Im Mittelalter entwickelte sich die alte Handelsmetropole Venedig nach und nach zum Mittelpunkt abendländischer Glasmacherkunst. Zeitweilig sollen bis zu 8000 Menschen in den venezianischen Glashütten beschäftigt gewesen sein. Vom 15. bis 17. Jh. erreichte die Glasmacherkunst dort ihren Höhepunkt, und zwar sowohl in der Glasherstellung im Hüttenbetrieb als auch bei der Veredelung.
Die Glaskünstler Venedigs nahmen manche Anregung aus dem islamischen Kulturkreis in ihre Arbeiten auf. Syrische Emailmalerei entwickelten sie weiter. Der Gipfel venezianischer Glasmacherkunst war die Schaffung reinsten Kristallglases, das sich durch den unnachahmlichen Glanz und absolute Farblosigkeit auszeichnete. Reiner Quarzsand und aus Meerespflanzen gewonnene Pottasche waren die Voraussetzung dafür. Charakteristisch für den Höhepunkt venezianischer Glasfertigung sind Pokale mit Hohlstielen und Fußschalen mit Reliefs des Markuslöwenkopfes.
Im 17. Jh. zeigten bizarre Flügelgläser und Durchbrucharbeiten bereits den Verfall der Glasmacherkunst in der Renaissance an: Die Schliffe und Verzierungen sind zwar Ausdruck einer Technik in höchster Vollendung, wirken aber übertrieben. Glasmacher in Nordeuropa, vor allem in den Niederlanden und Deutschland, nahmen die Tradition Venedigs auf und leiteten zu gemäßigter Formgebung über.
Eifersüchtig wachte Venedig über die Geheimhaltung der Glasrezepte, vor allen Dingen für das geschätzte Kristallglas. Zeitweilig waren die auf Murano angesiedelten Glasmacher bei Weitergabe der Herstellungsverfahren mit dem Tode bedroht. Das Ansehen der Meister war hoch. Nicht selten erlebten sie die Erhebung in den Adelsstand.
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