Die "Mona Lisa" war eine reelle Figur. Sie war eine Mailänderin. Über ihr Leben ist nur sehr wenig bekannt, aber es wurden unzählige Vermutungen, auch über ihre Verbindung mit dem Künstler, aufgestellt. Kunstkenner und Wissenschaftler schätzen, daß sie auf dem Porträt etwa 25 Jahre alt gewesen sein muß. Auch Vasari, ein guter Freund Leonardos, der ihm sehr oft bei seinem Schaffen zugesehen hatte, berichtete, daß Mona Lisa sehr schön war, aber ebenso ungeduldig, wenn es darum ging, stundenlang Modell zu sitzen. Weiter erzählt er, daß Leonardo dann Laute gespielt hat, um sie bei Laune zu halten, damit sie kein trauriges und ermattetes Aussehen bekam.
Ihr atemberaubendes Lächeln wird noch bis heute in unzähliger Literatur beschrieben. Richard Friedenthal beschreibt es als "grausames und unbarmherziges Schmunzeln, daß den Mann unterjocht". Kenneth Clark hingegen empfindet ihr Lächeln als "strahlende Lieblichkeit oder die moderne Seele mit all ihren Krankheitszügen".
Ähnlich wie beim "Abendmahl" ist nur zu erahnen, mit welcher Leichtigkeit Leonardo bei diesem Meisterwerk den Pinsel geschwungen hat, da "Die Gioconda" ihre Farbenpracht unter einer dicken Staubschicht verbirgt. Man traut sich einfach nicht, daß Bildnis zu reinigen, da die Angst zu groß ist, es könnte dabei beschädigt oder gar zerstört werden. Doch seit kurzem ist es möglich, mit Hilfe von Infrarot- Kameras durch den Staubmantel zu sehen und so die wahre Schönheit zu entdecken.
Damit ist meine Frage, ob die "Mona Lisa" ein Selbstbildnis Leonardos ist, auch weitläufig beantwortet. Doch viele Kunstkenner der vergangenen vier Jahrhunderte behaupten, daß ihr Lächeln, dem des jungen Leonardos sehr ähnlich sei: eigentlich kein richtiges Lächeln, sondern eher ein Gefühl oder eine Stimmung, die den ganzen Lebensstil Leonardo da Vincis wiedergibt.
Zuletzt möchte ich noch ein paar Zeilen über eine andere, nicht besonders beachtete, aber nicht minder bedeutsame Illustration des Künstlers niederlegen. "Johannes der Täufer" ist ein sehr spätes Werk da Vincis gewesen, er fertigte es erst in den Jahren 1517- 1519 an und vollendete es erst kurz vor seinem Tod (2.5.1519).
Auf dem Bild ist der junge Johannes zu sehen, der splitternackt im Halbdunkel steht. Er hebt bedrohlich den Finger. Auf seinen Lippen liegt ein für Kunstforscher außergewöhnlich mehrdeutiges Lächeln, daß nur schwer zu interpretieren scheint. Pablo Picasso sagte einst über dieses Werk, daß es "eine neue Art Leonardos spirituellem Schaffens", außerdem äußerte er noch, daß die Anatomie des Bildes sehr schlecht getroffen sei, da einerseits die Proportionen der Figur nicht stimmen und andererseits die Perspektive völlig falsch gewählt sei. Letzteres ist aber nicht als Leonardos alleinige Schuld angesehen, da sich außer ihm noch zahlreiche Restaurateure und nach seinem Tod einer seiner Schüler daran zu schaffen gemacht hatten.
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