Die Kohlechemie ist das Teilgebiet der Chemie, das sich mit der chemischen Struktur von Kohlen oder mit der chemischen Umwandlung von Kohlen und der Weiterverarbeitung der dabei entstehenden Produkte (z.B. Teer, Rohbenzol) beschäftigt. Als erster Bestandteil des Steinkohlenteers wurde 1819 Naphthalin von dem britischen Chemiker Alexander Garden (gest. 1829) entdeckt. Mit der systematischen Isolierung aromatischer Verbindungen (z.
B. Anilin) aus Steinkohlenteer beschäftigte sich in der Mitte des 19. Jh. A. W. Hofmann.
W. H. Perkin stellte 1856 den ersten synthetischen Farbstoff (Mauvein) aus Kohleanilin her. Nach 1910 entwickelte sich in Deutschland die Acetylenchemie auf Kohlebasis (Herstellung von Acetaldehyd 1916 bis 18, von Butadien ab 1925, Reppe - Synthese ab 1928). Durch Kohlevergasung läßt sich Synthesegas erzeugen, das zu Ammoniak, Methanol, Oxoprodukten und Kohlenwasserstoffen (Fischer - Tropsch - Synthese) umgesetzt werden kann. Die Gewinnung chemischer Produkte aus Kohle ist auch über die Kohlehydrierung möglich (siehe im Folgenden).
Mit dem Aufstieg der Petrochemie nach dem zweiten Weltkrieg verlor die Kohlechemie an Bedeutung. Der Rohstoff Kohle hat gegenüber dem Rohstoff Erdöl den Nachteil, daß die Verfahren zur Herstellung chemischer Produkte im allgemeinen komplizierter und umweltbelastender sind und mit geringeren Ausbeuten ablaufen. Bedeutung hat die Kohlechemie heute vor allem für die Herstellung von wasserstoffarmen Grundchemikalien aus Kokereibenzol und Steinkohlenteer. Etwa 15% des Benzols, 90% des Naphthalins, 25% des Rußes und nahezu die gesamte Produktion an Anthracen, Chinolin, und Elektrodenpech werden aus Kohle hergestellt. Seit 1973 werden Verfahren der Kohlechemie neu - und weiterentwickelt, die Wirtschaftlichkeit ist bei ihnen aber derzeit in den meisten Fällen nicht gegeben. |