Die Schwingung des chaotischen Drehpendels hat (neben den Konstanten) genau drei Variablen, die den aktuellen Zustand des Pendels eindeutig beschreiben. Diese Variablen sind die Auslenkung des Pendels j, dessen Geschwindigkeit w und der Zustand des Oszillators, dem t modulo T(4) entspricht, da die Anregung des Oszillators periodisch ist (d.h. sich alle T Zeiteinheiten wiederholt). Sind alle Variablen exakt gegeben (in der Realität aber niemals möglich), so kann die weitere Laufbahn des Pendels berechnet werden.
Die drei Variablen geben einen Raum, den sogenannten Phasenraum. In ihn kann die gesamte Bahn des Pendels eingezeichnet werden, indem für jede Phase des Pendels (bestimmt durch t modulo T, j und w) ein Punkt eingezeichnet wird. Der Raum wird des weiteren so gekrümmt, daß die Ebenen für t = nT (n element N0+) übereinanderliegen. Die Linien können sich nicht schneiden, da es sonst zu einem Punkt zwei Möglichkeiten geben würde, wie es vom Schnittpunkt aus weitergehen könnte, was aber unmöglich ist, da ein Punkt den Zustand des Pendels eineindeutig festlegen muß.
Die Bahn kann jedoch geschlossen sein. Das bedeutet dann, daß die Schwingung des Pendels periodisch ist (sich wiederholt). In diesem Fall handelt es sich um einen Bifurkationszustand und nicht um \"echtes\" Chaos. \"Ein charakteristisches Merkmal im Fall einer chaotischen Bewegung ist, daß Kurven, die durch zwei benachbarte Punkte im Phasenraum gehen, nicht beieinander bleiben, sondern sich exponentiell voneinander entfernen.\"(5)
Da ein dreidimensionaler Raum schwer darzustellen und zu überblicken ist, reduziert man die Daten durch den Poincaré-Schnitt. Es wird hierbei eine günstig gelegte Ebene durch den Phasenraum gelegt und dann nur die Stoßpunkte durch die Ebene anstatt der gesamten Laufbahn des Pendels registriert. Eine günstige Schnittebene wird beispielsweise durch die Festlegung des Oszillators auf t modulo T = 0 erreicht.
Eine kontinuierliche Bahn wird also durch den Poincaré-Schnitt auf eine Folge von Punkten reduziert, die man ihren Orbit nennt(6). Eine periodische Bahn hat eine begrenzte Anzahl von Schnittpunkten, die gleich der Zahl der Schwingungen des Pendels ist. Eine quasiperiodische Bahn (sie kommt nicht zum Ausgangspunkt zurück, sondern ist geringfügig versetzt), eine Bahn also, bei der sich alle Schwingungen ähneln, aber nicht gleich sind, \"produziert im Poincaré-Schnitt [eine] gepunktete Linie, die das Zentrum des Bildes umschließt. (...) Während periodische Bahnen im Poincaré-Schnitt als ein Muster aus isoliert liegenden Punkten erscheinen, bilden quasiperiodische Orbits Linienstrukturen. Chaotische Orbits hingegen füllen ganze Bereiche der Schnittebene aus (...). Bilder von der Art (...) zeigen auf einen Blick, wo ein System sich einfach, das heißt langfristig prognostizierbar, und wo es sich chaotisch, das heißt auf lange Sicht unvorhersagbar, verhält.\"(7)
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