Reines MDMA ist eine weiße kristalline Masse und sieht normalerweise wie weißes Pulver aus. Die Substanz, die sehr lange haltbar ist, zersetzt sich weder an der Luft noch im Licht. Charakteristisch ist ein prägnanter starker und bitterer Geschmack.
MDMA ist die Abkürzung für die chemische Formel 3,4-Methylendioxy-N-Methylamphetamin. Es gehört zur Gruppe der Phenetylamine, wozu auch Amphetamine und diverse Halluzinogene (z.B. Meskalin) gehören. Zu dieser Gruppe gehören noch weitere psychoaktive Substanzen wie DOM , 2CB, DOB, und die dem MDMA nahestehenden Substanzen MDA, MDEA, MDOH und MDBD.
Das synthetische MDMA kann man von seiner chemischen Struktur her mit dem in der Natur vorkommenden Safrol vergleichen. Safrol kommt u.a. in der Muskatnuß und in dem Lorbeergewächs Sassafras vor ( vgl. Schroers, A., 1996, S.11).
Es ist sehr schwierig, Ecstasy einer bestimmten Gruppe der psychoaktiven Substanzen zuzuordnen. Mal wird es als Amphetamin-Derivat den Stimulantien zugerechnet, an anderen Stellen dann wieder den Halluzinogenen. Die Zuordnung zu den Amphetaminen liegt aufgrund des energetisierenden Effekts in der Wirkung nahe, allerdings läßt sich diese amphetaminartige Wirkung auf die durch die Droge verursachte erhöhte Dopamin-Ausschüttung zurückführen. MDMA ist aber kein Amphetamin. Auch die halluzinogenen Effekte, von denen des häufigeren berichtet wird, lassen sich durch verschiedene Gründe erklären. Vielleicht wurde statt MDMA MDA 2CB oder DOB konsumiert, alle drei sind Stoffe, welche durchaus halluzinogene Wirkungen hervorrufen, die für MDMA typischen Effekte gehen aber eher in die Richtung des Wärme- und Wohlsein-Gefühls, Kontakt- und Kommunikationsfähigkeit werden verstärkt. Die Schwierigkeit der Einordnung führte zur Einrichtung einer neuen Gruppe, die 1986 mit dem Überbegriff "Entaktogene\" versehen wurde.
\"Das spezielle Wirkspektrum führte zur Kreierung einer neuen Stoffklasse, den sogenannten Entaktogenen, denen u.a. auch MDA und MDE zugeordnet werden.\"
(Wirth, N., 1996, S.11)
Der Begriff "Entaktogen\" kann frei aus dem Griechischem ("en\"= innen und "gen\"= verursachen) und dem Lateinisch ( "tactus\" = berührt) als "im Innern ein Gefühl erzeugend\" oder auch "die innere Berührung hervorbringen\" übersetzt werden. In der Definition der Entaktogene wird die therapeutische Bedeutung hervorgehoben, wohingegen Fromberg mehr Gewichtung auf den kommunikativen Aspekt der Droge legt. Welche Interpretation
treffender ist, hängt wohl am ehesten mit dem Kontext der Drogeneinnahme zusammen (vgl. Schroers, A., 1996, S.15).
An vielen Stellen wird Ecstasy fälschlicherweise als Designerdroge bezeichnet. Designerdrogen sind aber neue synthetisch hergestellte Substanzen, die einer schon bekannten, aber bereits dem BtMG unterstehenden Droge in Wirkungsweise und meist auch chemischer Zusammensetzung sehr nahestehen. Somit soll das BtMG umgangen werden, weil jeder neue Stoff dort erstmal aufgenomen werden muß, was immer eine gewisse Zeitspanne in Anspruch nimmt, während der der neue Stoff noch nicht illegal ist, so daß Herstellung bzw.Handel nicht unter Strafe gestellt werden können. MDMA hingegen wurde, wie bereits gesagt, 1912 zum ersten mai synthetisiert und ist somit keine Designerdroge.
2.1 Ecstasy und seine Wirkung
Bezüglich der Wirkung und Folgen des Ecstasy-Konsums gibt es sehr wenig einheitliche Erkenntnisse, da die Wirkung auf Körper und Psyche von sehr, sehr vielen inneren und äußeren Faktoren abhängig ist. Dementsprechend werden heftige "Glaubenskämpfe\" insbesondere über mögliche negative Folgen des Langzeitkonsums geführt. Diese Auseinandersetzungen erschweren eine sachliche Diskussion und Informationsvermittlung über Stoff und Wirkung. Im folgenden werden deshalb ausschließlich Wirkungen beschrieben, die in der Literatur mit Ecstasy in Verbindung gebracht werden oder Erfahrungen, von denen User in der Literatur berichten.
Bericht eines Ecstasy-Konsumenten:
"Ein Blick auf die Uhr, um den Wirkungseintritt besser einschätzen zu können, dann einen exponierten Platz suchen, um in dieser Karenzzeit die Leute besser zu beobachten.
45 Minuten später: Ich beginne zu spüren, daß ich nicht gelinkt wurde, daß meine Tablette kein Aspirin war. Ein leichtes Wärmegefühl um die Magengegend wird langsam zu einem den Körper umfließenden wohligen Gefühl, das in einer steigenden Vorfreude mündet. Das Treiben, den Lärm um mich herum nehme ich wie durch Watte war. Die Menschen, die mir gerade noch völlig egal waren, beginne ich sympathisch zu finden, sie sogar zu mögen. Der Alltag ist weit hinter mir, etwas Weltbewegendes geht hier vor. Alles ist gut! Alles gefällt mir! Ein Jubel breitet sich in mir aus, ich will ihn hinausschreien, also schreie ich. Die es mitkriegen, lächeln mir zwinkernd zu, wünschen mir eine gute Reise.
Zwei Stunden später :Der Zenith ist überschritten, ich schlüpfe wieder in meine Hülle zurück, widerstrebend, aber unvermeindlich erlischt der Sternenglanz des Glücks...\"
(Stadtzeitung PRINZ, S.30, September 1994)
Die Wirkung von Ecstasy ist sehr einfach zu fühlen, aber sehr schwer zu beschreiben, da sie zwei gegensätzliche Eigenschaften, nämlich Anregung und Entspannung, miteinander verbindet. Die psychotrope Wirkung von MDMA setzt in der Regel 20-60 Minuten nach der Einnahme ein. Es werden gewöhnlich 75-150 mg Reinsubstanz benötigt. Das Wirkungsmaximum wird in der folgenden Stunde erreicht, und nach weiteren zwei Stunden klingen die psychotropen Effekte langsam wieder ab. Die Nebenwirkungen (sympathomimetische Stimulation) halten normalerweise noch ein paar Stunden an. Über die psychische Wirkung sind mittlerweile viele Details bekanntgeworden; sie gilt als multifaktorielles Zusammenspiel aus Drogeneigenschaft, Dosierung, Set (innere Disposition des Konsumenten) und Setting (äußerliche Umgebungsfaktoren). Bei angemessener Dosierung (s.o.) werden folgende Effekte berichtet:
- Entspannung
- milde Euphorie und Ekstase
- Glück und Wärme
- Gefühle der Liebe und Zuneigung
- unerschöpfliche Energie und Antriebssteigerung
- Offenheit, Mitgefühl und Akkzeptanz anderer
- intensiveres Erleben
- Abbau von Hemmungen bei erhalten bleibender geistiger Klarheit
- seelische Ausgeglichenheit
Insgesamt stellt die Wirkung einen persönlichkeitsbezogenen Rausch dar, in dem Gefühle, Gedanken und Sinnesreize angeregt werden und es leichter fällt, sich in andere Personen hineinzufühlen und mit ihnen offene und unverkrampfte Gespräche zu führen.
"Die Unterscheidungsfähigkeit zwischen der eigenen Person und der Umwelt, zwischen Selbst und Nichtselbst, ist herabgesetzt.\"
(Thomasius, R. in Rabes, M. / Harm, W., 1996, S.48).
Einige User berichten von einer mystisch-ekstatischen Verschmelzung zwischen ihnen und der Umwelt, dabei sind diese Veränderungen im persönlichen Erleben verbunden mit einer Steigerung des Selbstbewußtseins und des Selbstwertgefühls. Des weiteren wird von einer verbesserten Introspektionsfähigkeit berichtet, d.h. von einem besseren Zugang zu den eigenen Gefühlen, Stimmungen und Konflikten. Reine Amphetamine bringen zwar im Vergleich zu MDMA eine stärkere Aktivierung und Leistungssteigerung, indes sind die Auswirkungen auf das interpersonale Erleben und auf die Introspektion im Vergleich eher unbedeutend.
Im Gegensatz zur Wirkung von LSD fehlen die halluzinatorischen Effekte beim Ecstasy-Rausch fast gänzlich. In der Regel bleibt die Selbstkontrolle erhalten. Üblich sind hingegen leichtere Wahrnehmungsveränderungen, wie verschwommenes Blickfeld, Unfähigkeit zur Fokussierung sehr naher Gegenstände, Nachbilder und eine veränderte Art und Weise Geräusche wahrzunehmen. Bei Hochdosierung von 200 mg und mehr tritt keine Steigerung des Rausches mehr auf, während die Wahrscheinlichkeit von Kreislaufproblemen, Krämpfen und notorischer Unruhe und Desorientierung steigt (siehe Nebenwirkungen).
Die verschiedenen Wirkungen der Droge können auf eine körperliche und eine geistige Hauptwirkung zusammengefaßt werden: Einerseits werden Muskelspannungen gelockert und andererseits Ängste abgebaut
\"Leute auf Ecstasy haben das Gefühl, sich frei bewegen und ausdrücken zu können. Die Droge erzeugt einen Geschmack von einem Leben ohne Zwänge, die wir als Teil unseres Lebens akzeptiert haben. GebraucherInnen vergleichen die Wirkung oft mit Erinnerungen aus der frühen Kindheit, als sie den Menschen in die Augen schauten, im Augenblick lebten und noch keine Hemmungen hatten.\"
(Saunders, N., 1994, S.27)
2.1.1 Drug - Set - Setting
Bei jeder Drogeneinnahme werden die sich einstellenden Effekte nicht nur von der Substanz an sich, sondern von einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren beeinflußt. Hierzu gehören u.a. die subjektive Einstellung des Konsumenten zur Droge sowie das Umfeld, in dem der Konsum stattfindet.Norman Zinberg bezeichnet dieses Beziehungsgefüge als die Triade "drug, set and setting\". Die Ecstasy-Wirkungsfaktoren sollen im Folgenden erläutert werden.
Dosierung (drug)
Die Dosierung einer Droge stellt den grundliegenden Auslöser für die Drogenwirkung dar. Sie beeinflußt die Wahrnehmung und die Emotionen während des Rausches. Substanzqualität und -quantität einer Ecstasy-Pille haben einen entscheidenden Einfluß auf den Konsumenten. Auch wenn es den Konsumenten aufgrund fehlender Möglichkeiten einer Analyse nicht möglich ist, genauers über die Qualität oder Zusammensetzung der verwendeten Pille zu erfahren, bleibt die Gewichtigkeit der Dosis als Determinante der Drogenwirkung unverändert hoch (vgl. Schroers, A., 1996, S.33). Die in Ecstasy-Pillen enthaltene MDMA-Reinsubstanz liegt in der Regel um 100mg. Ausgehend von einem durchschnittlichen Körpergewicht von 70kg entspricht dies einer Dosierung von 1,4mg MDMA pro kg Körpergewicht. Je niedriger das Gewicht ist, desto weniger Substanz wird gebraucht, um eine Wirkung zu spüren.
Einstellung (set)
Unter "set\" versteht man den persönlichen Zustand des Konsumenten. Die Erwartung, die Einstellung und die Vorbereitung nehmen genauso Einfluß auf das Rauscherlebnis wie der allgemeine seelische Zustand des Konsumenten. Wird zum Bespiel eine Person von ihren Freunden dazu überredet, auch etwas "einzuwerfen\", obwohl sie an diesem Abend gar nicht die rechte Lust dazu hat, sind schonmal schlechte Voraussetzungen für eine guten "Trip\" geschaffen.
Aber auch die Charaktereigenschaften einer Person beeinflußen die Effekte eines Rausches. Bestimmte Eigenschaften oder Eigenarten werden unter dem Einfluß einer Droge nicht "weggewischt\", sondern werden sich auch dann zeigen.
Umfeld (setting)
Unter "setting\" versteht man die eigentliche Umgebung des Konsumenten. Hiermit ist zum Beispiel die Gruppe, mit der der Konsument unterwegs ist, sowie die räumliche Umgebung selber gemeint. Verbringt der Konsument die Zeit des Rausches mit Personen, die er gut kennt, oder sind es Leute, zu denen er wenig Vertrauen hat? Ist die Umgebung eine angenehme, oder empfindet er z.B. den Club als zu eng oder zu laut? Über diese Einflußfaktoren sollte sich der Konsument vor der Einnahme von Ecstasy im Speziellen und jeder Droge im Allgemeinen klar sein, damit er nicht plötzlich mit u.U. größeren Problemen konfrontiert wird.
2.1.2 Kurzfristige Neben - und Nachwirkungen
Im Gegensatz zur akuten Wirkung von Ecstasy sind die normalerweise auftretenden Nebenwirkungen bei weitem nicht so prägnant, die meisten UserInnen finden nicht, daß die Erfahrung davon sonderlich beeinträchtigt wird.
Fast immer auftretende Nebenwirkungen sind ein trockener Mund sowie Appetitverlust. Sehr oft wird von verschiedenen Muskelreaktionen berichtet. Dazu gehören ein verkrampfter Kiefer, Augenzittern, Muskelzuckungen, Übelkeit und Krämpfe. In der Regel gehen diese ca. eine Stunde nach der Einnahme vorüber, sind allerdings bei häufigem Gebrauch und höherer Dosierung ausgeprägter. Eine Langzeitnebenwirkung ist Gewichtsverlust. Dies ist auf die Abnahme des Hungergefühls und die körperliche Bewegung während eines Raves oder einer Party zurückzuführen und ist für manche Leute sicherlich kein unangenehmer Effekt. (vgl. Saunders, N., 1994, S.33).
Die meisten Leute sind nach der Einnahme von Ecstasy sehr erschöpft. In Anbetracht der Umstände, in denen es konsumiert wird, ist dies nicht weiter erstaunlich. In einer "durchgetanzten\" Nacht, in einer Disco mit wahrscheinlich wenig Frischluftzufuhr, entstehen für den Körper Belastungen, die er in dieser Form nicht gewohnt ist. Auch die Psyche ist in einer solchen Nacht aktiver als sonst. Der fehlende Schlaf kommt noch dazu. Dieser "Kater\" kann allerdings abgeschwächt werden, indem man den Konsum anderer Drogen wie Alkohol oder Amphetamine vermeidet und nach der Party genug schläft. Auch Vitamine sollen helfen, genauso wie der Verzehr von Nahrungsmitteln wie Obst usw..
Andere häufige Nachwirkungen sind erschöpfte oder steife Gliedmaßen vom Tanzen (Muskelkater). Manchmal kann es zu Depressionen,Schlafstörungen oder Paranoia kommen, eher vorkommend bei häugigem Gebrauch (siehe psychologische Folgen und Komplikationen).
2.1.3 Wirkungsweise im Körper
Im folgenden Kapitel beziehe ich, soweit nicht anders angegeben, auf den Vortrag von Dr. Kuhlmann, gehalten auf der Fachtagung Ecstasy, am 17.02.1997.
Oral eingenommenes MDMA wird im Magen verdaut. Ein relativ kleiner Teil erreicht über den Blutkreislauf das Gehirn und zwei Drittel werden über die Nieren wieder ausgeschieden (vgl. Saunders, N., 1994, S.34). Um die Wirkungsweise von MDMA zu erklären, wird im folgenden erstmal die normale, das heißt von Drogen unbeeinflußte Reizübertragung bzw.-verarbeitung im menschlichen Gehirn erläutert.
Die Funktionen des menschlichen Gehirns basieren auf dem Zusammenspiel von ungefähr 100 Milliarden Nervenzellen, welche Neurone genannt werden. Diese Neuronen besitzen besondere Fortsätze, sog. Dendrite, über die das Verarbeiten und Weiterleiten von Informationen abläuft. Eine für die Wirkungsweise von MDMA besondere Rolle spielen dabei die Kontaktstellen zwischen den Nervenzellen, die sog. Synapsen. Jede einzelne der Nervenzellen verfügt nämlich über ca.100.000 Eingangskontakte und 10.000 Ausgangssynapsen, so daß sich sich ein unglaublich feingeädertes Nervengeflecht bildet. Wenn ein elektrisches Signal über ein Axon (Nervenzellen-Fortsatz) zu dem synaptischen Spalt kommt, wird eine Ausschüttung spezieller chemischer Botenstoffe (Neurotransmitter) bewirkt. Diese Botenstoffe befinden sich vor dem Eintreffen des Reizes in den sich vor dem synaptischen Spalt befindenden synaptischen Bläschen, die Vesikel genannt werden. Nun öffnen sich die Bläschen und die Neurotransmitter überqueren den Spalt zwischen den beiden Nervenzellen. Dort binden sie sich nach dem "Schlüssel-Schloß-Prinzip\" an spezifische Rezeptoren auf der postsynaptischen Seite und bewirken dort eine Weiterleitung des elektrischen Impulses. Die Botenstoffe werden anschließend entweder von speziellen Enzymen wieder abgebaut, oder vom Neuron, das sie ausgeschüttet hat, wieder aufgenommen, um für die nächste Reizübertragung bereit zu sein.
Im menschlichen Nervensystem kommt eine große Anzahl von Neurotransmittern vor, z.B. Acetylcholin, Serotonin, Dopamin (vgl. Linder-Biologie, 1983, S.202). MDMA entfaltet seine Wirkung an einem bestimmten Botenstoff im Gehirn, dem Serotonin (oder 5-Hydroxytryptamin; 5-HT). Zwar ließ sich in Tierversuchen (Ratte) nachweisen, daß MDMA auch im dopaminergen System eine Wirkung hat (vermehrte Ausschüttung von Dopamin), allerdings ist die dopaminerge Komponente im Wirkungsspektrum wesentlich geringer als die serotonerge (vgl. Thomasius, R. in Rabes, M / Harm, W., 1997, S.46).
Das serotonerge System gilt als das ausgedehnteste Botenstoffsystem im Säugergehirn. Obwohl es nur eine vergleichsweise geringe Anzahl von serotonergen Nervenzellen gibt, führen deren Fortsätze in fast alle Regionen des Gehirns. Zu den Funktionen des Gehirns, an denen das serotonerge System beteiligt ist, gehören solch wichtige wie das Eßverhalten, die Wahrnehmung von Schmerz, hormonelle Funktionen, das Schlaf/Wachverhalten, die Temperatur-und Kreislaufregelung, Emotionen sowie die sexuelle Aktivität.
Im Stoffwechsel serotonerger Nervenzellen wirkt Ecstasy als indirekter Serotonin-Agonist. Es bewirkt eine vermehrte Freisetzung von Serotonin, wobei es gleichzeitig die Nervenzellen daran hindert, die Botenstoffe wieder aufzunehmen. Durch diesen Effekt wird die Erregungsübertragung verstärkt, was sich in der stimulierenden Wirkung von Ecstasy niederschlägt und oft als Steigerung der psychophysischen Leistungsfähigkeit empfunden wird. Allerdings verhält es sich so, daß dem Organismus diese vermeintliche Steigerung der Leistungsfähigkeit nur vorgespielt wird, da vegetative Funktionen wie Blutdruck und Körpertemperatur durch den Anstieg des Serotonin-Spiegels ebenfalls steigen. Nach der MDMA-bedingten starken Erhöhung der Serotonin-Freisetzung fällt die Serotonin-Konzentration im Gehirn langanhaltend ab.
2.1.4 Auswirkungen des Ecstasy-Konsums in physischer und psychischer Hinsicht
Auswirkungen in physischer Hinsicht
Tierversuche, sowohl an Affen als auch an Ratten, haben bewiesen, daß nach einer einmaligen Applikation von MDMA die Serotonin-Konzentration längerfristig vermindert ist, wobei diese Verminderung bei den Versuchstieren stark vom Alter abhängig ist.Je älter die Tiere waren, desto langfristiger war die Absenkung der Serotonin-Konzentration (vgl. Lohmann, Dr. H., 1997, S.5).
Einer der wichtigsten Effekte langfristiger Applikation von Ecstasy ist die Degeneration serotenerger Nervenfasern im Gehirn, die parallel zur bereits beschriebenen Verminderung der Serotonin-Konzentration beobachtet wird. Nach Lohmann bewirkt eine Verabreichung von Ecstasy bei allen bisher untersuchten Säugetierarten (Ratten, Katzen, Affen) nach zwei Wochen zu einer massiven Degeneration der dünnen Serotoninfasern. Allerdings ist das Ausmaß der Degeneration stark abhängig vom jeweils untersuchten Gehirnareal. Während es im sog. Hypothalamus und im Globus Pallidus zu einer Regeneration kommt, bleibt die Degeneration im cerebralen Cortex auch nach 12-18 Monaten bestehen. Relativiert werden diese auf den ersten Blick erschreckenden Ergebnisse meiner Meinung allerdings, wenn man sich die Versuchsanordnung genauer betrachtet. Das MDMA wurde subcutan (unter die Haut) injiziert, und zwar eine Dosis von 2 mal täglich 5mg/kg Körpergewicht über vier Tage. 5mg/kg Körpergewicht entspräche einer Dosis von ca.400mg bei einer 80kg schweren Person, und dies zweimal am Tag, also einer Dosierung, die jeglicher Vernunft oder "Safer-use\"-Regel widerspräche, wenn man, wie oben beschrieben von einer für einen E-Rausch benötigten Wirkstoffmenge von ca.100mg ausgeht. Dazu kommt noch die in der Praxis so gut wie nie vorkommende subcutane Applikation, so daß viel mehr Substanzmenge das Gehirn erreicht als es bei einer oralen Einnahme der Fall ist. Mir persönlich scheint diese Untersuchung ziemlich praxisfremd zu sein, auch wenn sich sicherlich die Tendenz zu Gehirnschädigungen ablesen läßt (vgl.auch Märtens, P. in Rabes, M. / Harm, W., 1997, S. 196).
Faßt man die Wirkung von Ecstasy im zentralen Nervensystem zusammen, läßt sich folgendes festhalten:
Ecstasy-Konsum führt zu einer starken Erhöhung der Serotoninfreisetzung, was Veränderungen im Verhalten, den vegetativen Funktionen und der kognitiven Leistungsfähigkeiten bewirkt. Unter ungünstigen Bedingungen können diese Wirkungen letal sein. Langfristige toxische Auswirkungen durch den Konsum gelten als gesichert (Verminderung der Serotonin-Konzentration, Degeneration serotonerger Fasern im Gehirn). Durch chronischen Gebrauch von Ecstasy kann es- aufgrund des Serotoninmangels- zu Verhaltenveränderung in Form von Depressionen und Angstzuständen kommen (s.u.).
"Qualitativ ist Ecstasy-Konsum mit einem großen Risiko verbunden, welches sich aber aufgrund mangelnder längerfristiger Untersuchungsergebnisse quantitativ nicht definitiv festmachen läßt.\"
(Lohmann, Dr. H., eigene Aufzeichnung der Fachtagung Ecstasy, 1997).
Auswirkungen in psychischer Hinsicht
In den letzten Jahren wurde in der wissenschaftlichen Literatur immer häufiger über UserInnen geschrieben, die im Zusammenhang mit Ecstasy psychiatrisch erkrankten. Auch gehen immer wieder Meldungen über solche Erkrankungen durch die Tagespresse:
"Dr.Ulricke Ullrich, Leiterin des sozialpsychiatrischen Dienstes beim Gesundheitsamt, registrierte allein in den ersten vier Wochen des neuen Jahres vier Fälle mit psychiotischen Krankheitsbildern, die eine Behandlung im Aplerbecker Landeskrankenhaus notwendig machten\"
(vgl. Ruhr-Nachrichten v. 21.02.97).
Die direkten Kausalzusammenhänge sind allerdings selten bis nie eindeutig gesichert, da in fast allen Fällen zusätzlich zu MDMA auch andere Drogen konsumiert wurden. Auf jeden Fall muß zwischen akut auftretenden psychiatrischen Komplikationen, die mit dem Nachlassen der Rauschwirkung wieder weggehen, und anhaltenden psychiatrischen Folgeerkrankungen unterschieden werden. Die am häufigsten erwähnten anhaltenden Folgeerkrankungen sind atypische und paranoide Psychosen. Zu den atypischen Psychosen gehören Störungen wie Affektverflachung und Kontakt - bzw. Denkstörungen, zu den paranoiden zählt man Verfolgungs - und Beziehungswahn. Diese Psychosen können entweder spontan ausheilen oder sie chronifizieren. Des weiteren wurden depressive Symptome, Panikstörungen, Depersonalisationssyndrome und unterschiedliche Verhaltensauffälligkeiten wie unangemessener Leichtsinn oder Selbstüberschätzung beobachtet.
Ein wesentlicher Faktor bei diesen Erkrankungen ist nach heutigem Kenntnisstand die jemals konsumierte Menge an Reinsubstanz, welche man als kumulative MDMA-Gesamtdosis bezeichnet. Außerdem weisen fast alle psychiatrisch erkrankten Personen zyklische Gebrauchsmuster auf, d.h. der Gebrauch von Ecstasy fand schon über einen längeren Zeitraum mit festen Intervallen, meist von Wochenende zu Wochenende, statt.
"Fast ausnahmslos hatten sie [ Personen, bei denen psychiatrische Komplikationen auftraten, d. Verf.] eine kumulative Gesamtdosis von 40-50 Tabletten (...) eingenommen. Berichte über Patienten, bei denen sich bereits nach erstmaliger Einnahme von MDMA psychiatrische Komplikationen herstellten, sind die Ausnahme.\"
(Thomasius, R. in Rabes, M. / Harm, W., 1997, S.52).
Eine psychiatrische Erkrankung wird außerdem noch von anderen Faktoren begünstigt. Zu nennen sind hier eine fortwährende Tendenz zur Überdosierung sowie eine schon vorher bestehende Vulnerabilität (Anfälligkeit) für psychische Störungen. Für die Theorie der Vulnerabilität spricht, daß sowohl in der Biographie als auch bei engen Familienangehörigen Hinweise auf psychiatrische Erkrankungen vorkamen (vgl. Thomasius, R. in Rabes, M. / Harm, W., 1997, S.52). Allerdings ist die Vulnerabilität keine notwendige Bedingung für eventuelle Komplikationen; es liegen Berichte über UserInnen vor, bei denen sich Komplikationen auch ohne dazu bestehende Neigung entwickelt haben.
Eine weitere offene Frage ist die nach der Bedeutung und Auswirkung von gleichzeitigem Beigebrauch anderer Rauschmittel. Während z.B. manche Wissenschaftler davon ausgehen, daß der Cannabiskonsum die Gefahr einer psychotischen Folgewirkung birgt, fanden die Autoren des Buches "XTC und XXL\" in ihrer "Gesamtsicht keine Anhaltspunkte für diese Hypothese (vgl.Thomasius, R. in Rabes, M / Harm, W., 1997, S.52).
Wenn sich bei Personen, die Ecstasy über einen längeren Zeitraum und in nicht geringen Mengen konsumieren, psychiatrische Komplikationen zeigen, dann passiert dies infolge eines komplexen dynamischen Prozesses. Hier wäre zu einfach, ein normales Ursache-Wirkung-Konzept anzusetzen, und den Ecstasy-Konsum losgelöst von dem sozialen Umfeld der jeweiligen Person zu sehen. Die Gruppe der Ecstasy-Benutzer ist keineswegs homogen. Eine psychische Komplikation sollte also nicht nur in Hinblick auf einen eventuellen E-Mißbrauch untersucht, sondern auch unter Berücksichtigung des sozialen Kontextes gesehen werden (vgl. Thomasius, R. in Rabes, M. / Harm, W., 1997, S.52).
2.1.5 Suchtpotential von MDMA
Der Begriff der Sucht ist ein weites Feld. Fast jeder Mensch hat eine unterschiedliche Auffassung davon, und so verschieden sind auch die Definitionen dazu. Eine Definition soll hier im Vorfeld dieses Kapitels vorangestellt werden. Der DSM-3-R (Diagnostisches und Statistisches Manual Psychischer Störungen) verwendet anstatt des Begiffes \"Sucht\" "Abhängigkeit\". Eine Substanzabhängigkeit wird hier wie folgt beschrieben:
" (...) ein Komplex kognitiver, verhaltensspezifischer und körperlicher Symptome, die eine herabgesetzte Kontrolle über den Gebrauch psychotroper Substanzen (Mittel, die das zentrale Nervensystem beeinflußen) anzeigen und auf einen fortgesetzten Mißbrauch der Substanz trotz negativer Auswirkungen hinweisen\" (ebd., 1991, S.212).
Normalerweise werden die Begriffe "Sucht\" und "Abhängigkeit\" für ein und denselben Zustand gebraucht. Allerdings muß beachtet werden, daß sie nicht ein und dasselbe sind. Während eine Abhängigkeit von bestimmten Sachen, Dingen oder Personen (Motorrad, Musik, Fernsehserien, Lebenspartner) durchaus normal ist, verhält es sich mit der Sucht anders. Nach Scheerer ist Sucht "...per definitionem am Extrem angesiedelt. Wenn eine Abhängigkeit schwächer wird, bleibt sie immer noch Abhängigkeit. Doch wenn eine Sucht schwächer wird, verliert sie ihren Charakter als Sucht und verschwindet im Meer der Abhängigkeiten (ebenda, 1995, S.31).
Innerhalb der Abhängigkeit muß zwischen der körperlichen und der seelischen unterschieden werden. Körperliche Abhängigkeit zeichnet sich durch Entzugserscheinungen mit physischen und psychischen Symptomen nach Absetzen der Droge aus. Der Körper reagiert auf das Ausbleiben der speziellen Substanz mit Zittern, Übelkeit oder Schweißausbrüchen, daher kann körperliche Abhängigkeit auch medizinisch festgestellt werden (EEG, EKG). Des weiteren entwickelt sich eine pharmakologische Toleranz, die einen ständigen Zwang zur Dosissteigerung zur Folge hat.
Psychische Abhängigkeit hingegen zeichnet sich durch sehr, sehr starkes, manchmal unwiderstehliches Verlangen nach ständiger oder periodischer Einnahme der speziellen Substanz aus. Das Verlangen ist darauf gerichtet, sich ein mit der Droge verbundenes Lustgefühl zu verschaffen, oder ein ohne die Droge auftretendes Mißgefühl zu vertreiben.
Laut der MDMA-Forscherin C. Weigle lassen sich in der medizinischen Literatur keine Hinweise darauf finden, daß der Konsum von Ecstasy eine physische Abhängigkeit zur Folge hat. Dies wird dadurch begründet, daß sich weder eine Dosiserhöhung noch Entzugserscheinungen feststellen lassen. Bei chronischem Gebrauch von MDMA ohne ausreichende Pausen dazwischen nehmen die positiven, erwünschten Wirkungen der Droge ab, während die negativen, unerwünschten zunehmen. Obwohl es zu keinen Entzugserscheinungen kommt, kann bei übermäßigem Konsum eine Toleranz gegenüber MDMA auftreten Toleranzentwicklung heißt, daß sich der Körper an eine Substanz gewöhnt und zur Erzielung der gleichen Wirkung eine höhere Dosis benötigt wird. Der niederländische Ecstasy-Forscher A. De Loor geht daher davon aus, daß bei kontrollierten Benutzern gegen diese Toleranzentwicklung und die damit einhergehende Dosiserhöhung eine "eingebaute Sperre\" im Gebrauch von Ecstasy vorhanden sei. Wenn ein Gebraucher aufgrund zu hoher Frequenz der Einnahme oder zu hoher Dosierung keine angenehmen Erfahrungen mehr macht und stattdessen die negativen Nebenwirkungen wie das "sich ausgezehrt-Fühlen\" in den Vordergrund treten, stellen sie seiner Meinung nach den Konsum für eine gewise Zeit ein.
"In der Regel, d.h. bei Leuten, welche die volle MDMA-Wirkung haben wollen, wirkt die eingebaute Sperre. Durch den Aufbau einer pharmakologischen Toleranz dauert es Tage, bis die spezifische Wirkung von MDMA wieder auftritt, und man muß einige Wochen warten, bis die erstmalige optimale Wirkung wieder erreichbar ist.\"
(Schroers, A., 1996, S.36).
Für User, die die empfohlenen Regenerationsphasen nicht einhalten und lediglich den energetisierenden Effekt von Ecstasy nutzen wollen, nimmt dieser Regulations- und Schutzmechanismus keine Bedeutung ein. Diese User könnten statt MDMA genausogut Speed konsumieren, da bei einer hochfrequenten Einnahme die empathischen Effekte verschwinden. Wenn Konsumenten allerdings dazu übergehen, die früher als gut erlebten Wirkungen, die aufgrund einer Toleranzentwicklung nicht mehr in der gewünschten Form auftreten, durch Dosissteigerung oder Beikonsum von anderen Drogen wieder zu bekommen, kann dies durchaus ein Hinweis auf eine bestehende psychische Abhängigkeit von Ecstasy oder den anderen Drogen sein.
Eine eventuelle psychische Abhängigkeit ist meiner Meinung nach ein schwerwiegenderes als die physische. Körperliche Entzugserscheinungen sind in den meisten Fällen nach ca.zwei Wochen überwunden (z.B. Heroin), während eine psychische Abhängigkeit von ihrer Anlage her komplexer ist. Gerade bei einer Droge wie Ecstasy, die einen Menschen frei und unbefangen mit seinen Gefühlen umgehen läßt, einen anspornt und immer wieder zu geistigen oder emotionalen "Höhenflügen\" verhelfen kann, ist es für den langfristigen Gebraucher schwierig, seinen Drogenkonsum objektiv zu betrachten und zu bewerten. Doch gerade dies ist für ihn wichtig, da er nur so erkennen und realisieren kann, welche Bedürfnisse er durch seinen Konsum befriedigt, und wie er es schaffen kann, diese auch ohne die Einnahme von Ecstasy zu befriedigen.
"Dabei besteht das Problem, daß es zunächst einfacher erscheint, Gefühle z.B. mit einer Pille hervorzubringen oder zu beseitigen als sich damit auseinanderzusetzen.\"
(Wirth, N., 1996, S.22).
Ich denke, daß man bei der Beantwortung der Frage des Suchtpotentials von Ecstasy wichtige Faktoren beachten muß. Zum einen die Frage, von welcher Konsumentengruppe die Droge gebraucht wird und zum anderen zu welchem Zweck sie eingesetzt wird. Von vielen Leuten wird Ecstasy benutzt, um im Freundeskreis zu Hause oder in der Natur ein bereits vorhandenes Gefühl des Vertrauens oder von Nähe untereinander noch zu verstärken, tiefgehende Gespräche zu führen, oder ein schönes und nicht alltägliches Erlebnis zu teilen. Bei dieser Art des Gebrauchs wird die Droge als Katalysator verwendet. Zu dieser Form des kontrollierten Gebrauchs sind auch Leute zu zählen, die MDMA verwenden, um einen tiefergehenden Einblick in ihre Emotionen zu bekommen. Hier ist das Mißbrauchspotential eher gering, wie es auch die Studie von Beck aus dem Jahr 1990 belegt, in der eine soziologische Untersuchung über MDMA-Konsumenten zusammengefaßt wird:
\"Deshalb kommt auch diese Studie zu dem Ergebnis, daß MDMA ein relativ geringes Mißbrauchspotential besitzt. Unter der derzeitigen MDMA-Population ist es sehr selten, daß jemand auf Dauer einen problematischen und mißbräuchlichen Gebrauch von MDMA beibehält.\" (Weigle, C., 1992, S.25).
Demgegenüber stellen Raver eine spezielle Gruppe unter den Ecstasy-Konsumenten dar, da der Gebrauch von Ecstasy hier in das gesamte Erlebnis einer Techno-Party, mit allem, was dazu gehört (laute Musik, Lichter, Menschen) eingebettet ist. Das Tanzen und die Wirkung der Droge werden zusammen als eine Einheit empfunden, so daß es schwierig bis unmöglich erscheint, diese Dinge getrennt voneinander zu betrachten. Für viele Raver ist der Besuch einer Party mit dem gleichzeitigen Konsum und Genuß von Ecstasy so sehr zur Gewohnheit geworden, daß sie die sich zwangsläufig einstellenden Nebenwirkungen wie Niedergeschlagenheit und Schlappheit zu Wochenbeginn billigend in Kauf nehmen. Bei dieser Form des Gebrauchs ist auch die Wahrscheinlichkeit des Ausweichens oder Beigebrauchs anderer Drogen sehr hoch. In diesem Verhalten kann man eine starke Tendenz zur psychischen Abhängigkeit erkennen, obwohl es aber keine reine Ecstasy-Abhängigkeit ist, sondern vielmehr eine "Party-und Erlebnisabhängigkeit\" in starkem Zusammenhang mit Ecstasy.
"Wenn du Ecstasy an einer Party nimmst, ist es untrennbar verbunden mit dem Groove, der Stimmung und der Musik, sagt Valerie. Süchtig mache nicht Ecstasy, sondern der Rhythmus: Du willst die Party am Samstag haben, du willst die Droge, die Musik das Licht, die Leute, die Stimmung - alles zusammen macht süchtig.\"
(Saunders, N., 1994, S.272)
Reiner Domes von Eve & Rave geht davon aus, daß es in der Techno-Szene um Party- und Erlebnissucht geht, wobei dahinter allerdings das Gefühl stehe, ohne die Drogen nicht mehr "richtig\" feiern zu können oder aber adäquaten Spaß zu haben. Außerdem wird von vielen Ecstasy konsumierenden Partygängern berichtet, daß die Diskrepanz zwischen euphorischem und exzessivem Partyleben und trister Alltagswelt nur schwerlich auszuhalten sei (vgl. Schroers, A., 1996, S.36).
2.2 Ecstasy und damit in Verbindung gebrachte Todesfälle
Immer wieder geistern Berichte von an den Folgen des Ecstasy-Konsums verstorbenen Personen durch die Tagespresse. Die meisten dieser in der Regel überzogenen Darstellungen überzeugen weniger durch fachliche Kompetenz als vielmehr durch ihre Panikmache . So wird eine notwendige sachliche Diskussion unnötig erschwert. In diesem Kapitel soll ausgehend von einigen Beispielen dieser "Pressearbeit\" der Frage nachgegangen werden, welchen Einfluß Ecstasy auf die Verstorbenen hatte.
"Sie sehen ganz harmlos aus, aber schon eine Ecstasy-Pille kann tödlich sein.\" (Zeitschrift TV-NEU, 16.04.1996, S.6)
"Ecstasy - Russisches Roulette, Selbstmorde, Unfalltote, Vergiftungen- die schicke Partydroge hat tragische Folgen.\" (Zeitschrift FOCUS, 42/1995)
"Ecstasy - So gefährlich ist die Wochenend-Droge...Ja, E ist ein Killer.\" ( BILD-Zeitung, 18.01.1997)
"Ecstasy - Berlins erster Toter.\" ( BILD-Zeitung, 26.05.1995 )
In der wissenschaftlichen Literatur der Jahre 1989-1995 sind mindestens 53 Fälle über ernsthafte medizinische Komplikationen infolge eines MDMA-Gebrauchs veröffentlicht worden, in mindestens 14 Fällen mit tödlichem Ausgang (vgl. Thomasius, R., in Rabes, M. / Harm, W., 1997, S.54). Die am häufigsten vorkommende Komplikation ist eine Störung der Körpertemperaturregelung. Dies wird neben dem Einfluß von MDMA auf den Körperstoffwechsel mit den langen Aufenthalten der Konsumenten in überhitzten und schlecht belüfteten Clubs, dem erhöhten Flüssigkeitsverlust sowie unzureichender Flüpssigkeitszufuhr in Verbindung gebracht. Sehr oft wird die Temperaturerhöhung von einer Blutgerinnungsstörung begleitet, die sich in Magenblutungen äußert. Das gleichzeitige Auftreten dieser beiden Komplikationen wird in mindestens zehn Fällen beschrieben, wovon vier Fälle tödlich verliefen. Allerdings ist das Krankheitsbild relativ unabhängig von der eingenommenen Dosis, der nachgewiesene MDMA-Spiegel variierte bei den Patienten recht stark (vgl. Thomasius, R., in Rabes, M. / Harm, W. 1997, S.54).
Auch Kreislaufdysregulationen werden häufig im Zusammenhang mit Ecstasy erwähnt, obwohl es sich in den meisten Fällen um keine lebensbedrohlichen Kreislaufzusammenbrüche handelt. In drei Fallbeschreibungen ist über einen Herztod nach Ecstasy-Konsum berichtet worden. Natürlich ist es heute sehr schwierig zu sagen, zu welchen Anteilen die konsumierte(n) Droge(n) Anteil daran hatte(n).
Nach Schroers wurde bei einer der Personen eine bereits vorher bestandene Verletzung der Koronar-Arterie festgestellt.
\"Die Einnahme der Pille brachte bei dieser Vorerkrankung sozusagen das Faß zum Überlaufen.\"
(Schroers, A., 1996, S.23)
In zwei weiteren Fällen hatten die Personen zusätzlich zum Ecstasy-Konsum extrem viel Alkohol getrunken. Herzprobleme im Zusammenhang mit Ecstasy treten vor allem bei bereits vorhandenen Schädigungen dieses Organs auf. In solchen Fällen ist von einem Ecstasy-Konsum unbedingt abzuraten.
Der Tod einer Person, die sowohl MDEA als auch MDMA konsumiert hatte, und daraufhin an akutem Asthma verstarb, ist laut Fromberg darauf zurückzuführen, daß diese Asthmaerkrankung nicht gut genug behandelt wurde. Begünstigt werden können solche Komplikationen durch die Tatsache, daß MDEA in hoher Dosis die Bronchialmuskulatur erschlaffen läßt. So vermuten Dowling und andere
Autoren, die über diesen Fall geschrieben haben, "daß eine Herzarythmie durch Atemdepression den Asthmaanfall verstärkt hat und somit zum Tode führte.\"
(A. Schroers, 1996, S.23).
Es werden auch Unfälle im Straßenverkehr mit Ecstasy in Verbindung gebracht:
"An den langen Wochenenden fahren die Fans im Techno-Fieber von einer Kult-Disco zur nächsten (...) Fehleinschätzung der eigenen mentalen oder körperlichen Leistungsfähigkeit und vermindertes Kritikvermögen provozieren einen Fahrstil mit Fahrfehlern beim Führen eines Kraftfahrzeuges.\"
(vgl. DIE WELT, 22.08.1996).
Ob bei diesen Unfällen Alkohol eine Rolle spielte, wird leider seltenst erwähnt. Ein in diesem Zusammenhang ungünstiger Einflußfaktor ist die Tatsache, daß die Raver in den frühen Morgenstunden, in denen die meisten dieser Unfälle passierten, oftmals schlichtweg übermüdet sind, was sich natürlich negativ auf die Fahrtüchtigkeit auswirkt. Einer aktiven Teilnahme am Straßenverkehr ist nach Ecstasy-Konsum natürlich absolut abzuraten, aber die passierten Unfälle sollten doch näher beleuchtet werden.
Die Meldung von "Berlins erstem Ecstasy-Toten\", die einen Monat lang für große Aufregung gesorgt und einen Medienrummel ausgelöst hatte, wird in einem Bericht der Tageszeitung vom 24./25.06.1995 relativiert. Der verstorbene Andreas S. war bis ein Jahr vor seinem Tod Leistungssportler und hörte dann sehr abrupt mit dem Schwimmen auf, ohne seinen Körper langsam abzutrainieren, wie es in so einem Fall notwendig gewesen wäre. Daraus resultierten eine Herzschwäche sowie Kreislaufprobleme, mit denen der Tote auch schon vor dem Ecstasy-Konsum Probleme hatte. "...Andreas klagte häufiger über Kreislaufprobleme und Schwindelanfälle...\"(TAZ, 24./ 25.06.1995).
Durch solche schlecht recherchierten Pressenachrichten lassen sich auch immer wieder Politiker zu unreflektierten Aussagen hinreißen, die eine neutrale Diskussion der Thematik unnötig erschweren:
"Die Senats-Drogenbeauftragte Elfriede Koller hielt es damals sogar für erwiesen, daß Ecstasy so gefährlich sei wie Heroin oder Kokain. Von Hardlinern der Drogenpolitik wurde gefordert, das "Legalisierungsgefasel über sogenannte weiche Drogen\" nun endlich zu beenden.\"
( TAZ, 24. / 25.06.1995).
Zusammenfassend läßt sich zur Thematik von Krankheits-und Todesfällen mit Ecstasy sagen, daß die jeweils individuellen Begleitumstände genau durchleuchtet werden sollten, damit keine voreiligen und falschen Schlußfolgerungen gezogen werden. Mit der Einnahme von Ecstasy sind gewiß auch körperliche Risiken verbunden, doch gibt es wenig aufgezeichnete Fälle von Erkrankungen durch die Droge, die ganz allein auf sie zurüchzuführen sind. Die eingenommene MDMA-Dosis scheint eine geringere Bedeutung zu haben als die individuelle Vulnerabilität (vorbestehende körperliche Grunderkrankungen, bereits bestehende Anfälligkeit für psychiatrische Komplikationen, Allgemeinverfassung und Ernährungszustand, eventueller Mischkonsum usw). Ein weiteres Problem ist, daß sich der bisherige Kenntnistand auf Kasuistiken bezieht. Es ist nicht möglich, diese Ergebnisse auf alle MDMA-Gebraucher zu übertragen. Es besteht bisher noch ein großes Defizit an großangelegten Studien über Suchtverläufe und gesundheitsschädigende Verhaltens-und Persönlichkeitsmerkmale. Hier wird die Forschung in den nächsten Jahren einen wichtigen Beitrag zu leisten haben. Deutlich wird allerdings die Bedeutung und Notwendigkeit der sog. "Safer-use\"-Regeln, auf die jeder verantwortungsbewußte User Wert legen sollte.
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