Abbildung 4.10 zeigt den Aufbau eines Farbnegativ- sowie Farbdiafilms. Beide Filme besitzen drei unterschiedliche Farbschichten in den subtraktiven Grundfarben Gelb, Purpur und Blaugrün. Diese absorbieren die zu ihnen jeweils komplementären Lichtfarben: Die obere Gelbschicht schluckt blaues, die mittlere purpurne grünes und die untere blaugrüne rotes Licht. Die Anordnung der Schichten ist so gewählt, daß das jeweils energiereichere Licht die obenliegende Schicht belichtet. Dadurch wird teilweise verhindert, daß es in tieferliegende Schichten vordringt und sie belichtet, was zu Farbstichen führen würde.
Abbildung 4.10: Schichtaufbau eines Farbfilms. 1) Negativfilm 2) Diafilm
Außer den Silberhalogeniden befinden sich in der Emulsion noch Farbkuppler, die dafür sorgen, daß während der Entwicklung im Film die Farbe in Form von Farbstoffen erzeugt wird. Das Silber wird dabei vollständig entfernt. Es läßt sich jedoch für die Wiederverarbeitung größtenteils rückgewinnen.
Das Bild eines Farbfilms besteht also nicht aus Silber, sondern aus Farbstoffen. Spricht man beim Farbfilm vom Korn, meint man damit Farbstoffe, die sich zusammengeballt haben. Diese sehen unter dem Mikroskop etwas verwaschen aus und werden deshalb auch als Farbstoffwolken bezeichnet.
Beim Negativfilm werden die einzelnen Farbschichten in den Farben ihrer Sensibilisierung entwickelt: Blau, welches die Gelbschicht belichtet hat, erscheint gelb, Grün wird zu Purpur und Rot zu Blaugrün.
Abbildung 4.11: Bildentstehung beim Farbnegativfilm. Blaues Licht belichtet die gelbe Schicht, grünes Licht die purpurne und rotes Licht die blaugrüne. Durch die Entwicklung wird blaues Licht zu Gelb, grünes Licht zu Purpur und rotes Licht zu Blaugrün. Bei der Papierentwicklung erhält man ein Negativ vom Negativ, also ein Positiv.
Der Farbschichtenaufbau des Fotopapiers ist identisch mit dem des Negativfilms. Wenn das Negativ auf das Papier belichtet wird, entsteht ein Negativ vom Negativ, also ein Positiv. Abbildung 4.11 zeigt diesen Vorgang etwas ausführlicher.
Im Papierbild entsteht die Farbe `Weiß\', wenn beim Negativfilm alle drei Farbschichten vollständig belichtet werden. In der subtraktiven Farbmischung ergeben drei vollständig belichtete Farbschichten Schwarz. Das Negativ ist an diesen Stellen undurchsichtig. Beim Vergrößern erhält das Fotopapier von dort kein Licht und bleibt weiß.
Blaues Licht belichtet die gelbe Negativschicht. Das Negativ wird durch den Vergrößerer mit weißem Licht durchleuchtet. Nach dem Durchgang durch das Negativ ist das Licht gelb. Gelbes Licht belichtet auf dem Fotopapier alle anderen Farbschichten außer Gelb, denn dies ist ja deswegen gelb, weil es die gelben Farbanteile des Lichts reflektiert bzw. hindurchläßt und nicht absorbiert.
Somit werden die purpurne und die blaugrüne Papierschicht belichtet. In der subtraktiven Mischung ergeben Purpur und Blaugrün Blau. Das Fotopapier wird unter weißem Licht betrachtet. Die Purpurschicht entzieht dem weißen Licht die grünen Farbanteile. Die Blaugrünschicht entzieht dem Licht die roten Farbanteile. Übrig bleiben die blauen Lichtanteile.
Grünes Licht belichtet die Purpurschicht des Negativfilms. Das Fotopapier wird deshalb purpur beleuchtet. Alle anderen Farbschichten außer der Purpurschicht werden belichtet; das sind die Gelb- und die Blaugrünschicht. Wird das Fotopapier wieder mit weißem Licht beleuchtet, ergeben die Gelb- und die Blaugrünschicht in der subtraktiven Mischung Grün.
Rotes Licht belichtet die Blaugrünschicht des Negativs. Das Fotopapier wird durch das Negativ mit blaugrünen Licht belichtet. Betroffen davon sind die Gelb- und die Purpurschicht, die in der subtraktiven Mischung wieder rot ergeben.
Schwarze Motivanteile belichten überhaupt keine Negativschicht. An unbelichteten Stellen ist das Negativ durchsichtig. Beim Fotopapier werden alle drei Farbschichten belichtet, die in der Mischung schwarz ergeben.
Der Umkehrfilm (Diafilm) hat den gleichen Schichtaufbau wie der Negativfilm. Auch hier belichtet blaues Licht die obere, grünes die mittlere und rotes die untere Schicht.
Die Schwarzweiß-Umkehrentwicklung erfolgt in zwei Schritten. Zuerst wird eine Negativentwicklung vorgenommen. Dann wird der Film diffus zweitbelichtet. Erst daraufhin erfolgt die Farbentwicklung, bei der die Farben durch Farbstoffe erzeugt werden. Abschließend wird das Silber durch Bleichen aus dem Film entfernt.
Farben entstehen in den Schichten, wo kein Negativbild (Silber) durch die Erstentwicklung entstanden ist, sich also noch Silberhalogenide befinden. Diese werden der Zweitentwicklung unterzogen. Die Farbdichte ist um so größer, je mehr Silberhalogenide sich an einer Filmstelle befinden. (Sie ist proportional zur Schwärzung). Das ist der Fall an dünnen Negativstellen der Erstbelichtung.
Rotes Licht hat die Blaugrünschicht belichtet. Dort entstand ein Negativbild (Silber). Folglich werden Farben in der unbelichteten Purpur- und Gelbschicht gebildet. Beim Durchleuchten mit weißen Licht entzieht die gelbe Schicht (der gelbe Farbstoff) die blauen Farbanteile und die Purpurschicht die grünen Farbanteile. Übrig bleiben die roten Farbanteile des Lichts.
Grünes Licht belichtet die purpurne Schicht. Dort entsteht durch die Negativentwicklung ein Silberbild. Die Gelb- und Blaugrünschicht hingegen werden nicht durch grünes Licht belichtet, weshalb sich dort bei der Zweitentwicklung gelbe und blaugrüne Farbstoffe bilden.
Die gelbe Schicht entzieht dem weißen Licht beim Durchleuchten die blauen Farbanteile. Die blaugrüne Schicht entzieht dem Licht beim Durchleuchten die roten Farbanteile. Weil weißes Licht aus den Farbanteilen Rot, Blau und Grün besteht, aber Blau und Rot entzogen werden ist das Licht danach grün.
Die Entstehung der Farbe Blau darf der Leser selbst nachvollziehen, falls er dazu Lust hat. Das Schema sollte nun deutlich geworden sein.
Weil sich das Bild beim Farbfilm nicht aus Silber, sondern aus Farbstoffen zusammensetzt, gibt es für ihn auch keine Schwärzungskurven, sondern Farbdichtekurven. Sie zeigen genauso wie die Schwärzungskurve den Einfluß der Belichtung auf die Filmschicht. Dabei entstehen drei Dichtekurven, für jede Farbschicht eine. Die Kurven beschreiben die Intensität der jeweiligen Farben in Form von Lichtundurchlässigkeit (Dichte), die durch unterschiedlich helles Licht verursacht wird.
Abbildung 4.12 zeigt die Farbdichtekurven eines Negativ- sowie Diafilms. Beim Diafilm verlaufen die Kurven umgekehrt. Schließlich soll wenig Licht eine hohe Dichte verursachen, damit auf dem Dia dunkle Motivstellen auch dunkel sind. Helle Motivstellen dürfen im Dia nur geringe Deckung erzeugen, um hell zu erscheinen.
Abbildung 4.12: Farbdichtekurven. 1. Negativfilm (Agfacolor XRG 100, links). 2. Diafilm (Agfachrome 50 RS Professional, rechts). Damit das Motiv ohne Farbstiche abgebildet wird, müssen die Kurven parallel verlaufen.
Wenn die Farbwiedergabe ausgeglichen sein soll und keine Farbstiche entstehen sollen, müssen alle drei Kurven parallel verlaufen. Sie sollten sogar möglichst deckungsgleich sein. Wenn eine Dichtekurve nach oben verschoben ist, aber ansonsten parallel zu den anderen Kurven verläuft, ergibt sich ein Farbstich mit gleichmäßiger Dichte, der bei Negativfilmen während des Vergrößerns ausgefiltert werden kann.
Liegt z.B. die Gelbkurve oberhalb der Purpur- und Blaugrünkurve, so bedeutet dies, daß blaues Licht einen verhältnismäßig stärkeren Belichtungseindruck hinterläßt. Das Negativ ist dann `gelber\'. Damit das Fotopapier nicht mit zuviel gelben Licht belichtet wird, filtert man es beim Vergrößern mit einen Blaufilter geeigneter Dichte wieder aus. Andernfalls würde das Papierbild blaustichig. Beim Filtern von Farbstichen bei Negativfilmen gilt die Regel: Ein Farbstich auf dem Papierbild wird immer mit einen gleichfarbigen Filter ausgefiltert.
Die Filter von Vergrößerungsgeräten bestehen ebenfalls aus den subtraktiven Grundfarben Gelb, Purpur und Blaugrün. Um ein blaues Filter zu erhalten, kombiniert man ein Purpurfilter mit einen Blaugrünfilter.
Wenn sich die Farbdichtekurven überschneiden, kommt es zu einen kippenden Farbgang, zum Farbkippen. In Abbildung 4.13 verläuft die rotempfindliche Blaugrünkurve bei schwacher Belichtung oberhalb der beiden anderen Farbdichtekurven. Bei stärkerer Belichtung verläuft die Blaugrünkurve unterhalb der Gelb- und der Purpurkurve.
Abbildung 4.13: Farbkippen. Die rotempfindliche Blaugrünkurve verläuft bei schwachen Licht oberhalb, bei starken Licht unterhalb der anderen Farbdichtekurven. Das hat zur Folge, daß dunkle Motivstellen im Papierbild einen Rotstich und helle Motivstellen einen Blaugrünstich aufweisen. Filtert man den Rotsich aus, verstärkt sich der Blaugrünstich und umgekehrt.
Bei schwacher Belichtung dominiert so im Negativ die Farbe Blaugrün, die auf dem Papierbild als Rot erscheint. Bei starker Belichtung dominiert die Mischfarbe aus Gelb und Purpur (Farbstoffe der beiden anderen Farbdichtekurven), also Rot. Rot erscheint im Positiv als Blaugrün. Auf dem Papierbild weisen deshalb dunkle Bildstellen einen Rotstich und helle Bildstellen einen Blaugrünstich auf. Beim Diafilm würde genau das Gegenteil zutreffen: Ein Blaugrünstich in den Schatten (dunkle Bildstellen) und ein Rotstich in den Lichtern (helle Bildstellen).
Beim kippenden Farbgang entsteht ein komplementärer Farbstich (Rot und Blaugrün sind Komplementärfarben), der nicht ausgefiltert werden kann. Um den Farbstich in den Schatten auszufiltern, benötigt man ein Filter in der Komplementärfarbe (Diafilm). Damit verstärkt man jedoch den Farbstich in den Lichtern. Gleiches gilt für den Negativfilm, nur daß dort Farbstiche mit Filtern gleicher Farbe ausgefiltert werden.
Beim genauen Betrachten eines Negativfilms stellt man fest, daß er einen orangefarbigen Überzug hat. Die Farbe kommt von zwei Masken, einer roten und einer gelben. Sie sorgen für reinere und brillantere Farben. Manche Filme haben auch drei Masken. Warum genau braucht man Masken und wie funktionieren diese? Folgende Absätze gehen auf diese Frage ein:
Wenn der Farbfilm oder das Papierbild entwickelt ist, bestehen beide aus drei unterschiedlichen Farbschichten: Gelb, Purpur und Blaugrün. Diese Farbschichten haben die Aufgabe, dem weißen Licht, mit dem das Bild betrachtet wird, gewisse Farbanteile zu entziehen. Dabei soll jede Farbschicht aus dem weißen Licht den zu ihr komplementären Farbanteil `herausziehen\'. Alle anderen Farbanteile sollen reflektiert oder hindurchgelassen werden, also unbeeinträchtigt bleiben. Die Gelbschicht dürfte also nur Blau, die Purpurschicht nur Grün und die Blaugrünschicht nur rotes Licht absorbieren.
In Wirklichkeit absorbieren die Farbschichten aber auch Licht, für das sie eigentlich nicht empfindlich sein dürften. Besonders davon betroffen sind die Purpur- und die Blaugrünschicht. Die Purpurschicht schluckt einen Teil des blauen Lichts weg und nicht nur Grün. Das hat zur Folge, daß sie gelblich erscheint, weil dem Licht nun ein gewisser Blauanteil (Komplementärfarbe zu Gelb) fehlt, der dieses gelbliche Licht `filtern\' würde. Man spricht hier von einer (gelben) Nebendichte, welche die Reinheit der Farbwiedergabe verschlechtert.
Abbildung 4.14 verdeutlicht anhand des Agfachrome 50 RS Professional das Absorptionsvermögen der Schichtfarbstoffe. Man kann erkennen, daß die einzelnen Farbstoffe zwar für ihre Komplementärfarben maximal empfindlich sind, aber auch in geringerem Maße für ihre Nachbarfarben. Die Purpurschicht z.B. ist nicht nur für grünes, sondern auch blaues Licht empfindlich.
Abbildung: Absorptionsvermögen der Schichtfarbstoffe. Die Farbstoffe eines Films absorbieren nicht nur Licht der Komplementärfarbe, sondern auch Licht, das nur ihre Nachbarfarbe absorbieren soll. Die sogenannten Nebendichten führen zu nicht mehr korrigierbaren Farbstichen. Sie können beim Negativfilm jedoch durch Masken kompensiert werden.
Die blaugrüne Schicht absorbiert grünes und sogar blaues Licht. Weniger grünes Licht läßt Purpur stärker dominieren und weniger blaues Licht `verstärkt\' Gelb. Die Blaugrünschicht weist deshalb ein rötliche Nebendichte (Gelb + Purpur) auf.
Im folgenden sollen die Auswirkungen bis auf je ein Beispiel für den Dia- und den Negativfilm nicht detailliert ausgeführt, sondern lediglich aufgezählt werden. Der interessierte Leser kann sich mit Hilfe der bisherigen Kenntnisse die Auswirkungen herleiten.
Beim Farbdiafilm wirken sich Nebendichten nicht so störend aus. Die gelbe Nebendichte des Purpurfarbstoffes filtert einen Teil des blauen Lichtes heraus. Dadurch erscheint Blau verschwärzlicht. Das gleiche gilt für Grün (rötliche Nebendichte filtert Grün). Purpurfarben erscheinen weniger blau. Insgesamt werden die Farbtöne nicht wesentlich verändert.
Schlechter sieht es für den Negativfarbfilm aus. Die Purpurschicht des Negativfilms erzeugt im Papierbild durch Belichten der Gelb- und Blaugrünschicht die Farbe Grün. Beim Durchleuchten des Negativs wird dem Vergrößererlicht aber mehr Blau entzogen als notwendig wäre. Dadurch wird die Gelbschicht des Fotopapiers weniger belichtet. Beim Betrachten des Fotopapiers wird dem Betrachtungslicht weniger Blau entzogen, weil die Gelbschicht des Fotopapiers weniger Dichte aufweist. Somit ist das Grün blaustichig.
Rot erscheint gelbstichig. Blau, Gelb und Purpur weisen eine geringere Farbsättigung auf.
Nebendichten lassen sich nicht durch eine einheitliche Filterung korrigieren. An dichten Negativstellen sind mehr Nebendichten vorhanden als an weniger dichten Stellen. Ein Filter jedoch filtert an allen Stellen mit der gleichen Dichte. Abhilfe schaffen Masken. Sie sind an dichten Stellen weniger dicht und an nicht so dichten Negativstellen dichter. Dabei entsteht ein einheitlicher Farbstich gleicher Dichte in den Farben der Nebendichten, der sich ausfiltern läßt.
Für die Purpurschicht verwendet man eine gelbe, für die Blaugrünschicht eine rötliche Maske. Beide Masken ergeben die typische farbige Tönung des Farbnegativfilm-Schichtträgers.
Eine besondere Sensibilisierung weist der Infrarotfarbfilm auf. Wie der Schwarzweiß-Infrarotfilm zeichnet er für das menschliche Auge unsichtbares, infrarotes (lat. infra = nahebei) Licht zwischen 700 und 900 nm auf. Aufgrund seiner ungewohnten Farbwiedergabe ist er für `kreative Fotografen\' besonders interessant. Man sollte dabei Gelb-, Orange-, Rot- oder Infrarotfilter einsetzen. Auch hier ist es wie beim Schwarzweiß-Infrarotfilm ratsam, vorher das Datenblatt des Filmherstellers genau zu studieren. In der Wissenschaft werden Infrarotfarbfilme zur Erkennung von Baumschädigungen verwendet. Gesunde Bäume erscheinen rot, geschädigte werden blasser wiedergegeben.
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