Der Reichswirtschaftsminister Hjalmar Schacht hatte anfangs eine Schlüsselposition als
Wirtschaftspolitiker. Ihm war daran gelegen, eine solide, an Konsum- und Absatzmarkt
orientierte Wirtschaftspolitik zu betreiben und Deutschlands internationale Handelsbilanz zu
verbessern. Zur Finanzierung der Staatsaufträge entwickelte er das Konzept der Mefo-Wech-
sel. Über eine eigens dafür gegründete Metallforschungs-GmbH wurden seitens des Reiches
Wechsel ausgestellt, mit denen die Lieferanten bezahlt wurden. Die Einlösung der Wechsel
übernahm die Reichsbank. Die Rückzahlung der Wechsel hatte Schacht genau geplant:\"Nach
fünf Jahren mußte die Rückzahlung der Mefo-Wechsel beginnen, und die dafür erforderlichen
Beträge gingen dem Budget verloren, mußten also auf anderen Aufgabengebieten ausfallen.\"
(K.D.Erdmann, S.133)
Doch nach Schachts 1936 aufgrund seiner Kritik am Vierjahresplan erfolgtem Rücktritt ver-
kündete Walter Funk, sein Nachfolger als Reichswirtschaftsminister, daß diese Wechsel vom
Reich nicht eingelöst, sondern in langfristige Reichsschuldverschreibungen umgewandelt wür-
den. Laut Schacht war dies \"etwas Ungeheuerliches\". Die Wechselunterschrift des Reiches wurde nicht honoriert, und zwar nicht etwa, weil das Reich zahlungsunfähig gewesen wäre, sondern weil das Reich es vorzog, sein Geld für andere Ausgaben, nämlich für die Rüstung zu
verwenden.\"(K.D.Erdmann, S.135) Dieser Protest führte zu Schachts Entlassung aus dem Amt des Reichsbankpräsidenten durch Hitler.
Aus dem Umgang mit dem Zahlungsinstrument Mefo-Wechsel ist deutlich zu ersehen, daß die
NS-Führung an einer soliden Staatsfinanzierung nicht interessiert war.
Unter Schachts Führung gelang es, die deutsche Handelsbilanz trotz großer Probleme, trotz
des zurückgegangenen Anteils Deutschlands am sich wieder belebenden Welthandel, einiger-
maßen ausgeglichen zu halten.
Auch die Kontrolle des Außen- und Devisenhandels handhabte Schacht nach finanzwirtschaft-
lichen Gesichtspunkten. Auch dies stieß zunehmend auf Ablehnung seitens der Naziführung,der Wehrmacht und derjenigen Teile der Großindustrie - z.B. der IG-Farben - , die die Ausweitung der Rüstungspolitik und die Beschaffung der dafür notwendigen Rohstoffe als vorrangig an- sahen
Der Konflikt zwischen produktiven, konsum- und absatzorientierten Wirtschaftszweigen und an der Aufrüstung teilhabenden Industriebereichen spaltete und schwächte die Position der
Industrie insgesamt. Immer stärker wurden industrielle Gruppierungen der Großindustrie, die
ein ganz anderes Ziel hatten als der Reichswirtschaftsminister Schacht. Nicht auf dem Wege des Handels, sondern durch Ausweitung des Reichsgebietes wollten sie den Mangel an De-
visen und Rohstoffen ausgleichen und die unproduktiven Ausgaben für die Aufrüstung pro- duktiv nutzen.
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