Vorwort:
American Football ist der US-Amerikanische Nationalsport, der während der Saison hunderttausende Fans in die im ganzen Land verteilten Stadien zieht.
Nahezu jeder Junge wächst mit diesem Sport heran, für einige wenige wird er zum lebenslangen Begleiter.
Football ist aufregend, temporeich und unberechenbar, athletisch und ästhetisch. Ein Spiel, bei dem nicht selten 60 Minuten Kampf in sechzig dramatischen Sekunden entschieden werden. Unter der Oberfläche verbirgt sich ein faszinierender Wettkampf zwischen Machismo und Mathematik, zwischen Schach und Schinderei. Football ist ein harter und ruppiger Sport, bei dem selbst Helm, Schulterschutz und andere Protektoren den Teilnehmern keinen absoluten Schutz bieten können und der sehr viel Courage verlangt.
Aber dies ist eben nur die eine Seite. Jene, die sich außerhalb der USA in den gängigen Klischees über Amerika widerspiegelt: Cowboy-Mentalität, Hollywood-Glamour, Weltmacht-Arroganz, Profitgier. Kraft und Wucht im Football seien eben das Wochenendventil für die gewalttätige amerikanische Gesellschaft, Territorialgewinn auf dem Spielfeld, eine Ersatzbefriedigung für typisch amerikanische Kriegslust und Cheerleader-Spektakel und rohes Spiel die moderne Entsprechung zum Circus Maximus, in dem sich Gladiatoren mit Schwertern zu Tode kämpften.
Mit der üblichen Dosis Zivilisationskritik und oberflächlichen Deutungsversuchen lassen sich Sportarten und ihre Wurzeln nicht begreifen. Ebenso wenig ihre kulturelle Bedeutung und Symbolik.
American Football verdankt seinen Stellenwert in der US-Gesellschaft der Tatsache, dass er in seiner Entstehungsphase zwei unterschiedliche Mentalitäten begeistern konnte: Die "Kopfarbeiter" an Elite-Universitäten wie Harvard, Yale und Princeton sowie "Handarbeiter" an den Hochöfen und in den Bergwerken der Industriestädte in den Bundesstaaten Pennsylvania, Ohio und New York . Für die Zöglinge reicher Familien wurde Football die Möglichkeit mit "rauem" Sport und "männlichen Übungen" ihren Körper und damit in einem gewissen Grad ihren Charakter zu bilden, wie US-Präsident T. Roosevelt es Anfang dieses Jahrhunderts formulierte. Für die Arbeiter in den Bergwerksorten und Stahlstädten, fast allesamt Einwanderer aus dem Osten Europas, wurde Feierabend-Football zu einem Sinnbild für das Prinzip der Solidarität und die Härte auf dem Platz zu einem Ausdruck sozialer Identität.
Diese Zeit ist zwar vorüber, aber mit jedem Jahr wird Football populärer als je zuvor. Heute entdecken sich Millionen von Amerikanern in der Sportart wieder, weil sie nach Regeln funktioniert, die auf erstaunliche Weise die Wertvorstellungen von Arbeit und Freizeit wiederspiegeln, wie sie in den USA am Ende des 20. Jahrhunderts existierten.
Es gibt Millionen von Amerikanern, die als Kinder Football gespielt haben und die als Erwachsene das Publikum für die Meisterschaftsspiele an den Colleges und in der NFL bilden. Jeder hat eine andere Geschichte erlebt und die wenigsten haben ihren Traum vom großen Football-Star verwirklicht. Aber diejenigen, denen es gelang, erinnern sich noch gut an ihre Anfänge. Für viele Spieler war es nie ein Hobby, sondern Karriere. Das hat mit der Art der amerikanischen Sportorganisation zu tun, in der es keine Vereine wie in Europa gibt. Nahezu jeder Sport kann in der Schule ausgeübt werden, die Highschool-Teams wählen aus ihren Schülern die Besten aus und so entsteht dann das Team. Nur die besonders talentierten und erfolgreichen Nachwuchsspieler erhalten Stipendien an den Universitäten, für deren Teams sie dann im College-Football antreten. Später bekommen wieder die Besten dieser jungen Talente Verträge bei den Profis der NFL (National Football League).
Die Geschichte
Die Stunde Null des Footballs ist der 6. November 1869, als in New Jersey die erste Begegnung zwischen den Universitäten Rutgers und Princeton nach den sogenannten Princeton-Regeln stattfand. Das Spiel erreicht schnelle Beliebtheit unter der Bevölkerung und den Sportlern. 1974 etablierte sich Football entgültig als eine eigenständige Variante des britischen Rugby, unterschied sich aber noch deutlich zu dem was wir heute unter Football verstehen.
Über die Jahre wurden immer wieder große Fortschritte erzielt, die Regeln vermehrten sich um die beste Sicherheit zu garantieren und um das Spiel aufregender und ausgeglichener zu gestalten. Als jedoch 1905 dreizehn Spieler an Verletzungen starben, die sie in einem Football-Spiel erlitten, folgte eine Protestwelle für ein Verbot dieser Sportart, die aber Theodore Roosevelt abfing und die Verantwortlichen der Colleges erfolgreich zu einem weniger brutalen Spiel ermahnte.
Als 1906 der Pass nach vorne, der im Rugby nicht gestattet ist, zugelassen wird hebt die besondere Aufgabe des Quarterbacks als Ballverteiler hervor. Provinzen etablieren sich und stellen hohe Maßstäbe dar, einzelne Spieler entwickeln Techniken die später als Standard gelten, die ersten Football-Helden entstehen. 1920 wird Jim Thorpe, bekannt als Zehnkampf-Olympiasieger von 1912, dem seine Goldmedaille beim Wechsel in den Profisport aberkannt wurde, zum Präsidenten der American Professional Football Association. Sie ist der Vorläufer der National Football League.
1926 erreicht die Popularität des College-Footballs Rekordwerte. 110 000 Zuschauer erlebten in Chicago den Klassiker zwischen Army und Navy.
1933 führt die NFL Playoffs ein, die ersten Gewinner des Endspiels sind die Chicago Bears. Die Heisman Trophy für den besten College-Football-Spieler des Jahres wird zum ersten Mal verliehen und geht an Jay Bergwanger vom Team der Universität Chicago. Sechs Jahre später verzeichnet die NFL zum ersten Mal einen Besucherzustrom von mehr als einer Million Zuschauer im Jahr. Die Helmpflicht wird erst 1943 eingeführt, immer weiter entwickelt sich das ganze Spiel, in seinen Abläufen, Strategien und Techniken und sogar schwarze Spieler durchbrechen die Rassenschranken in der NFL. Bereits 1950 zeichnet sich ab das Football zu einem Massensport schlechthin wird, als sich Spieler der Los Angeles Rams Hörner auf den Helm malen, und die Rams sich als erstes Team das Medium Fernsehen zunutzen macht. Man überträgt Heim- und Auswärtsspiele, jedoch wird ein Jahr später das Fernsehen von den Heimspielen ausgeschlossen, der Grund dafür war ein Einnahmeverlust beim Eintrittskartenverkauf von 300 000 Dollar.
1959 übernimmt Vince Lombardi das Training der Green Bay Packers und baut eine der dominantesten Mannschaften der Football-Geschichte auf.
Es entsteht eine Konkurrenz zur National Football League, die American Football League, deren Meister ab 1967 im Super Bowl gegeneinander antreten. Die Green Bay Packers besiegen die Kansas City Chiefs 35:10, das Fernsehen ist von Anfang an mit viel Geld dabei und zahlt 9,5 Millionen Dollar für die Übertragungsrechte der ersten vier Endspiele. Die Hall of Fame bekommt 1961 ihren Sitz in Canton/ Ohio, sie ist die Ruhmeshalle für spätere NFL-Größen. 1972 gelingt den Miami Dolphins unter Coach-Legende Don Shula ein Football-Wunder, indem sie alle 17 Spiele der Saison einschließlich Super Bowl gewinnen, 1978 ist die Sternstunde für den wohl bekanntesten Footballspieler der Geschichte, Joe Montana wird von den San Francisco 49ers eingekauft und führt seine Mannschaft zu vier Super-Bowl Siegen, bricht sämtliche Rekorde und zieht die Zuschauer und Fans magnetisch an. Es folgen viele schöne Jahre für die NFL, die Spiele sind bereits um Jahre ausverkauft, die Amerikaner geben zu 70% Football als ihren Lieblingssport an. Mit den Jahren entstehen weiter viele Football-Helden, die ihren Teams zu Ruhm, Reichtum und Ansehen verhalfen, die Teams perfektionieren sich und das Coaching wird zu einem strategischen Krieg. In jeder Hinsicht bringt auch die Technik enorme Fortschritte, der Astrodome in Houston kündigt bereits einen sportlichen Klimawechsel besonderer Art an: Kunstrasen als Spielbelag auch im Freien und Riesenhallen mit einer Kapazität von mehr als 70.000 Zuschauern.
1991 versucht die NFL die Sportart American Football mit der Gründung der World League weltweit zu etablieren. Der erste Anlauf mit Teams in Europa und den USA wird 1993 abgebrochen, jedoch folgt 1995 ein modifizierter zweiter Versuch, die NFL Europe mit ausschließlich europäischen Teams. Hier zeichnet sich vor allem Deutschland, mit mittlerweile drei sehr erfolgreichen Teams besonders aus.
Die Geschichte der NFL
1915 verpflichtete das College Canton den Zehnkampf-Olympiasieger Jim Thorpe, der ein unglaubliches Allroundtalent und gleichzeitig der erste richtige Star im Football war. Ein Jahr später spürte das Team aber, dass es auch zuviel Erfolg geben kann. Da sie nämlich in ihren zehn Spielen ungeschlagen waren, mit einer Punktedifferenz von 264:7, vertrieb und langweilte ihre Überlegenheit alle potentiellen Gegner. So begann man in Ohio erstmals über eine National Football League zu sprechen. Der Eintritt der USA in den ersten Weltkrieg sollte das Unternehmen NFL jedoch noch hinauszögern. Aber am 20. August 1920 war es soweit: Männer aus Ohios Industriezentren Akron, Cleveland und Canton gründeten eine Vereinigung. Man stellte Spielpläne auf und versicherte darauf zu achten, die Gehälter nicht ins Uferlose wachsen zu lassen und einander nicht die Spieler abspenstig zu machen. Es dauerte nur zehn Wochen, und zehn Klubs aus Ohio, Indiana und Illinois schlossen sich an. Doch aufgrund großer Verluste lösten sich bis 1927 zwölf der 23 Klubs auf. Manche von denen, die weitermachten, verloren große Summen. Das Problem lag darin, dass die Mannschaften ihre Begegnungen noch immer selbst organisierten, das Liga-Büro kümmerte sich nicht mal darum, die Spielergebnisse festzuhalten. Was auf dem Spielfeld geboten wurde, war selten ein richtiges Vergnügen. Das Pass-Spiel war bei weitem nicht so attraktiv wie heutzutage, die Teams erzielten kaum Punkte und das war zu wenig, um die Besucher auf den Geschmack zu bringen. 1932 gab es nur mehr 8 Klubs, doch inmitten der größten Krisen gab es im Football immer Männer mit Ideen. 1933 modifizierte die NFL die Regeln, stellte die Tore auf die Goalline und gestattete den Vorwärts-Pass von jedem Punkt hinter der Anspielstelle. Ein Jahr später richtete die Liga in Chicago das erste All-Star-Spiel aus, in dem alljährlich der Meister gegen eine Auswahl der Besten aus den anderen Klubs antrat. 1935 installierte die Liga die Draft: Die besten College-Spieler eines Abschuss-Jahrganges werden auf die leistungsschwächsten Mannschaften verteilt, mit dem Ziel ausgeglichenere Teams zu erhalten. Dann war da noch die Idee eines Klubbesitzers namens George Marshall, von Musik und Bands beim Football, denn für ihn war es besonders wichtig die Zuschauer in jeder Hinsicht zu unterhalten. Er hatte noch viele andere Ideen, die er eine nach der anderen seinen Kollegen in der NFL verkaufte: den ersten überregionalen Spielplan, eine Play-off Begegnung am Saisonende, einen fünf Zentimeter schlankeren Ball der den langen Pass extrem erleichterte und eine Vereinfachung der Auswechslungen. Kontakt zwischen Coach und Quarterback, vorher verboten, wurde zugelassen. Diese Maßnahmen brachten das Spiel in Schwung, hatte man 1933 nur 19 Punkte pro Spiel im Schnitt verzeichnet, so lag das Niveau fünf Jahre später bei 27 Punkten. Eine ähnliche Steigerung spielte sich an den Kassen ab, der Zuschauerdurchschnitt stieg in den Dreißiger Jahren um das vierfache. Anfang der Vierziger hatte der Profi-Football endlich Boden unter den Füßen gefasst.
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