Will ein Mensch seinen Körper bewegen, also den Zustand eines Muskels verändern, oder eine Position halten, kommt der Bewegungsapparat, der aus dem Skelettsystem, den Sehnen und den Muskeln besteht, ins Spiel. Es muss Kraft entwickelt werden, die dazu führt, dass die beabsichtigte Wirkung eintritt. Kraft wird meistens nur bewusst eingesetzt. Aber auch wenn man es kaum merkt, der Körper muss, um sich aufrecht halten zu können, ständig Kraft entwickeln.
Eine Definition von Meusel aus dem Jahr 1968 dazu: Kraft ist eine Grundeigenschaft des Menschen, mit deren Hilfe er eine Masse bewegt, ist seine Fähigkeit einen Widerstand zu überwinden oder ihm durch Muskeleinsatz entgegenzuwirken.
Soll ein Muskel willentlich angespannt werden, so leitet das Gehirn den Reiz über das Nervensystem an die Muskelfaser. Von der sogenannten motorischen Endplatte wird der Reiz auf die Muskelfasern übertragen.
Der Muskel besteht im Wesentlichen aus einem Bündel von Muskelfasern. Die Muskelfasern wiederum bestehen aus den Myofibrillen. Innerhalb der Myofibrillen reagieren sogenannte Myosin- und Aktinfilamente (Eiweiße) auf diesen Reiz und bewirken die Kontraktion des Muskels bzw. der Muskelfasern. Chemische Energie wird dabei in mechanische umgesetzt. Dieses geschieht nach dem "Alles-oder-nichts" Prinzip: die Intensität der Kontraktion einer Muskelfaser ist immer gleich. Nur die Anzahl der kontrahierten Muskelfasern kann verändert werden kann, nicht die Intensität. Es kontrahieren bei einem Reiz, der stärker ist, mehr Muskelfasern.
Folgende Faktoren, die auch die Unterschiedlichkeit der Kraft bei unterschiedlichen Menschen bestimmen, spielen bei diesem Prozess eine Rolle:
- Muskelfaserzahl und -art
Es werden hauptsächlich ST- Fasern und FT - Fasern unterschieden.
ST - Fasern ( Slow-Twitch)arbeiten mit Sauerstoff, kontrahieren langsam und schwach, ermüden auch langsamer und sind rotgefärbt.
FT-Fasern (Fast -Twitch), die auch ohne Sauerstoffversorgung arbeiten, kontrahieren schnell und kräftig, ermüden schnell und sind weißgefärbt.
Das Verhältnis der beiden zueinander ist genetisch bei jedem Menschen verschieden festgelegt.
- Muskelfaserquerschnitt
Er ergibt sich summarisch aus den Querschnitten aller Muskelfasern, die wiederum aus den Myofibrillen zusammengesetzt sind. Die Myofibrillen verstärken und vermehren sich bei stärkerer Inanspruchnahme im Training und erhöhen damit den Muskelfaserquerschnitt.
- Muskelvolumen
Dies ergibt sich aus dem Querschnitt und der Länge der Fasern, so dass die max. Kontraktionskraft begrenzt ist.
Kraftentwicklung ist möglich, weil
a) durch Training die Fähigkeit verbessert wird, gleichzeitig mehr Muskelfasern zu innervieren, und sich die willkürliche Aktivierungsfähigkeit steigern lässt, d.h. die intramuskuläre Koordination der Innervation der Aktivität der einzelnen Muskelfasern wird verbessert.
b) die Muskelfasern sich verdicken, sie hypertrophieren nach einem regelmäßigen Training bis zum Neunfachen ihres Ausgangswertes . Bei den meisten Menschen ist heute allerdings schon von dem Gegenteil zu sprechen: Die Muskeln atrophieren, das heißt, sie verlieren ihre Kraft.
c) durch regelmäßige Übung und Inanspruchnahme des Muskels sich die Ermüdbarkeit reduzieren lässt, so dass sich eine höhere Leistungsfähigkeit ergibt.
In diesem Zusammenhang ist - bezogen auf die Kraftentwicklung - auch die Koordinationsfähigkeit zwischen den einzelnen Muskeln (intermuskuläre Koordinationsfähigkeit) zu erwähnen. Wir wissen ja, dass niemals nur ein Muskel aktiv ist. Diese Koordinationsfähigkeit ist auch sehr gut trainierbar.
Beispiel zur intermuskulären Koordination: Wenn wir zum Beispiel den Unterarm anwinkeln, um ein Gewicht anzuheben, zieht sich unser großer Bizepsmuskel zusammen. An seinen Enden läuft er in Sehnen aus, die auf der einen Seite am Schulter-, auf der anderen Seite am Unterarmknochen ansetzen. Kontrahiert sich der Muskel, so bewegen sich diese Ansatzpunkte aufeinander zu. Je mehr Kraft aufzuwenden ist, desto stärker muss die Kontraktion sein. Nur wegen der Vollständigkeit zu erwähnen ist, dass - wie jeder weiß - das dazwischen liegende Gelenk gebeugt wird. Dies setzt voraus, dass der dem Bizeps zugeordnete entgegengesetzt arbeitende Streckmuskel - der Trizeps - entspannt werden muss. (Agonist - Antagonist) Dieses intermuskuläre Zusammenspiel klappt fast automatisch. Wird nun zusätzliches Muskelkrafttraining durchgeführt, steigt auch die intramuskuläre Koordination, d.h. es können mehr Muskelfasern aktiviert und damit mehr Kraft entwickelt werden.
Bei allen Kraftarten, werden unter gewöhnlichen Bedingungen niemals 100% des Potentials freigegeben. Werte in dieser Höhe sind nur bei Laborversuchen erreicht worden, bei Doping oder Stresssituationen bzw. Todesangst sind Werte bis zu 90% erreichbar. Dieses liegt an der genetischen Ausstattung, die wir Menschen mitbringen. Solche Kraftreserven sind kaum durch unseren Willen zu beeinflussen. Normalerweise geht man von einer 60 - 70 %igen Ausnutzung des Kraftpotenzials aus.
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