Johannes Itten, eine der ersten Berufungen von Gropius, war zuvor Volksschullehrer gewesen und hatte in Wien eine private Kunstschule geleitet.
Itten hatte - vor allem für die damalige Zeit - ungewöhnliche Auffassungen über Kreativität, die sich in seinen höchst unkonventionellen Lehrmethoden niederschlugen. Er ließ den Unterricht mit gymnastischen Übungen beginnen, um, wie er in seinen Tagebüchern formulierte, \"dem Körper die Ausdrucksfähigkeit, die Erlebnisfähigkeit zu geben, sie in ihm zu erwecken.\"
Der Vorkurs unter Itten bestand im Wesentlichen aus drei Arbeitsbereichen: erstens das Erarbeiten von verschiedensten Kontrasten(wie zum Beispiel groß-klein, lang-kurz oder breit-schmal oder die sieben Farbkontraste), zweitens Material- und Texturstudien, die das Materialgefühl der Schüler ausbilden und sensibilisieren sollten. Den dritten Komplex bildeten die sogenannten \"Studien alter Meister\", wobei es Itten aber um das tiefe Nacherleben des Kunstwerks ging. Die Analysen dienten im Zusammenhang mit Kontrast- Form- oder Farbuntersuchungen der gefühlsmäßigen Erfassung von Formen, Farben und der Dynamik eines Kunstwerks.
Die von Itten am Bauhaus eingeführte Vorlehre stellt einen völlig neuen Ansatz in der Kunstpädagogik dar. Keine andere Kunstakademie oder Kunstgewerbeschule hatte etwas Ähnliches aufzuweisen. Dort hatten die Schüler im Unterricht auf der ersten Stufe der Ausbildung lediglich vorgegebene Objekte abzuzeichnen, sie eigneten sich also ihre Fähigkeiten durch das Kopieren an. Itten hingegen vermittelte Grundgesetze der Farb- und Formenlehre, der Komposition und der Gestaltung. Zugleich zielten Ittens Lehrmethoden aber auch auf den inneren Menschen - die Schüler sollten ihren eigenen Rhythmus finden und zu einer harmonischen Persönlichkeit werden.
Itten war zwar der Leiter des Vorkurses, doch andere Meister (darunter Paul Klee und Wassily Kandinsky) assistierten ihm durch eigene, davon unabhängige Kurse über Farbe, Form und Komposition.
Nach dem Ausscheiden von Johannes Itten wurde der Vorkurs aufgeteilt: Die eher theoretische Seite übernahm Moholy-Nagy, die praktisch orientierte Josef Albers.
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