„Armes Theater“ von Jerzy Grotowski Jerzy Grotowski (* 11.Nov. 1933 ; † 14. Jan. 1999) Jerzy Grotowski war ein polnischer Regisseur und Theatertheoretiker. Man kann ihn als einen der größten Künstler des polnischen Theaters des 20.
Jahrhunderts bezeichnen. Während seines Aufenhaltes in Moskau lernte er die Theaterkunst der russischen Avantgardisten kennen. Des weiteren ließ er sich stark von Bertolt Brecht beeinflussen. Zur Zeit seines Schauspielstudiums übernahm er mit einem Freund das Teatr 13 Rzedów, das Theater der 13 Reihen, welches später in Teatr Laboratorium 13 Rzedów umbenannt wurde. Jerzy Grotowskis Ziel war ein Zurückbesinnen auf den Urgrund der Schauspielkunst. Seinen Arbeitsbegriff taufte er „Armes Theater“.
Diese kollektive Theaterarbeit sollte ein Zeichnen gegen die reichen künstlerischen Regie-Theater setzen . Armes Theater Grotowski stellte sich folgende Fragen: Was kann Theater? Was kann Theater, was Film und Fernsehen nicht können? Dabei kam er zu diesen Schlussfolgerungen: 1.) Theater kann ohne Bühnenbild, Kostüme, Schminke und Bühnenbeleuchtugn auskommen Das bedeutet eine Reduktion auf mindestens einen Schauspieler und einen Zuschauer. Jedoch ist das Theater auf die direkte Kommunikation zwischen Publikum und Schauspieler angewiesen. Der leere Raum wird demnach durch den Schauspieler gestaltet. 2.
) Aufhebung der klaren Trennung zwischen Bühnen- und Zuschauerraum Durch die Aufhebung soll das Verhältnis zwischen Zuschauer und Schauspieler intensiviert werden. So kann z.B. der Schauspieler unter den Zuschauern spielen, sie nicht beachten, durch sie hindurchsehen. Im Gegenzug können die Zuschauer separiert weren (hoher Zaun etc.) oder sie nehmen an der Handlung teil.
Da Grotowski nie mehr als 50 Zuschauer zugelassen hat, blieb der intime Charakter der Aufführung gewahrt. 3.) Verzicht auf Bühnentechnik Keine Schweinwerfer und Lichttechnik sollen als Hilfsmittel dazugezogen werden. 4.) Musik und Geräusche werden nur durch die Stimmen der Schauspieler erzeugt Alle Requisiten sind schon auf der Bühne. Diese werden nur angedeutet, da sie verschiedene Formen annehmen können.
5.) Hervorhebung des Ausdrucks durch den ganzen Körper Dies kann man auch als körperliches Theater bezeichnen. Als Voraussetzung dient hierbei ein umfassendes körperliches Training z.B. in Akrobatik, Atemübungen, Yoga, Pantomime und Elemente des östlichen Theaters. Diese Überwindung der eigenen körperlichen Grenzen soll zu einer Selbstentwicklung führen.
6.) Ethos des Schauspielers Der Schauspieler spielt nicht die Rolle eines anderen, sondern er ist er selbst und der andere entsteht in einem schöpferischen Prozeß. Es ist eine Suche nach der Wahrheit, eine Selbstoffenbarung, ein Ablegen der Maske. Wichtig für das „Arme Theater“ ist, dass Motive wie Macht, Erfolg, Ansehen, Eitelkeit nicht der Offenbarung dienen. Man soll sein innerstes Wesen, seine inneren Impule zeigen. Dazu Grotowski:„Der Schauspieler ist zumindest in seiner Rolle Schöpfer, Modell und Schöpfung zugleich.
“ 7.) neues Textverständnis Um den Körperausdruck zu steigern, folgt erst die Handlung ohne Worte. Der Text fließt zu einem sehr späten Zeitpunkt in die Arbeit ein. Außerdem lehnt Grotowski eine Textinterpretation kategorisch ab. 8.) Keine Unterhaltung der Zuschauer Das angebliche „Kulturbedürfnis“ soll nicht befriedigt werden.
Man zeigt Interesse am Zuschauer, der sich durch die Konfrontation mit der Aufführung weiter entwickeln möchte. Die Suche nach der Wahrheit soll sich auf den Zuschauer übertragen („Selbstanalyse“). 9.) Tradition, an die das Theaterlaboratorium anknüpft Der Stil beeinhaltet Elemente des antiken Theaters, also einer Verbindung von Rede, Gesang und Tanz, der mittelalterlichen Mysterienspiele und des spanischen Barocktheaters. Ein Streben der Einheit von Musik, Tanz und Poesie ist Priorität. Eine Auswahl Grotowskis Aufführungen Kain nach Lord Byron (1960): Gilt als erste bedeutsame Aufführung.
Sie enthält Mittel der Pantomime, der Satire und des Kabarett sowie Kämpfe mit Tennisschlägern, Ringen und Boxen. Kordian nach Juliusz Slowacki (1962): Der Handlungsort wird in eine psychatrische Klinik verlegt. Es gibt mehrere Etagenbetten, auf denen die Schaspieler inmitten des Publikums agieren. Akropolis nach Stanislaw Wyspianski (1. Fassung 1962): Die Handlung wird in ein nazistisches Konzentrationslager verlegt. Die Schauspieler bauen während der Aufführung ein absurdes Gerät aus Rohren:„Arbeit macht frei!“ Danach verschwinden sie geschlossen in eine symbolische Gaskammer.
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