Eine der erfolgreichsten und vielbenutzten Güter-Pferdebahnen war die
Pen-y-Darran, auf der die Fracht von der Eisenhütte Pen-y-Darran bis zum 14 Kilometer entfernten Merthyr Tydfil gezogen wurde. An einem Nachmittag des Jahres 1803 erklärte ein hoher Angestellter der Eisenhütte, Samuel Homfray, seinen Kollegen, daß eines Tages der Dampfwagen die Schwerlasten befördern und das Pferd ablösen würde. Doch wegen der Unmöglichkeit dieses Projektes wurde er nur ausgelacht. Zu dieser Zeit war der Dampfwagen eine Neuheit, von der wenige außer Homfray wußten. Da Homfray mit erheblichen Mitteln an Patentrechten für eine Hochdruckdampfmaschine beteiligt war, hatte er großes finanzielles, aber auch wissenschaftliches Interesse an den Plänen für eine Dampflokomotive. Also wettete er mit seinen härtesten Gegnern um 500 Guineen, daß es nur mit der Kraft des Dampfes möglich sein würde, zehn Tonnen Eisen über die gesamte Länge der Pen-y-Darran-Linie zu transportieren.
Zur Entwicklung eines solchen Vehikels wandte sich Homfray an den englischen Ingenieur Richard Trevithick (Abb. 6), der bereits in den vergangenen Jahren mehrere Dampfwagen konstruiert hatte, die aber nicht die erwartete Leistung brachten. Durch den Versuch einen, durch die Dampfkraft angetriebenen Wagen, auf einer Schienenstrecke fahren zu lassen, der weiters noch eine größere Last ziehen konnte, wurde Trevithick zum eigentlichen Erfinder der Lokomotive.
Am 13. Februar 1804 stand das fremdartige Produkt zur ersten Fahrt bereit. Trevithicks Lokomotive (Abb. 7) besaß ein Gewicht von 4 100 kg und wurde aus einem 2 m langen, waagrechten Kessel durch einen 1,3 m langen Kolbenhub angetrieben. Über Schwungrad, Kurbel und Zahnräder wurde die Kraft auf die Räder, die einen Durchmesser von 1,3 m hatten, übertragen.
Als die Maschine in etwas mehr als zwei Stunden die 10 Tonnen Eisen über die vorgesehenen 14 km geschleppt hatte, war Homfrays Wette gewonnen. Eine Zeitung aus Bristol schrieb über dieses historische Ereignis :
"Die Maschine wurde genutzt, um die Fracht von zehn Tonnen Barren-Eisen von der Pen-y-Darran-Eisenhütte, entlang des Kanals von Glamorganshire, vierzehn Kilometer aufwärts zu schleppen. Dabei ist es notwendig zu erwähnen, daß sich die Fracht schon bald von zehn auf fünfzehn Tonnen erhöhte, da über siebzig Personen auf der Bahn mitfuhren, die dorthin geeilt waren (wie Hunderte von anderen auch) und, von unbändiger Neugier gepackt, aufspringen wollten (...). Die Maschine absolvierte die Reise, ohne daß der Kessel mit Wasser nachgefüllt werden mußte, und erreichte mit Leichtigkeit eine durchschnittliche Geschwindigkeit von acht Stundenkilometern."
Die Lokomotive war jedoch zu schwer für die alten Gleise und hatte für eine Reihe von Rissen und Brüchen in den Schienen gesorgt. Wenn das Experiment auch kein ganz großer Erfolg war, so hatte es doch bewiesen, daß glatte Räder auf glatten Schienen eine extrem hohe Nutzlast befördern konnten.
In den folgenden Jahren wurden einige bizarre Prototypen mit unterschiedlichem Erfolg getestet. Die erste erfolgreiche Lokomotive erschien 1811 und stammte von John Blenkinsop und Matthew Murray aus der Zeche von Middelton bei Leeds. Sie konstruierten eine Grubenlok (Abb. 8) mit zwei Zylindern, deren Kraft über eine zwischen den Schienen angeordnete Zahnstange und ein darauf laufendes Zahnrad übertragen wurde. Dieses Prinzip half später den Bergbahnen starke Steigungen zu überwinden.
1813 vollendeten William Hedley und Timothy Hackworth ihre Lokomotive Buffing Billy. Auch diese Maschine (Abb. 9) hatte zwei Zylinder, die über zwei Schubstangen und um eine Vierteldrehung versetzten Kurbeln die Antriebsräder in Bewegung setzten. Bald zeigte sich auch hier, daß die Schienen der Belastung nicht standhielten, und Hedley setzte seinen Lokomotive kurzerhand auf acht statt ursprünglich auf vier Räder und verteilte somit das Gewicht der Lok auf eine größere Schienenfläche. Als es später schmiedeeiserne Schienen gab, wurden die beiden zusätzlichen Laufachsen wieder entfernt.
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