Typisch für das Instruktionsdesign ist nach BÄUERLE die Übertragung von deklarativem, prozedualem und kontextualem Wissen vom Lehrer auf den Schüler (vgl. Bäuerle, 1999: S.50). Somit steht auch dieser Programmtyp ganz im Zeichen der behavioristischen Lerntheorien. Es ist eine Aufgabe der Instructional Design-Systeme (ID-Systeme), Lehrern nach der Formulierung eines Lernziels entsprechende Methoden vorzuschlagen. REIGELUTH stellt sich die Umsetzung solcher ID-Systeme in der Gestalt von Expertensystemen vor. In diesem Fall stehen solche Systeme in einem engen Zusammenhang zu den Autorensystemen, wobei die ID-Systeme eine Weiterentwicklung darstellen, die es dem Lehrer auf der Basis der kognitiven Lerntheorien ermöglicht, seinem selbst entwickelten Lernprogramm eine Reihe unterschiedlicher Lernmethoden hinzuzufügen. Erst später entwickelten sich ID-Systeme, die auch dem Lernenden zur Verfügung standen.
Das ID ist zu jeder Zeit einer vehementen Kritik unterworfen worden. Einige Vorwürfe sollen an dieser Stelle wiedergegeben werden: Das ID gehört nach SCHULMEISTER zu den kognitivistischen Theorien, dennoch sind Programme, die der Instruktionstheorie folgen von der grundlegenden Idee GAGNES u.a. verschieden. Die Kategorien, die diese Lernprogramme bilden, sind eher "Klassifikationsschemata für Objekte nach dem Muster biologischer Taxonomien mit zusätzlichen kausalen, probabilistischen bzw. korrelationalen Relationen zwischen Handlungen [...], aber keine kognitiven Konzepte im Sinne der kognitiven Psychologie." (Schulmeister, 1997: S.135) Für die Kognitivisten waren die Eigenschafts- und Erklärungsbegriffe eine Art der Zuordnung von Begriffen, die auf Individualität und Subjektivität beruhten. Das Lernprogramm jedoch gibt solche Klassifikationsschemata vor, ohne dass der Lernende darauf Einfluss nehmen kann. Eine ähnliche Kritik vertritt BÄUERLE, der der Ansicht ist, dass "auch modernere, auf den Erkenntnissen der Kognitionspsychologie fußende Ansätze, bei denen die Lernenden möglichst viel von dem, was sie verinnerlichen müssen, auch verstehen sollen, (...) der Theorie des Instruktionalismus [folgen]. Dies bedeutet, dass auch bei kognitivistisch geprägten Lehrmethoden (und somit bei den meisten der heute als "modern" geltenden Lernprogrammen, auch der Mehrzahl der ITS [siehe Kap. 2.2.3.3.]) der Lernende keinen Einfluss darauf hat, was er wann oder wie lernen muss." (Bäuerle, 1999: S.59/60)
Der in AUSUBELS Theorie integrierte Vorgang der Assimilation spricht desweiteren gegen eine Vorgabe von Kategorien, wie ID-Systeme sie ausführen. Neues Wissen wird dabei nicht nur in schon vorhandene Wissensstrukturen integriert, sondern es findet eine Veränderung in der Wissensstruktur statt, wobei auch das neu erworbene Wissen einer Modifikation unterliegt, da es in die Wissensstruktur eingepasst werden muss.
Eine weitere Schwäche der ID-Systeme skizziert SCHULMEISTER folgendermaßen: "Lerntheorien sind per definitionem deskriptiv, Instruktionstheorien per definitionem präskriptiv." (Schulmeister, 1997: S.137) Nach HABERMAS gilt allerdings, "dass Sätze einer deskriptiven Theorie sich nicht in präskriptive Sätze übersetzten lassen." (Habermas, 1970: S. 24) SCHULMEISTER schreibt dazu weiter: "LANDA unterscheidet Propositionen in deskriptiven Theorien mit der Form von Wenn-Dann-Aussagen, von Propositionen in präskriptiven Theorien mit der Form ,in order to ... do this'. Und er macht deutlich, dass Propositionen der letzteren Art nicht durch Transformationen aus Wenn-Dann-Regeln gewonnen werden können." (Schulmeister, 1997: S.138) Demnach ist es also nicht möglich, die Erkenntnisse der kognitiven Lerntheorien so in Instruktionen umzuwandeln, dass zum einen ein symbolverarbeitender Computer in der Lage ist, jene Erkenntnisse darzustellen und zum anderen dem Lernenden durch eine Instruktion ein Sachverhalt erklärt werden kann. Ein Beispiel von LANDA soll diese Ausführungen verdeutlichen: " Instruktionen der Art ,suche ein analoges Problem' oder ,versuche das Problem in kleinere Probleme zu unterteilen' sind heuristische Hinweise an den Lernenden in Problemlösungsprozessen. Sie helfen dem Lernenden, erklären aber nichts. Wenn aber Heuristiken als Instruktionen in ID vorkommen können, dann dürfte klar sein, dass der explanative Gehalt von ID gering ist." (Schulmeister, 1997: S. 138)
Ein weiteres sich stellendes Problem ist die einseitige Ausrichtung von ID-Systemen auf zu erlernende Fähigkeiten. Sollen sie jedoch in der Lage sein, einem Lehrer die Planung seines Unterrichts zu erleichtern, müssten sie auch die Einstellungen der Schüler mit berücksichtigen. Wie SCHULMEISTER schreibt, sind "Psychologische Faktoren wie Ausweichen, Unlust, Lust auf Abwechslung, u.a." nicht nur nicht enthalten, sie sind auch ein "offenes Problem" für die Programmierer solcher ID-Systeme. Eine sich da¬r¬an anschließende Schwierigkeit ist, dass ein ID-System nie eine Gruppe von Schülern betreuen kann, sondern immer nur ein Lernkonzept zur Verfügung stellt. Es ist also nicht in der Lage auf die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen einzugehen. Diese Aufgabe bleibt weiterhin dem Lehrer vorbehalten, da der Lehrer in der Lage ist, ad hoc Entscheidungen in bestimmten Situationen zu treffen, die nicht nur auf der kognitiven Ebene liegen, sondern auch auf psychologischen und sozialen Hintergrundinformationen über seine Schüler beruhen. "Die Varianz, über die ein Lehrer verfügt, ist stets größer als die einer Datenbank oder einer in Form von Regeln geschriebenen Wissensbasis." (Schulmeister, 1997: S.151) SCHULMEISTER geht nicht davon aus, dass ID-Systeme je in der Lage sein werden, einen Lehrer zu substituieren.
Die ID-Systeme gehen nach einem deduktiven Ansatz vor. Hierbei werden aus allgemeinen Lernzielen, Lehrmethoden abgeleitet, die sich dann in einem konkreten Lernprozess manifestieren. Als Deduktionsproblem bezeichneten Schulmeister u.a. die Schwierigkeit, die Lernmethode von den Lernzielen abhängig zu machen. Das ID-System wird dadurch deterministisch und damit behavioristischen Lernprogrammen ähnlich, in denen der Lernende ausschließlich eine reaktive Rolle einnimmt. "Selbst wenn die Instruktionalisten ihre ursprüngliche behavioristische Grundlage verlassen zu haben glauben, steckt in ihnen noch der behavioristische Ansatz, der Lehren als Induktion und den Lernenden als Reagierenden versteht, sowie die Annahme, dass man das Ganze gelernt hat, wenn man die Teile des Ganzen identifiziert und gelernt hat." (Schulmeister, 1997: S. 146) Die Kritik zum Deduktionsproblem ist vernichtend. JONES, LI und MERRILL bezeichnen das ID-System als Indoktrination und SCHULMEISTER bezweifelt die "Freiheit des Pädagogen im Instruktionsdesign." (Schulmeister, 1997: S.146)
Einen Ausweg aus dem Deduktionsproblem suchte man in lernerorientierten Programmen. Nicht mehr der Lehrer sollte im Mittelpunkt des Systems stehen, sondern der Schüler. Aus einem Instruktionsprogramm sollte also wieder ein Lernprogramm im herkömmlichen Sinne werden. Zu einem selbstregulierenden System kann man jedoch erst kommen, wenn die präskriptiven Konzepte der Instruktionstheorien gegen deskriptive Konzepte ausgetauscht werden. Dennoch stellen VERMUNT und VAN RIJSWIJK einen allgemeinen Trend mit zunehmendem Alter hin zu extern-regulierten und reproduktionsorientierten Lernerergebnissen fest. Dies scheint die Reaktion auf das "in ihrer Lernumwelt überwiegende Angebot an expositorischer Instruktion und reproduktiven Lernsituationen" (Schulmeister, 1997: S.149) zu sein. So produziert die Instruktionstheorie ihre eigenen Schüler, die weit von Innovation oder Kreativität entfernt sind. Das eher mechanische Lernen nach AUSUBEL gerät in den Vordergrund. Das sinnvolle, verstehende Lernen scheint durch das ID nicht erreicht zu werden, wie MAYES, DRAPER u.a. bei einer Studie zur Wahrnehmung von Benutzerschnittstellen herausfand. "It seems that the neces-sary information is picked up, used and discarded; it is not learned in the sense that commands are learned. More exactly users retain only enough information for recognition, not the much greater amount required for recall." (Mayes, 1992: S.9/10)
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