Den Beginn der italienischen Hochrenaissance markierte die Rückkehr Leonardo da Vincis aus Mailand nach Florenz im Jahr 1500. Dort traf er mit dem jungen Michelangelo zusammen, der gerade an seiner Statue des David arbeitete (1501-1504, Accademia, Florenz). Diese Skulptur setzte bildnerische Maßstäbe und wurde bald zum Wahrzeichen der Stadt Florenz. Michelangelo stellte David darin kurz vor seinem Zusammentreffen mit Goliath dar, wie er in Gelassenheit vor dem Betrachter steht. Dieser Ausdruck erinnert an die Apostel Leonardo da Vincis in seinem Abendmahl , auf dem der Künstler den Augenblick der Ankündigung des Verrats darstellte. In der Hochrenaissance beschränkten sich die Künstler auf das Wesentliche, nebensächliche Details fielen weg, damit die Aufmerksamkeit des Betrachters auf das Hauptmotiv gelenkt wurde. Der künstlerische Aspekt trat damit gleichberechtigt neben den Inhalt.
Später begann sich das Zentrum der Kunst nach Rom an den Hof von Papst Julius II. zu verlagern, wo die führenden Künstler der Hochrenaissance die ehrgeizigen Projekte des Papstes realisierten. Der herausragende Architekt dieser Zeit war Donato Bramante, der aus Umbrien stammte und seine Laufbahn als Maler im Stil Piero della Francescas begann. In Rom schuf er Bauwerke wie den Tempietto (1502), einen klassischen Rundtempel in Miniaturform im Hof von San Pietro in Montorio, und eine Reihe von Privatpalästen. Als Krönung seines Werkes gilt der Entwurf eines Zentralbaus (um 1506) für die geplante Neuerrichtung des Petersdomes. Er beeinflußte Baumeister wie Baldassarre Peruzzi aus Siena, der für die Familie Chigi die Villa Farnesina (1509-1511) in Rom errichtete, die schönste Villa des frühen 16. Jahrhunderts.
Auch den ebenfalls aus Umbrien stammenden Raffael zog es 1508 nach Rom, wo er bis zu seinem Tod 1520 arbeitete. Der Schüler von Perugino studierte in Florenz, als auch Michelangelo und Leonardo dort tätig waren, und war maßgeblich an der Formulierung der künstlerischen Sprache der Hochrenaissance beteiligt. Raffael avancierte zum führenden Maler der Stadt und unterhielt eine große Werkstatt mit zahlreichen Gehilfen. Er schuf u. a. die Fresken in den Stanzen (1508-1517) des Vatikan. Die beiden herausragenden Szenen, die inhaltlich aufeinander Bezug nehmen, finden sich in der Stanza della Segnatura: Die Disputà, eine umfassende Darstellung des Sakraments der Eucharistie, steht stellvertretend für die christliche Theologie. Die andere Seite des Raumes zeigt die Schule von Athen, die die klassische Philosophie thematisiert. Sie verrät eine meisterhafte Beherrschung der Zentralperspektive, wobei der Fluchtpunkt hinter Platon und Aristoteles in der Mitte des Bildes liegt. Viele Figuren sind Darstellungen zeitgenössischer Künstler. Als Anregung könnten die Fresken der Sixtinischen Kapelle gewirkt haben, an denen Michelangelo etwa zur gleichen Zeit arbeitete.
Hauptmerkmale des poetischen Malstils von Giorgione, der trotz seines kurzen Lebens von fundamentalem Einfluß auf die venezianische Malerei war, sind weiche Konturen, kräftige Farben und häufig rätselhafte Themen. Sein bekanntestes Bild, Das Gewitter , mischt profane mit religiösen Themen und hatte die Funktion eines privaten Andachtsbildes für gebildete Kreise.
Tizian, ein Schüler Bellinis und früher Anhänger Giorgiones, war der bedeutendste Vertreter der venezianischen Hochrenaissance. Zu seinen bedeutendsten Frühwerken zählen Himmlische und irdische Liebe (um 1515, Galleria Borghese, Rom), eine allegorische Szene, in der die (bekleidet dargestellte) himmlische und die (nackte) irdische Liebe einander gegenübersitzen, sowie das Altarbild Himmelfahrt Mariä (1516-1518, Santa Maria dei Frari, Venedig), in dem warme Farbtöne wie Rot und Goldgelb vorherrschen. Darin schwebt Maria über den Aposteln und bewegt sich auf Gottvater zu, der am oberen Bildrand erscheint. Seine meisterhafte Behandlung klassischer mythologischer Themen demonstrieren Bilder wie Bacchus und Ariadne (1520-1523, National Gallery, London) oder Venusfest (1518-1519, Prado, Madrid), die beide als Auftragsarbeiten für den Herzog von Ferrara entstanden.
Darüber hinaus schuf Tizian zahlreiche Auftragswerke für Kaiser Karl V., der ihn zum spanischen Hofmaler ernannte, darunter mehrere Bildnisse, wie das Reiterporträt Karl V. zu Pferd in der Schlacht bei Mühlberg (1548, Prado, Madrid), das für etwa zwei Jahrhunderte im Bereich der staatlich-repräsentativen Porträtmalerei neue Maßstäbe setzte. Noch im hohen Alter malte Tizian in einem Stil, der durch Farbreichtum, monumentale Figuren und idealisierte Landschaften gekennzeichnet ist. Ein repräsentatives Beispiel für diesen Spätstil ist das Bild Dornenkrönung Christi (um 1570, Alte Pinakothek, München), in dem sich die Formen in ein Gewirr aus reinem Licht, Farbe und Pigmenten aufzulösen scheinen.
Correggio war ein weiterer einflußreicher Maler der Hoch- bzw. Spätrenaissance. Er verbrachte den größten Teil seines Lebens in Parma, wo er sich 1518 niederließ. Dort schuf er u. a. Freskenzyklen für den Dom und die Kirche San Giovanni Evangelista (zerstört). Seine Bilder, die Stileinflüsse Michelangelos, Raffaels, Tizians und Leonardos spiegeln, zeichnen sich durch großes Geschick in der perspektivischen Verkürzung und manieristische Zurückweisung der klassischen Ausgewogenheit aus.
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