinen) führen zur Wehenerzeugung bis zur Spontanausstoßung der Frucht. Meist ist nachfolgend noch eine Ausschabung notwendig. Alternativ kann ein Schwangerschaftsabbruch bis zur 8. Woche auch durch die Abtreibungspille herbeigeführt werden. Spätfolgen eines Schwangerschaftsabbruchs können Gebärmutterverletzungen und -entzündungen sowie Sterilität sein.
Recht
Die bis zum Schluss der Einnistung des befruchteten Eies in der Gebärmutter (Nidation) vorgenommenen Handlungen sind kein Schwangerschaftsabbruch (§ 218 Absatz 1 StGB) und daher straflos. Der nach diesem Zeitpunkt vorgenommene Schwangerschaftsabbruch war bis zur Neuregelung 1992 zum Schutz des werdenden Lebens in den alten Bundesländern grundsätzlich strafbar (§ 218 StGB), wobei die Art und Weise der Regelung die jeweils herrschenden weltanschaulichen Strömungen widerspiegelte. In der Bundesrepublik Deutschland wurde 1974 ein Fristenmodell Gesetz, wonach der von einem Arzt binnen drei Monaten seit der Empfängnis mit Einwilligung der Schwangeren vorgenommene Schwangerschaftsabbruch gänzlich straflos sein sollte. Das Bundesverfassungsgericht erklärte diese Fristenlösung jedoch 1975 für verfassungswidrig, weil das eigene Lebensrecht des Embryos nicht hinreichend gesichert sei. Der Gesetzgeber regelte darauf 1976 entsprechend den verfassunggerichtlichen Richtlinien den Schwangerschaftsabbruch auf der Grundlage eines Indikationsmodells. Danach blieb der Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich verboten (§ 218 StGB), jedoch ausnahmsweise für schwer wiegende Konfliktfälle aufgrund bestimmter Indikationen zulässig (§ 218 a StGB). Im Einzelnen war der Schwangerschaftsabbruch straflos: a) wenn der zur Abwendung einer Gefahr für das Leben oder schwer wiegender Gesundheitsbeeinträchtigung der Schwangeren angezeigt und die Gefahr auf andere zumutbare Weise nicht abwendbar war (medizinische Indikation); b) binnen 22 Wochen seit der Empfängnis zur Verhütung erbkranken Nachwuchses (eugenische Indikation); c) binnen 12 Wochen nach der Empfängnis, wenn dringende Gründe dafür sprachen, dass die Schwangerschaft auf einer Sexualstraftat beruhte (ethische Indikation); d) in der gleichen Frist zur Abwendung einer auf andere zumutbare Weise nicht abwendbaren Notlage der Schwangeren (z. B. außergewöhnliche familiäre oder wirtschaftliche Belastungen; soziale Indikation). Bei legitimem Schwangerschaftsabbruch bestand Anspruch auf die Leistungen der Krankenversicherung. Außer in Notfällen (bei Lebens- oder schwerer Gesundheitsgefahr) bestand keine Verpflichtung zur Mitwirkung an einem Schwangerschaftsabbruch.
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