Egon Schiele wird 1890 in einem Bahnhof geboren, und die Welt der Eisenbahnen und des Dampfes sollte seine ganze Kindheit prägen. Der Vater stand dem Bahnhof in Tulln vor, einer Kleinstadt in der Nähe Wiens. Im nüchternen Alltag der Beamtenfamilie, den Pflichterfüllung und trockenes Zahlenwerk bestimmten, war für die schönen Künste kein Platz.
Erst gegen Ende seiner Schulzeit nahmen sich im Realgymnasium Klosterneuburg Lehrer des künstlerisch talentierten, ansonsten aber schlechten Schülers an und vermittelten ihm Kenntnisse der Malerei und der zeitgenössischen Kunst. Der Wunsch des Jugendlichen, Maler zu werden, wurde zum festen Willen. Überschattet wurde Egons Jugend von der fortschreitenden Krankheit des Vaters (fortschreitende Paralyse d. h. Gehirnerweichung als Spätfolge der Syphilis) und seinem frühen Tod. Dieses traumatische Erlebnis prägte Schieles düstere, oft schwermütige Bildwelt. Die Vormundschaft liegt fortan bei seinem Patenonkel Czihaczek, der dem Willen seines Mündels, Künstler zu werden, erst nach dessen Aufnahme an der Akademie der Künste nachgab.
Das Verhältnis zwischen Mutter und Sohn war äußerst gespannt. Marie Schiele hielt ihrem Sohn Selbstsucht vor und hatte für dessen große Begabung kein Verständnis. Eine innige Beziehung, die bis zu seinem Tod andauerte, pflegte Egon zu seiner Schwester Gertrude. Bis ins Erwachsenenalter saß sie ihm Modell, unter anderem auch für Aktzeichnungen.
|