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kunst artikel (Interpretation und charakterisierung)

Maler

Farben

Realismus

Objekt

Expressionismus

Bildende kunst nach 1945



Die bildende Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg
Kunstzentrum blieb New York: viele hatten in diese Stadt emigrieren müssen und kehrten nicht mehr nach Europa (Paris) zurück.
Wie in der ersten Jahrhunderthälfte gibt es auch in der zweiten viele Richtungen, aber keinen Stil.

Die Aufzeichnung der Geste
In New York gab es schon Anfang der zwanziger Jahre eine progressive Künstlergruppe unter der Führung Marcel Duchamps, die der Dadabewegung in Europa gleichkam. Wie diese mündete auch sie in den Surrealismus, vor allem, weil der @Großteil der Surrealistengruppe in New York eine neue Wirkungsstätte gefunden hatte und den jungen einheimischen Künstlern entscheidende Anregungen vermittelte.
Jackson Pollock [Jackson Pollock (1912-1956): amerikanischer Maler, Hauptvertreter des Action-painting (Tachismus)] wurde zum konsequentesten Verfechter einer Ende der vierziger Jahre in New York entstehenden Richtung, bei der der Malvorgang nicht mehr von der Bildvorstellung, sondern von einer unbewußt bleibenden Ausdrucksgestik gesteuert wurde. Kurz nach Kriegsende malte er die ersten Bilder, die nichts als \"choreographische\" Aufzeichnungen seiner spontanen Bewegungen darstellen. Ihre (mehrere Quadratmeter großen) Riesenformate waren nötig, damit der Künstler sich ungehemmt (durch einen begrenzenden Bildrahmen) "gehen lassen\" kann. Seine Bilder enden mit der Malaktion und wurden (bisweilen) nachträglich auf einen Ausschnitt reduziert.
Pollocks Arbeitsweise bestand darin, daß er aus durchlöcherten Dosen, die er umherschwenkte, Farben auf auf dem Boden liegende Leinwände rinnen und tropfen ließ ("dripping\", "Bild 1948"). Bisweilen vermalte er die Farben, in die er auch Sand und Glassplitter mischte, mit Stock, Messer, Maurerkelle und Anstreicherpinsel. Trotz der unreflektierten malerischen Manipulationen sind die Werke Pollocks keine Zufallsprodukte, weil der Künstler - der im wahrsten Sinn des Wortes "im Bilde\" war - in jeder Arbeitsphase entschied, ob er den erreichten Zustand belassen oder verändern sollte.
Der \"écriture automatique\" (automatische Niederschrift), die Breton (1924) für die surrealistische Produktion gefordert hatte, kommt Pollock mit seinen absichtslosen Manipulationen noch näher als Miró, dessen figurale Bildvorstellungen doch ein gewisses Maß an bewußter Steuerung der Hand verlangten. Pollocks Malerei dagegen entstand als Aufzeichnung unbewußt gesteuerter Bewegungsfolgen und bildet im motorisch-bildnerischen Bereich das Gegenstück zur Niederschrift einer Assoziationskette. Dabei zeigt sich nun deutlich der Unterschied zwischen den viel unbekümmerter und radikaler die neuen Ideen aufgreifenden amerikanischen Malern und den der Tradition verhafteten europäischen Meistern, die sich mehr oder weniger mit der Illustration eines literarischen Surrealismus begnügten.
Die neue, auf den Malakt ausgerichtete Malerei besaß außerhalb des Surrealismus eine zweite Wurzel in der fernöstlichen Kalligraphie. Tobey [Tobey, Mark (geb. 1890): amerikanischer Maler, lebte von 1959 an in Basel. Zu seinen vom Schreibrhythmus und \"handschriftlichem\" Ausdruck geprägten Bildern wurde er durch die fernöstliche - stark dem Schrift-Bild verpflichtete - Schreibweise angeregt.] unternahm zu ihrem Studium eine Reise nach Japan und nach China und begann schon 1935 mit seiner "white writing\" ("Weißschrift\": mit vielen weißen zeichenähnlichen Gebilden bedeckte dunkle Leinwände), die nach seiner ersten Einzelausstellung (1944) dem Action-painting (s. Fußnote 5) wesentliche Impulse beisteuerte.
Die neue Art, "Bilder\" zu erzeugen, konnte natürlich variiert werden, so daß man die Zusammenhänge oft übersieht. Reduziert man den Malakt Pollocks auf wenige, mit breitem Pinsel ausgeführte Züge, so ergibt sich die Art Klines [Kline, Franz Josef (1910-1962): amerikanischer Maler] ("Wanamakerblock" ), der sich bei seiner \"Zeichengebung\" (meist) folgerichtig von der Farbe distanziert und (fast) ausschließlich Schwarz einsetzt. In der Folge sprühten Künstler die Farbe sogar aus Pistolen auf die Leinwand oder berußten diese mit brennenden Kerzen (Fumage ). Auch die Umkehrung der seit dem Kubismus bekannten Collage, die Décollage , die aus der Zerstörung von Oberflächen hervorgeht, bewies ihre Eignung für derartige unbewußt verfahrende Materialaktionen.
Verschiebt sich bei der Aktion des Künstlers der Akzent von der Aktionsspur zur Demonstration der ästhetischen Komponente von Material wie bei den aus zerrissenen Säcken und von Fäulnis und Brand versehrten Hölzern arrangierten "Bildern\" Burris [Burri Alberto (geb. 1915): italienischer Künstler, Autodidakt], so spricht man besser von Neo-Dada ("Sack Nr. 5").
So verschieden die Endprodukte auch sein mögen, stets verdanken sie ihr Entstehen einem unbewußten Schaffensprozeß. Der Künstler erlebt dabei ein "Abenteuer des Machens", das endgültig "Zugelassene\" soll den Beschauer durch seine "Machart\" faszinieren. Dabei ergibt sich die Frage, welche Wirklichkeit bzw. welche Wirkungsweisen solchen Kunstprodukten zukommen. Sie sind letztlich die Realisation von etwas Neuem und Unbekanntem (Innovationen), die den Betrachter befremden, ohne eine dem Verstand begreifliche Sache zu werden. Wir können mit der ästhetischen Innovation zwar nichts anfangen, dafür fängt sie aber mit uns etwas an. Sie mobilisiert unsere Sinne im "Sinn\" des Kunstschöpfers. Dabei bedeutet die Ausschaltung des Verstandes nicht, daß der Betrachter in einen Zustand romantischer Gefühlsseligkeit versetzt wird, sondern in jene tiefere, unterhalb des Bewußtseins liegende Zone, wo sich die Sinnesdaten in "Spürsinn\" verwandeln, aus dem alle Erfahrung und alles Wissen zustande kommen.
Die Demonstration der Farbe
Eine zweite Gruppe der nach dem Zweiten Weltkrieg tonangebenden Amerikaner befreite die Farbe aus ihren gegenständlichen und formalen Verpflichtungen. Den entscheidenden Schritt tat Rothko mit seinen "Farbwänden\". Rothko [Rothko, Marko (1903-1970): in Rußland gebürtiger, amerikanischer Maler, sein charakteristischer Stil formte sich 1947.] trägt auf kühl getönte Gründe wärmere Farbschichten auf, die die riesigen Formate fast zur Gänze füllen ("Orange and yellow"). Die in unscharfe Ränder auslaufenden, annähernd rechteckigen, mitunter durch eine kontrastierende Linie getrennten Farbaufträge scheinen über dem Grund zu schweben. Die schwach räumliche Wirkung kommt durch das Farbklima zustande: wärmere Farben treten hervor, kältere zurück. Der Künstler will damit die Farben "rein\" (d.h. ohne daß sie einem Ding oder einer Form anhaften) entgegentreten lassen. Da den Farben zweifellos stimulierende Wirkungen zukommen, ändert sich beim Betrachten der großformatigen, das ganze Gesichtsfeld des Betrachters beanspruchenden Farbaufträge Rothkos dessen Stimmungslage. Natürlich ist dazu ein "Versenken", d. h. ein Abschalten des Intellekts (der ständig auf Objekt- und Funktionserkenntis aus ist) notwendig, wozu nicht jedermann bereit ist. Betriebs- und Werbepsychologen machen längst von der stimulierenden Wirkung der Farben Gebrauch.
So verschieden die Arbeiten Pollocks und Rothkos auch erscheinen, der Wunsch ist ihnen gemeinsam, irgend etwas ohne Zuhilfenahme von Gegenständen und von formalen Gebilden auszudrücken. Man hat deshalb die amerikanische, unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg tätige Künstlergruppe "abstrakte Expressionisten\" genannt. Das Ausdrucksphänomen bedient sich zweier Mittel, der Geste und der Farbe. Unbewußte Regungen (Zittern) sind für uns ebenso aufschlußreich wie das Erscheinen von Farben (Rotwerden). Subsumierte Bewegungsfolgen führen zu den vibrierenden Bewegungsstrukturen Pollocks, die auch der Farbe nicht entraten, die einfache Geste Klines wird zum monokolor aufgeschriebenen Zeichen (Symbol) einer unlesbaren, aber ausdrucksvollen Schrift. Rothko läßt uns die Farbe freischwebend im Raum entgegentreten.
Der abstrakte Expressionismus beleuchtete wesentliche Aspekte des bis heute nur unzulänglich erforschten Ausdrucksgeschehens. Das Kunstexperiment hat stets wertvolle Anstöße zur Bewußtwerdung bislang iibersehener oder im Unterbewußtsein verbleibender Vorgänge und Erscheinungen gegeben, die die Wissenschaft erst nachträglich aufgegriffen und geklärt hat.
Die nach-malerische Abstraktion
Durch die spezielle Machart floß in den abstrakten Expressionismus einiges von Individualität und der Persönlichkeit des Künstlers ein, selbst bei den Werken Rothkos. Da der Farbausdruck auf die Geste verzichten kann, gehen die damit experimentierenden Künstler zur "Hard-edge-Malerei" (hartrandige Malerei, Malerei mit schärfster geometrischer Konturierung) über, die man auch "Post painterly abstraction\" (nach-malerische Abstraktion) genannt hat.
Um die ihrer Meinung nach völlig belanglose "Handschrift\" auszuschalten, verteilten die Künstler der Hard-edge-Malerei ihre (meist starken, ungebrochenen) Farben fleckenlos und gleichmäßig in präzis konstruierte geometrische Schemata. Dabei wird die Leinwand eher gefärbt als bemalt, damit keinerlei materiale Farbwirkung (pastos, rissig, glänzend usw.) zustande kommen kann. Da geometrische Figurationen bereits maximale Abstraktionen aus der gegenständlichen Welt darstellen, wird auch jeglicher "dingliche Ballast\" über Bord geworfen, damit die Farben "rein\" (d. h. als Lichtempfindung) wirksam werden. Viele Werke der nach-malerischen Abstraktion, die vor allem in England Schule machte, erinnern an Signale.
Schon 1913 hatte Malewitsch, als er den Suprematismus kreierte, mit Hilfe der Geometrie eine "Reinigung\" der Kunst von allen Assoziationen gefühlsmäßiger und gedanklicher Art herbeiführen wollen. Über Mondrian, De Stijl und die einschlägigen Farb-Form-Experimente des Bauhauses führen weitere Wege zur nach-malerischen Abstraktion, die dem Wirken des ehemaligen Bauhausmeisters Albers viel verdankt, der nach seiner Emigration in die USA (von 1933-1948) eine bedeutende Lehrtätigkeit entfaltete. Die schematische, starre Hard-edge-Malerei ("White line square" ; "Huldigung an das Quadrat: Grüner Duft" ) kann als Reaktion auf das stark bewegte Action-painting verstanden werden; es dauerte allerdings eine geraume Weile, bevor sie sich durchsetzen konnte und zu Rang und Namen kam. Ad Reinhard , ein Albers-Schüler, malte ab 1954 eine Serie fast völlig schwarzer Bilder in quadratischem Format, die er in Los Angeles, in London und in Paris ausstellte. 50 Jahre früher hatte schon Malewitsch sein berühmtes "Schwarzes Quadrat auf weißem Grund\" gemalt, von dem der Künstler möglicherweise beeindruckt wurde. Wenn Ad Reinhard den Betrachter vor eine schwarze, kaum Licht reflektierende Fläche stellt, wobei die (optischen) Sinnesempfindungen weitgehend ausbleiben, soll die psychische Befindlichkeit des Betrachters im Sinne eines aktiv spürenden Suchens aktiviert werden, wobei sich dann die kaum merklichen Figurationen aus dem schwarzen Grund lösen, die der Künstler dort \"verborgen\" hat.
Die Malerei in Europa
Gegenüber der amerikanischen Szene zeigt die europäische Kunst ein etwas uneinheitlicheres Bild. Einmal sind noch die Altmeister der modernen Kunst (Picasso, Braque, Matisse, Miró u. a.) am Werk, die noch immer einen Teil der jungen Künstlergeneration in Bann schlagen, jedoch - obwohl sie sich im Alter zum Teil noch klären und wandeln - für die neuen Kunstrichtungen keine entscheidenden Impulse liefern können. Die junge europäische Avantgarde schlug, teils unbeeinflußt, teils beeinflußt von der neuen Kunstmetropole New York, den gleichen Weg ein, doch war sie kompromißbereiter und beugte sich mehr oder weniger dem Gebot des traditionellen Kunsthandels, der nach wie vor Bilder als luxuriöse Schauobjekte an reiche Sammler verkaufen will.
Es entstanden in der "alten Kunstwelt\" ästhetisch vielleicht ansprechendere, ihrer Demonstrationsabsicht nach aber nicht so überzeugende Werke, wie sie die Amerikaner lieferten. In vieler Hinsicht ist Mathieu [Georges Mathieu (geb. 1921): französischer Maler, der auch die ersten Ausstellungen der Amerikaner in Paris organisierte.] Pollock verwandt. Beide schlugen, ohne miteinander Kontakt aufgenommen zu haben, den gleichen Weg ein, doch die virtuos hingepinselten Schnörkel des französischen Meisters ("Montjoie Saint Denis") bleiben stets einer kultivierten Kalligraphie (Schönschrift) verpflichtet, die sein Werk gefälliger, jedoch nicht stärker erscheinen läßt. Das gleiche gilt für Klines europäischen "Doppelgänger\" Soulages [Pierre Soulages (geb. 1919): französischer Maler, Autodidakt]. Auch Hartungs [Hans Hartung (geb. 1904): deutsch-französischer Maler, lebt in Paris.] büschelartig aufgezeichnete elegante Bewegungsspuren profitieren von einer routinierten, gefälligen "Schreibweise\" des Künstlers, müssen dafür aber auf jene "barbarische Kraft\" des amerikanischen abstrakten Expressionismus verzichten. Interessanter sind die Leinwanddurchlöcherungen und -schlitzereien Fontanas [Lucio Fontana (geb. 1899): italienischer Bildhauer, der über weiße Monochrombilder (ab 1946) zu seinem Concetto spaziale (\"Raumzeichnung\") findet.], dessen Gesten, über die Fixierung von Bewegungsspuren hinausgehend, den Grund mit dem Messer "zeichnen\" (im Sinne von "verwunden\" ("Concetto spaziale" ; "Ölbild in antikrosa Grundierung mit länglichem Einschnitt" )). Dabei verliert das Leinwandbild seine autonome Eigenräumlichkeit und wird zum Objekt im realen Raum, weil durch die Perforation Hintergrund sichtbar wird.
Deutlichere Unterschiede zum Action-painting amerikanischer Provenienz lassen sich bei den Malern der Cobra-Gruppe feststellen, die sich zwar der unbewußten Schaffensmethode bedienten, von ihr aber bis an den Rand der Gegenständlichkeit treiben ließen. Anläßlich einer Ausstellung solcher schwach figurativer Werke innerhalb des abstrakten Expressionismus tauchte (1951) die Bezeichnung informelle Kunst auf, was die Übersicht über die Kunstrichtungen nicht gerade förderte.
Wie weit und mit welcher Tendenz man sich auf dem Weg von der reinen Handlung (Aktion) bis zu deren Verbildlichung (Gestaltung) weitertreiben läßt, ist von Künstler zu Künstler sehr verschieden. Zwischen den (oft) surreale Effekte auslösenden "Zeichen\" von Tapies [Antonio Tapies (geb. 1923): spanischer Maler, der durch tiefe Furchungen sehr dicker Farbschichten fast reliefartige Figurationen erzeugt. Das Bildbeispiel ("Schwarzes Bild") erweckt den Eindruck einer abgezogenen menschlichen Haut.] und Bacons [Francis Bacon (geb. 1910): englischer Maler, Autodidakt, der sich bei seinen figuralen Darstellungen auf seine gefühlsmäßigen Eingebungen verläßt.] "Porträts\" läßt sich nur über das Herstellungsprinzip eine Brücke schlagen. Beide folgen ihren unbewußten Eingebungen und überlassen deren Annahme oder Verweigerung dem Gefühl; ebenso verhält sich der Wiener Maler Hundert¬wasser [Friedensreich Hundertwasser (eigentl. Fritz Stowasser, geb. 1928): Wiener Maler], obwohl bei letzterem auch der Einfluß der Jugendstilkunst Klimts eine nicht zu übersehende Rolle spielt.
"Die schwere Sonne" (Spirale) kreist über Feldern, einer Zwiebelkuppel, einem baum- und kranartigen Gebilde und verschiedenen Gesichtern, die von fensterartigen Rechtecken umschlossen werden. Sicherlich reizt das Bild weniger vom Thematischen als vom formalen Aspekt, wenngleich sich auch verschiedene Assoziationen einstellen sollen.
Auch die Hard-edge-Malerei fand in Europa kongeniale Verfechter. Albers, auf dessen Wirken sie zurückgeht, war selbst Europäer und verwirklichte letztlich nur Bauhausideen, die auch in Europa keineswegs ausstarben. Einen Weg über die interessanten Farbfigurationen der Hard-edge-Malerei hinaus fand dann schließlich der Ungar Vasarely in der Op Art.

Op Art
Farbe ist Licht, wenn man ihre physiologische Wirksamkeit im Auge hat. Da auch das von starkfarbigen Leinwänden zurückgestrahlte Licht nicht einmal annähernd jene Leuchtkraft erreichen kann wie die Lichtquellen selbst, führt die konsequente Entwicklung von den gemalten Farbdemonstrationen Rothkos und der Albers-Schule zu den Licht emittierenden Apparaturen moderner Kunstexperimentatoren.
Dabei gab es Zwischenphasen, die noch ohne selbstleuchtende Elemente auskamen und sich mit optischen Reizwirkungen befaßten, die weniger mit dem Farbphänomen zu tun hatten. Vasarély [Victor Vasarély (geb. 1908): ungarisch-französischer Maler, studierte am ungarischen Bauhaus, übersiedelte 1930 nach Frankreich.] begann mit Schwarzweißkontrasten zu operieren und eröffnete damit ein neues Kapitel der gegenstandslosen Ausdruckskunst, die man Op Art (optical art) nannte. Vasarélys Konzept besteht in der seriellen Verwendung schwarzweißer (später farbiger) Elemente einfachster geometrischer Art, die durch ihren ständigen Wechsel das Auge irritieren. Die stets spürbare Tendenz zur regulären Anordnung wird dabei in bestimmten Zonen gestört, wodurch noch ein zusätzlicher Unruheherd geschaffen wird, der die Monotonie des Bildrasters verhindert ("Metagalaxie" ; "Eridan rouge" ). Dem Künstler gelingt es auf diese Weise, die Bildfläche in "Vibration und Bewegung\" zu versetzen, so wie es schon früher der Perspektive gelang, Raum vorzutäuschen.
Sehr bald wurde das Kontrastspiel der Fläche ins Relief übertragen. Der deutsche Künstler Mack [Heinz Mack (geb. 1931): deutscher Objektemacher, beschäftigt sich mit den Problemen der Vibration und des Lichts; lebt in Düsseldorf und in New York.] fand in dünnen Metallfolien ein sehr geeignetes Material, Op-Art-Strukturen in "Lichtreliefs" zu verwandeln, die dem Vorübergehenden ständig wechselnde Lichtreflexe zusenden und "bewegt\" erscheinen. Sein größtes Projekt wurde (1969) auf Kosten des deutschen Fernsehens realisiert. Spiegelnde Metall- und Glasobjekte sowie aus aluminiumbedampften Kunststoffolien hergestellte Gebilde wurden von einem Fernsehteam unter afrikanischer Sonne gefilmt ("Künstlicher Garten in der Sahara" ). Die Kosten dafür trug letzten Endes der Fernsehteilnehmer, eine sicherlich zukunftsträchtige Entlohnung für zeitgenössische Kunstexperimente. Die Wirkung dieser "Reflexspiele\" in der sonnendurchfluteten Sahara übertraf bei weitem alles bei spärlichem Kunstlicht in Ausstellungen Gezeigte. Mack schuf auch Lichtrotoren, bei denen sich spiegelnde Metallreliefs hinter gewellten Glasplatten drehen, Lichtsäulen, Lichtkarussels u. dgl., die man aber besser schon der Kinetik zurechnet, die allerdings nicht nur auf Lichteffekte spezialisiert ist.

Kinetik
Spezialist auf dem Gebiet der Lichtapparaturen ist Schöffer [Nicolas Schöffer (geb. 1913): in Ungarn gebürtiger, französischer Künstler, der sich seit 1956 mit "Lichtautomaten\" beschäftigt.], der bereits Computerschaltungen für seine Raum-Licht-Zeit-Bewegungs-Automaten ausnützt ("Cysp 1").Wegen der starken Intensität selbstleuchtender Objekte tritt nun wieder die Farbe bzw. das farbige Licht in seine Rechte, das bei den Reflexionsobjekten etwas ins Hintertreffen gelangt war. Schöffers Lieblingsprojekt ist der "Tour Schöffer\" (47 m in höher als der Eiffelturm). Tag und Nacht sollen 2250 Farbscheinwerfer auf Paris herunterstrahlen und mehr als 2000 Elektronenblitze in den Himmel zucken, von 350 Hohl- und Drehspiegeln verstärkt. Die Kosten dieses gigantischen "Lichtspiels\", dessen Trägergerüst auch 15 000 Turmgäste auf sieben Plattformen beherbergen kann, würde sich auf etwa eine halbe Milliarde Schilling belaufen. Interessant ist die Steuerung der Lichteffekte durch Luftfeuchtigkeit, Temperatur, Windstärke und Verkehrslärm, so daß ständig wechselnde Effekte zustande kommen. Darüber hinaus sind für bestimmte Anlässe auch Spezialprogramme vorgesehen (etwa zum Nationalfeiertag ein Erstrahlen in den Farben der Trikolore usw.). Es ist kaum anzunehmen, daß dieses Projekt Aussicht auf Realisation besitzt, weniger aufwendige des Meisters wurden jedoch schon installiert.
Eine andere Art von Kinetik repräsentieren die Pseudomaschinen Tinguelys [Jean Tinguely (geb. 1925): in der Schweiz geborener und in Paris tätiger Künstler]. Seine Bewegungskunst ist eine Art Horrortechnik. Schäbige, verrostete, rasselnde und stampfende "Schrottgebilde\" vollführen unnötige Bewegungen und Handlungen, wofür mit großer Wahrscheinlichkeit die ironische Einstellung des Künstlers gegenüber der Technik verantwortlich zu machen ist ("Clochette" ). Tinguelys berühmtestes Werk, die (1960 für das Museum of Modern Art in New York geschaffene) "sich selbst zerstörende Maschine\" entfesselte einen Skandal. Angesichts der Demonstration ästhetischer, nutzloser Maschinen sollte sich die Frage stellen, was an unserer Technik tatsächlich von Nutzen ist und wieviel schon produziert wird, um uns ästhetische (nicht nur visuelle) Sensationen zu liefern.

 
 

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