Wichtig für die Pop Art sind sogenannte \"objets trouvés\", typische Objekte für eine bestimmte Kate¬gorie von Gegenständen, die dann in Kunst verwandelt werden. Oft sind diese Gegenstände ganz ba¬naler, alltäglicher Natur. An den Nachbildungen des Alltäglichen faszinieren jedoch vielmehr die formale Originalität, die Menschlichkeit und Intimität, als dass sie durch ihre Banalität schockieren würden. Eine der größten Leistungen der Pop Art Künstler ist die Störung der Menschen in ihrer Selbstgefälligkeit, indem sie als \"agents provocateurs\" auftraten. Sie versuchten die starren Blickwei¬sen der Menschen zu öffnen und zu flexibilisieren. Häufig nutzten sie die Collage, um so ihrer Kunst eine Fülle von Quellenmaterial zu öffnen, das durch die Massenmedien jedermann gleichermaßen zugänglich war. Es ging ihnen auch darum, zu betonen, dass sie lediglich schon vorhandene Materie wiederverwerteten. Zu solchen Materialien gehörten Werbung, Reklametafeln, Photographien, Co¬mic-Hefte, Illustrierte, Zeitungen, Film und Fernsehen und weitere. All dies verwandten sie für ihre Kunst, die dadurch ein klarer Spiegel der Kultur war. Dieses \"ready-made\" war eine Provokation ge¬gen die konventionelle Vorstellung von künstlerischer Kreativität. Viele, die das Kunstwerk als eine subjektive, persönliche Form der Einflussnahme eines einzelnen Individuums auf die Welt sahen, wur¬den vom neuen Kunstverständnis schockiert. Die Pop Art Künstler lenkten die Aufmerksamkeit auch auf die Überfülle an Informationen und visuellen Reizen, die uns heute genau gleich wie damals über¬fluten und überfordern. Es war ihnen auch wichtiger, die Sinneseindrücke neu zu ordnen. Ihrer Mei¬nung nach bedurfte die Welt keiner weiteren Erfindungen, was sich in ihrem Unwillen, Neues hinzu¬zufügen ausdrückte. Paradoxerweise trug jedoch das ihre zum fieberhaften Produktionszwang und dem Konsumdenken bei.
Die Pop Art ist bewusst neutral und sehr vielfältig. Die Kritiker konnten oft in die Werke hineininter¬pretieren, was sie wollten. So behaupteten beispielsweise einige, Warhol verherrliche die Konsum¬kultur oberflächlich. Andere waren hingegen der Meinung, dass er sie mit leisem Spott ironisierte bzw. sie sogar der Kritik unterziehe. Warhol selbst sagte, er male, was er am besten kenne als Symbole der erbarmungslosen, unpersönlichen Produkte und schamlos materialistischen Objekte, auf denen Ame¬rika aufgebaut ist. Durch die offene Darlegung ihrer Subjektivität haben diese Künstler in gewisser Weise gegen eines der Wesensmerkmale der Popkunst, ihren nüchtern, kühlen Verzicht auf jede klare Stellungnahme, verstoßen.
Die Pop Art hat keine übereinstimmend Einstellung gegenüber ihren Stilformen und Materialien, sie ist alles andere als uniform. Allerdings kann man die Pop Art der englischsprachigen Welt trotz ver¬schiedenster Erscheinungsformen als einheitliche Kunstrichtung mit gemeinsamen Interessen sehen. Von hoher Bedeutung und als prototypischste Arbeit seitens der englischen Pop Art erwies sich Tafel 101. Allgemein lässt sich sagen, dass die europäischen Werke eine eindeutigere Haltung zu ihrem Ge¬genstand haben als diejenigen von Künstlern der USA.
Für die Pop Kunst hat der Konsumboom der Nachkriegszeit und die Aalpräsenz der Medien eine zent¬rale Bedeutung. Da diese in den jeweiligen Ländern unterschiedlich ausgeprägt sind, haben sie in den verschiedenen Ländern aber auch eine jeweils andere Bedeutung für die Kunst.
Die Künstler der Pop Art haben den Kult des Künstlers als heroisches, isoliertes Individuum gemieden. Ihr Angriff auf konventionelle Geschmacksvorstellungen hat die Wahrnehmungsgewohnheiten ver¬ändert und ein Zeugnis des Zeitgeistes geschaffen.
Anfang der 60er hatte sich die Pop Kunst auf breiter Front durchgesetzt und erfreut sich bis heute großer Beliebtheit.
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