Es ist ja klar dass sich ein Verstärker mit vielen Watt besser verkauft als einer mit wenigen. Bei billigen Verstärkern wird deshalb gerne und oft mit kleinen Tricks nachgeholfen. Richtig aussagekräftige Merkmale eines Verstärkers sind z.B. die Sinus-Dauerleistung und die Angabe der Musikleistung. Damit ist gemeint, wieviel Watt der Verstärker bei kurzen Impulsspitzen abgeben kann.
Um zu zeigen, wie Hersteller Verstärkerleistungen in der Praxis schönrechnen, habe ich hier ein kleines Beispiel gefunden:
Annahme: Der Verstärker besitze eine Dauer-Sinusabgabeleistung (Effektivwert) von 50 W an eine ohmsche Last von 8 Ω.
Marketing: Vielleicht wurde es ausprobiert, aber meistens nur geschätzt, trotzdem wollen wir annehmen, dass der Verstärker 100 W bei nur einer einzigen Periode eines 100-Hz-Tones, also lediglich 10 tausendstel Sekunden lang, liefern kann. Und schwupps, schon kann man ihn als 100-W-Verstärker anpreisen. Weil aber die Konkurrenz auch nicht schläft, muss man nachlegen, wobei man anfängt, mit den rechnerischen Werten herumzujonglieren, die mit der Realität allerdings nicht das Entfernteste zu tun haben: Wenn der Verstärker statt 8 nur 4 Ω treiben müsste, würde er doppelt soviel Strom und damit auch doppelt soviel Leistung abgeben, auch wenn er das in der Realität vielleicht überhaupt nicht kann. Wenn man ihn jetzt mit \"200 W rechnerische Impulsspitzenleistung bei 4 Ω\" anpreist, hat man zwar keine vernünftige Angabe gemacht aber noch nicht einmal gelogen.
Sollte das immer noch nicht reichen, machen wir aus dem 50-W-Lautsprecher auch mühelos einen mit 400 W: Wir beziehen die Angabe einfach auf 2 Ω. Bisher sind wir immer von sinusförmigen Signalen ausgegangen. Als letzten Trumpf nehmen wir jetzt als Bewertungsmassstab ein rechteckförmiges Signal, das bei gleichem Maximalwert einen um ca. Faktor 1,4 höheren Effektivwert besitzt. Damit knacken wir auch die 500-W-Hürde und erreichen virtuell 560 W. Der Verstärker ist immer noch ein 50-W-Verstärker geblieben, aber auf dem Papier sieht es viel freundlicher aus.
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