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informatik artikel (Interpretation und charakterisierung)

Mehr zeit für mehr raum - gemeinschaft in der virtuellen realität


1. Java
2. Viren

Das Leben in einer virtuellen Gemeinschaft wird durch die zunehmende Nutzung der online-Foren immer realistischer. Immer mehr Internetnutzer besuchen die im Netz angebotenen Diskussionsgruppen, in denen jeder seinen Beitrag zu einem spezifischen Thema hinterlassen kann, und welcher später von jedem weiteren Besucher aufgegriffen bzw. wiederverwendet werden kann. Andere kommunizieren synchron in Chatforen, in denen es ebenfalls abertausende Themenangebote gibt, zu denen jedes Chatmitglied seine Meinung mitteilen kann. Die Themenpalette reicht von kulturellen, politischen, wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Inhalten bishin zu sexuellen Interessen. Nicht selten werden diese Chatforen als Flirtgelegenheit benutzt, um wenigstens im digitalen Kosmos die realen Hemmnisse zu überwinden und eine online-Bekanntschaft machen zu können. Meistens benutzen die Chat-Teilnehmer einen falschen Namen für ihre virtuelle Persönlichkeit. Die neu geschaffene Identität ermöglicht ihnen auch ganz neue Verhaltensmuster, die sie in der Realität nicht oder nur beschränkt verwirklichen können.
Die Teilnehmer der Chatforen, die kurz als IRC (Internet Relay-Chat) -Teilnehmer bezeichnet werden, finden immer wieder neue Abspaltungen über Chat-Themen, so daß zunehmend mehr Kanäle angeboten werden müssen. Die Themenpalette wird immer individueller und immer häufiger diskutieren nur noch zwei Individuen auf einem Kanal.
Die Verbreitung der Chatforen verlangte auch ein Ordnungskriterium, an dem sich die Teilnehmer zu halten hatten. Nicholas Negroponte beschreibt dieses als \"Netiquette\", eine Art Verhaltensregel, die den gemeinsamen Umgang in Digitalien einfacher machen soll. Somit war also auch ein gemeinsamer Code für das Zusammenleben in der künstlich geschaffenen Gemeinschaft gefunden worden.
Die IRC´s sind die Vorläufer für die digitalen Spielwelten im Internet. In diesen Welten nehmen die Teilnehmer das Aussehen einer virtuellen Figur an und füllen das Verhalten dieser Figur mit ihrer eigenen Persönlichkeit. In diesen Multi-User-Dungeons (Mud) verkörpern sie einen Teil einer virtuellen Gemeinschaft, in der sie umherlaufen, Bekanntschaften bilden, Häuser kaufen und beziehen oder ganze Familien gründen. Mittels der graphischen Darstellungsmöglichkeiten im Internet bewegen sich die virtuellen Persönlichkeiten in einer animierten Trickwelt, in der die Kommunikation nicht nur über Worte funktioniert, sondern auch über nonverbale Inhalte wie z.B. Kopfnicken oder Augenzwinkern.
Immer mehr Netzreisende verbringen fast mehr Zeit in solchen Netzwelten als an ihrem Arbeitsplatz. Die amerikanische Wissenschaftssoziologin Sherry Turkle vom MIT (Massachusetts Institute of Technologie) hat das Verhalten von Netzreisenden in den Spielwelten jahrelang untersucht. Sie beschreibt auf der Grundlage von Interviews und eigenen Online-Erfahrungen, wie die virtuelle Persönlichkeit eines Mud-Teilnehmers zunehmend an Gleichberechtigung neben der realen Persönlichkeit gewinnt. Die Mensch-Maschine Beziehung gilt ihr als eine Erweiterung des menschlichen Bewußtseins. Ausdruck dafür findet sie in der Idee, daß der Computer die physische Gegenwart eines Individuums erweitert.
Mehr Zeit zu opfern, um einen größeren Raum als unsere physische Wirklichkeit zu entdecken und zu besiedeln, nämlich die unbekannten Welten der digitalen Netze, den Cyberraum mit seinen bis heute unerschöpften Nutzungsmöglichkeiten für jeden Datenreisenden, ist nicht mehr Utopie, sondern schlicht und einfach Realität. So paradox uns das auch erscheinen mag, sosehr müssen wir uns doch an den Gedanken gewöhnen: Die Realität bietet uns nicht mehr den einzigen Raum, in dem ein gemeinschaftliches Leben möglich erscheint.

 
 

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