Sie wird ehrfurchtsvoll und bewundernd \"Madame Curie\" genannt - auch heute noch. Denn sie hat die Geschichte der Physik und Chemie, aber auch der angewandten Naturwissenschaften und die Medizin beeinflusst wie wohl keine andere Frau vor oder nach ihr. Und sie war vielen Menschen allgegenwärtig durch die Einheit der Radioaktivität, die lange Jahre ihren Namen trug (\"Curie\"-Einheit), und durch die \"Curie-Therapie\", wenngleich diese Art der Strahlentherapie mit Radium heute nur noch selten erfolgt. Kaum zu zählen ist die Zahl der Bücher, die ihre Entdeckung und Biographie beschreiben und die Filme, die ihr Leben mehr oder weniger authentisch darstellen.
Marie Curie wurde am 7.11.1867 unter dem Namen Marya Salomee Sklodowska als Kind eines Lehrerehepaares in Warschau geboren. Mit ihren vier Geschwistern verlebte sie eine glückliche Kindheit, bis zwei von ihnen, Bronislawa und Sofia an Typhus erkrankten. Sofia erlag dieser Krankheit. Ein weiterer schwerer Schlag in Maries Jugend war der plötzliche Tod ihrer geliebten Mutter. Nach langen Schmerzen, verursacht durch Tuberkulose, welche sie vor ihren Kindern geheim zu halten versuchte, starb sie schließlich im Mai 1878.
Für die Familie Sklodowska brach eine schwere Zeit an, obwohl der Vater versuchte die Mutter so gut er konnte zu ersetzen. Zu Hause herrschte bald kein richtiges Familienleben mehr, denn der Vater, hoch verschuldet, durch die teuren Erholungsurlaube der Mutter, verdiente sich noch etwas Geld durch die Aufnahme von Pensionären dazu.
In Maries Heimatland Polen, von Russland besetzt, versuchten die Einheimischen ihre Kultur und Sprache gegen den Willen der Besatzer aufrecht zu erhalten. Aber die Schüler wurden weiterhin im Geheimen in diesen Fächern unterrichtet. Auch Marie kämpfte für ihr Vaterland, auf das sie sehr stolz war und das sie sehr liebte. Aber nicht nur die ungeheuere Verbundenheit zu ihrem Vaterland zeichnete Marie Curie aus, auch ihre überragendende Intelligenz und ihr Interesse an den Naturwissenschaften.
In ihrer Kindheit übersprang sie zwei Klassen und war trotzdem überall die Beste. Sie liebte die Schule, in der sie den russischen Lehrern oft Streiche spielte.
Nach dem Abitur (12.06.1883) ging sie ein Jahr lang in Erholungsurlaub aufs Land zu Verwandten. Danach brach eine dunkle Zeit für die junge Marie an. Gegen Ende des Jahres 1885 wurde sie Gouvernante, mit der Hoffnung nur intelligente und lernbereite Kinder, wie sie selbst eins war, zu unterrichten. Marie wurde aber sehr in dieser Hoffnung enttäuscht und musste feststellen, dass sie noch ziemlich naiv war.
Ihr Beruf verlangte viel von ihr ab, trotzdem kämpfte sie weiter und verdiente ihr Geld. Die Hälfte dieses Geldes schickte sie ihrer Schwester Bronia, um ihr ein Medizinstudium zu ermöglichen. Sie wollte nicht, dass ihren Geschwistern das gleiche Schicksal
widerfuhr wie ihr selbst.
Ihre Freizeit nutzte sie, um ihrem grausamen Alltag zu entrinnen und ihren ungeheuer großen Wissensdurst zu stillen. Durch Lesen versuchte die junge Frau ihr Wissen zu erweitern und entdeckte somit ihre Vorliebe für Mathematik und Physik.
Marie lebte sehr zurückgezogen, arm, und verlor schon fast die Hoffnung auf ein besseres Leben als sich plötzlich alles änderte, der Vater nahm eine neue Arbeitsstelle an, die ihm eine bessere Verdienstmöglichkeit bot, als sein alter Beruf. Er unterstützte Bronia von diesem Zeitpunkt an und Marie stand plötzlich mehr Geld zur Verfügung.
Als Bronia dann endlich ihr Medizinstudium abschloss, lud sie die Schwester zu sich nach Paris ein. Erst ein Jahr später war Marie bereit, ihr Leben als Gouvernante hinter sich zu lassen und nach Paris zu fahren. Ihr Glück begann, als sie am 3.11.1891 das Studium der Physik an der Sorbonne antrat. Marya nennt sich fortan Marie.
Sie zeigte eine außergewöhnliche Begabung und Begeisterung an der Sache. In der folgenden Zeit war sie so sehr davon besessen, Wissen zu erlangen, dass sie körperliche Nöte gar nicht mehr wahrnahm. So isolierte sie sich mehr und mehr und versank in ihrer Welt des Wissens.
Ein weiterer Punkt, den Marie Curie auszeichnete, war der, dass sie all ihre Ziele erreichte. Obwohl sie immer Angst vor Prüfungen hatte, bestand sie meist als Beste. Nach Abschluss des Physikstudiums im Sommer 1893 ermöglichte ihr die Alexandrowitsch-Stiftung ein Studium in Mathematik. Bald darauf lernte sie den Physiker Pierre Curie, zu dem sie eine tiefe Freundschaft entwickelte kennen. Beide Wissenschaftler ähnelten sich in vielen Punkten. Den ersten Heiratsantrag von Pierre Curie lehnte Marie jedoch ab und reiste nach Abschluss ihres Mathematikstudiums (1894) zurück nach Polen.
Sie war sich noch nicht sicher, ob sie überhaupt nach Frankreich zurückkehren sollte oder ob sie einfach eine Lehrerin in ihrem Heimatland werden sollte. Auf Drängen von Pierre Curie kehrte sie nach Frankreich zurück und die beiden heirateten schließlich am 26.07.1895 auf dem Standesamt in Sceaux.
Curie ist überzeugt, daß die von Becquerel im gleichen Jahr entdeckte Strahlung des Elements Uranium sich auch bei anderen Elementen nachweisen läßt.
Gemeinsam mit ihrem Mann beschäftigt sich Curie mit dem Mineral Pechblende. Sie isoliert zwei bisher unbekannte Elemente, Radium und Polonium, deren Strahlung sie \"radioaktiv\" nennen wird. Marie Curie tauft das Element Polonium nach ihrer Heimat.
Zwei Jahre später kam ihre Tochter Irene zur Welt. In dieser Zeit entdeckten Pierre und Marie das Radium, welches sie aus der Pechblende gewonnen hatten. Die Forschungen der Beiden machten große Fortschritte bis im Mai 1902 Maries Vater starb. Trotz dieses schweren Schlages und den Verlust einer weiteren geliebten Person, gab sie nicht auf und forschte weiter. Das nächste schreckliche Ereignis in Maries Leben war der Tod ihres zu früh geborenen Kindes. Im Jahre 1903 erhielten Marie Curie zusammen mit ihrem Mann, mit dem sie gemeinsam die entscheidenden Arbeiten über das Radium durchführte hatte, sowie mit Henri Becquerel, dessen Entdeckung der Radioaktivität wegweisend war, den Nobelpreis für Physik. Bei ihren Untersuchungen war das Ehepaar Curie auch auf die medizinische Anwendbarkeit des Radiums aufmerksam geworden und hatten beobachtet, dass damit schwerwiegende biologische Effekte verbunden sein können
Im November 1904 erhielt Pierre Curie einen Lehrstuhl für Physik an der Sorbonne und gegen Ende des Jahres, im Dezember kam ihre
Tochter Eve zur Welt.
Das schrecklichste Ereignis in Maries Leben war wohl der frühe und unerwartete Tod ihres Mannes Pierre am 19.04.1906. Beim Überqueren einer Straße wurde Pierre Curie von einem Wagen erfasst, zu Boden geschleudert und überrollt.
Doch auch dies hinderte die begabte Frau nicht daran ihre und Pierres Forschungen weiterzuführen. Als Nachfolgerin ihres Mannes hält sie Vorlesungen an der Sorbonne - sie ist die erste Professorin an einer französischen Universität. 1911 erhält sie den zweiten Nobelpreis für ihre Arbeiten über radioaktive Elemente, diesmal im Bereich Chemie. Damit ist Marie Curie die erste und einzige, zweifache, weibliche Trägerin des Nobelpreises. Nach langem Hin und Her entschließt sich die Regierung den Bau eines Radium-Institutes zu finanzieren. Doch bevor Madame Curie in ihrem eigenen Institut arbeiten kann, beginnt 1914 der Erste Weltkrieg. Sofort spendet Marie Curie ihr Preisgeld der französischen Regierung. Außerdem entwickelt sie eine mobile Röntgenstation, die es Ärzten erleichtert verwundetet Soldaten zu behandeln. Marie Curie steuert selbst einen dieser Röntgenwagen und ist ständig an der Front unterwegs. Diese Einrichtungen retten mehr als eine Millionen Menschenleben. 1918 nach Ende des Krieges, nimmt sie mit aller Energie ihre wissenschaftliche Arbeit wieder auf. Neun Jahre lang forscht sie zusammen mit ihrer Tochter Irene - auch sie ist mittlerweile eine berühmte Physikerin - am Radium-Institut in Paris, sammelt Spenden für wissenschaftliche Projekte und hält Vorlesungen. Doch Marie Curie geht es immer schlechter. Sie hat schwere Seh- und Hörstörungen, und bis zu ihrem Tod lässt sie noch vier Augenoperationen über sich ergehen. Am 4. Juli 1934 stirbt Marie Curie an Blutarmut während eines Sanatoriumaufenthalt in der Schweiz - eine Folge der Radiumstrahlung, der ihr Körper jahrelang ausgesetzt war. Sie, die ihren Studenten immer gesagt hatte: \"Seien sie nicht unvorsichtig, vermeiden sie den Kontakt mit dem Radium.\"
Die Entdeckungen der Curies haben der Wissenschaft neue Möglichkeiten eröffnet. Sie führten zur Atomforschung - und der Atombombe. Pierre Curie sagte schon 1905:
" Ich denke, dass das Radium der Wissenschaft helfen und der Menschheit dienen wird. Doch in kriminellen Händen kann es sehr gefährlich werden. Man sollte sich fragen, ob es unbedingt notwendig ist, dass die Menschheit die Geheimnisse der Natur kennt, ob sie reif genug ist, um davon zu profitieren, oder ob dieses Wissen nicht schädlich für sie ist."
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