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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Synagoga perversa in ecclesiam conversa ..." oder wie es zur zweiten vertreibung der juden aus wien kam, dass einzelne a



SYNAGOGA PERVERSA IN ECCLESIAM CONVERSA ..." ODER WIE ES ZUR ZWEITEN VERTREIBUNG DER JUDEN AUS WIEN KAM, DASS EINZELNE ABER BALD WIEDER ALS "HOFFAKTOREN" ZUGELASSEN WURDEN, UND WIE ES ÜBERHAUPT AN VIELEN DEUTSCHEN FÜRSTENHÖFEN "HOFJUDEN" GAB
Wie es nach der ersten Vertreibung von 1420/21 zur Zulassung von einzelprivilegierten Juden in Wien kam Nachdem Erzherzog Albrecht 1420/21 die Juden ein erstes Mal vertrieben hatte, wurde einigen wenigen "hofbefreiten" Juden wieder die Ansiedlung in Wien gestattet.
Unter Ferdinand II. wurde ihnen (1624) erlaubt, am Unteren Werd (zwischen Augarten und Donaukanal) eine Gemeinde zu bilden. Sie wurden allerdings - wie auch anderswo - verpflichtet, jeden Schabbat eine Predigt zu hören. Diese wurde ihnen im Kloster der Barmherzigen Brüder gehalten.
Daß der Kaiser sich die Aufenthaltserlaubnis gut bezahlen ließ Der Status der als "Hofbefreite" zugelassenen Juden brachte be¬achtliche Privilegien mit sich: Befreiung von Abgaben an Stadt und Land, Befreiung von Maut und Zollabgaben, Befreiung vom Tragen des Judenzeichens, Unterstellung unter die Gerichtsbarkeit des Obersthofmar¬schalls, Aufenthaltsrecht. Daß diese Privilegien keineswegs geeignet wa¬ren, Sympathie auf der Seite der Christen für ihre "jüdischen Mitbürger" zu erzeugen, liegt auf der Hand.
Aber der Sinn der Befreiung von diversen Abgaben war es, die Zah¬lungsfähigkeit der Juden der Hofkammer zu reservieren, denn als Gegenleistung für die genannten Privilegien mußten dem Kaiser bedeu¬tende finanzielle Sonderleistungen erbracht werden. Im Falle der Nichtaufbringung geforderter Summen drohte auch den "Hofbefreiten" die Ausweisung.
Wie Rufe nach neuerlicher Ausweisung laut wurden, denen der Kaiser schließlich entsprach Im Jahre 1668 starb der Kronprinz im Säuglingsalter und der Großteil der Wiener Hofburg fiel einem Brand zum Opfer. Noch Kaiserin Maria There¬sia sollte hinter diesen Schlägen die strafende Hand Gottes vermuten, der solcherart seine Mißbilligung der Zulassung der Juden in Wien kundgetan habe.
Leopold Kolonitsch, der Wiener Neustädter Bischof predigte den Kreuz¬zug gegen die Juden, und die Inquisitionshofkommission legte Kaiser Leopold I. in einem ausführlichen Gutachten, das eine lange Reihe tradi¬tioneller gegen die Juden gerichteter Vorwürfe - von Hostienfrevel bis Spionage für die Türken - enthielt, deren Ausweisung nahe. Schließlich erklärte sich die Stadt bereit, die Hofkammer für den ihr durch eine Aus¬weisung entstehenden Verlust der jüdischen Abgaben zu entschädigen und Kaiser Leopold verfügte tatsächlich in einem Dekret vom 28. Februar 1670 die Ausweisung der Juden aus dem ganzen Land Österreich. Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm nahm 50 Wiener Familien in Bran¬denburg auf. Andere gelangten über Böhmen und Mähren nach Westun¬garn, wo im Lauf der Zeit die "Siebengemeinden" entstanden waren.
Wie die "synagoga perversa" in eine Kirche konvertiert wurde Unmittelbar nach der zweiten Vertreibung der Juden nahmen die Bürger Wiens die Judenstadt in Besitz. Zu Ehren des Kaisers wurde sie fortan "Leopoldstadt" genannt. Die Synagoge (auf dem heutigen Alexander Poch-Platz) wurde in eine Kirche umgewandelt. "synagoga perversa ... in ecclesiam conversa" ist heute noch über dem Portal der Pfarrkirche St. Leopold zu lesen.
Wie die Hofkammer sich bald für eine Wiederansiedlung von Juden aussprach Bereits 1673 sprach sich die Hofkammer in einem Gutachten für eine Wiederansiedlung von Juden aus.
Ihre Ausweisung aus Wien und Niederösterreich bedeute für den Staat einen jährlichen Verlust von 40.000 Gulden. Durch die Reduktion der Bevölkerung habe sich eine Reduktion des Konsums ergeben, die negative Auswirkungen auf die Steuerfähigkeit der Produzenten habe. Die jährlich 20.000 Gulden ausmachenden jüdischen Toleranzgelder bezahle zwar nun die Stadt Wien, müsse dies jedoch auf die Bürger abwälzen, die bereits durch den Entgang an Mietzins und durch zurückgegangenen Konsum erheblich geschädigt seien.
Die sich aus der Ausweisung der Juden insgesamt ergebenden Verluste wurden mit 500.000 Gulden beziffert.
Besonders schwer traf die Hofkammer, daß die Juden als Mittler zwischen Geldgebern und -nehmern wegfielen. Früher hätten durch jüdische Ver¬mittlung innerhalb von 24 Stunden 50-100.000 Gulden für die Kammer aufgetrieben werden können, wobei die Juden daran nur ein Trinkgeld verdient hätten. Nun könne man innerhalb mehrerer Wochen kaum 10-15.000 Gulden auftreiben und die Vermittler solcher Darlehen bean¬spruchten zehnmal mehr an Verdienst als die Juden.
Wie Samuel Oppenheimer zur Lösung von organisatorischen und finanziellen Problemen herangezogen wurde Zur Lösung von organisatorischen und finanziellen Problemen des Heeresnachschubs wurde - bereits zwei Jahre nach der Vertreibung der Juden aus Wien (1670) - Samuel Oppenheimer herangezogen. Als Jude, dessen Aufenthaltsprivileg allein von seiner Nützlichkeit im Sinne der Staatsinteressen abhing, war er leicht erpreßbar. Eine halbjährige Haft zwang ihn, die Türkenkriege zu finanzieren, ohne daß man ihm die bis dahin aufgelaufenen Schulden bezahlt hätte und ohne ihm für neue Lieferungen Bürgschaften zu geben.
Der sagenhafte Reichtum, der Oppenheimer nachgesagt wurde, ist eine Legende. Sagenhaft war nur sein Kredit. Persönlich stand er mehrmals am Rande des Ruins. Oppenheimers Außenstände wurden vielfach Jahre hin¬durch nicht beglichen und wuchsen auf enorme Beträge an.
Als die Verrechnungen zwischen ihm und der Hofkammer zu einem undurchdringlichen Dickicht geworden waren, ließ der Kaiser seine Forderungen überprüfen und sicherte ihm sodann zu, daß man ihm bis 1694 jede Schuld dem Ärar gegenüber streichen werde. Samuel Oppenheimer starb 1703. Als sein Sohn Emanuel, der die Geschäfte weiterführte, einige Posten aus Geschäften, die 20 Jahre zurückla¬gen, nicht belegen konnte, wurde der Firma bis zum Jahr 1694 eine Schuld von 1,5 Millionen Gulden an die Hofkammer berechnet.
Wie die Oppenheimers und andere ausgewiesen wurden, als ihr Kredit ausgeschöpft war Als der Kredit Emanuel Oppenheimers ausgeschöpft war, legte man ihm eine ziemlich willkürlich erstellte Rechnung vor, nach der er dem Ärar 4,1 Millionen Gulden schuldete. Damit war sein Ruin be¬siegelt. Emanuel Oppenheimer starb 1721. Der Staat brauchte an einer Verlängerung des Aufenthaltsprivilegs für seine Familie kein Interesse mehr zu haben. Oppenheimers Witwe starb 1738 und hin¬terließ ein Barvermögen von 10 Gulden und 38 Kreuzern.
"Wir, Karl der Sechste von Gottes Gnaden Erwählter Römischer Kayser ... geben euch hiemit gnädigst zu vernehmen ... daß weilen des abgeleib¬ten HofJuden Emanuels Oppenheimers verliehen Landsfürstliche Privile¬gium in hiesiger Unserer Residentzstadt Wien mit seiner Familia stehen zu dörffen den zweyten künftigen Monats Junii dieses Jahres sich endiget und Wir um sothanes Privilegium weiters zu prolongieren nicht gemeinet seynd, sondern alle unter diesem Schutz gestandene Juden nemlichen Judith Oppenheimerin Wittib, Wolf Moyses Oppenheimer, Löw Oppen¬heimer, Lehmann Hertz, Emanuel Drach und Löw Manasses mit all de¬ren Familien, wie auch alle andere ohne Privilegio oder Schutz dahier eingeschlichene und sich aufhaltende Juden von hier abgeschafft wissen wollen."
Nach Samuel Oppenheimers Tod wurde Samson Wertheimer, der mit ihm durch Heirat verwandt war, zum Hoffaktor ernannt (1703). Das Privileg, das seinen und seiner Familie freien Aufenthalt in Wien bis 1735 garan¬tierte, bestätigt die "viell Millionen ... verschafften paren Geld", die er für den spanischen Erbfolgekrieg aufzutreiben gewußt hatte, sowie die "Bestreittung unzählig anderer extraordinari Hoff und Kriegserforder¬nissen". Samson Wertheimers Sohn Wolf geriet durch seine Geschäfte mit dem bayrischen Hof in größte Schwierigkeiten, da das Kurfürstentum seine Zahlungsverpflichtungen ihm gegenüber nicht einhalten konnte und schließlich - ähnlich wie im Fall Oppenheimers - die ganze Schuld in Frage stellte. Wertheimer mußte sich mit der Begleichung eines Bruchteils seiner Außenstände zufrieden geben. "... weil ich sonst lebenslang zu keinem Ende hätte gelangen können", schreibt er in seinem Testament.
Daß jüdische Hoffaktoren zu jener Zeit an vielen deutschen Fürstenhöfen in Verwendung standen In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts und im 18. Jahrhundert waren jüdische Hoffaktoren eine an vielen deutschen Fürstenhöfen anzutreffende Erscheinung. Es gab kaum eine Aufgabe, die jüdische Hoffaktoren als Financiers, Finanzberater, Organisatoren des Hee¬resnachschubs usw. nicht zu übernehmen bereit gewesen wären. Hät¬ten sie diese Bereitschaft nicht gezeigt, so hätten sie nicht das Auf¬enthaltsrecht für sich und eine beschränkte Anzahl von Angehörigen und Brotgenossen erhalten. Von jüdischen Hoffaktoren konnte sich also der Fürst höhere Effizienz und Risikobereitschaft versprechen, als von christlichen, denn die Juden hatten keine Wahl. Die Stellung des Hoffaktors barg die Möglichkeit raschen gesellschaftlichen Auf¬stiegs und noch rascheren Falls in sich.
Vom Schicksal des "Hofjuden" hing meist das Schicksal der ganzen jüdischen Gemeinschaft ab, das Schicksal all der Juden, von denen die Quellen nicht viel zu berichten wissen, die allerlei nicht zünftige Berufe ausübten oder solche, die das jüdischreligiöse Leben erfor¬derte, wie Schächter, Lehrer, Arzt, Prediger/Rabbiner, Tora- und Gemeindeschreiber.
Daß "Jud Süß" - Joseph Süß Oppenheimer den "Hofjuden" schlechthin verkörpert, und daß seine Geschichte von den Nazis zu einem Hetzfilm verarbeitet worden ist Der "Hofjude" schlechthin war Joseph Süß Oppenheimer, der in den Diensten des Prinzen Karl Alexander von Württemberg stand. Er entledigte sich seiner vielfältigen Aufgaben zur vollen Zufrieden¬heit seines Herrn. Denn dieser empfahl ihn dem Erbprinzen von Hes¬sen mit den Worten: "Dieser Mann ist ein solch Subjektum, dessen sich Leuthe Unseresgleichen mit gutem Vorteil bedienen können."
Der Herzog war wohl ein glänzendes militärisches Talent, die Herzogs¬würde und die damit verbundenen Aufgaben aber waren ihm nach dem Tod Eberhard Ludwigs einigermaßen unerwartet zugefallen, da er nur einer Seitenlinie des Herzogshauses angehörte. Von Wirtschaftspolitik verstand Karl Alexander nichts und verließ sich diesbezüglich auf den Rat seines Hoffaktors.
Zur Sanierung der zerrütteten Staatsfinanzen riet Joseph Oppenheimer dem Herzog zu innovativen und Sparmaßnahmen und machte sich damit gleichermaßen bei den Zunfthandwerkern, die die Errichtung neuer Ma¬nufakturen nicht schätzten, und bei den Adligen unbeliebt, die etwa durch die Auflösung einer repräsentativen aber militärisch bedeutungslosen Gar¬deformation ihre Pfründe verloren.
Oppenheimer war ein Mann von Welt und ließ die Demut vermissen, die ihm und seinesgleichen nach der Auffassung seiner Widersacher zukam. Er kleidete sich nach der Mode seiner Zeit, besaß eine Gemäldesammlung und eine umfangreiche Bibliothek. Als im Jahre 1737 Karl Alexander starb, war auch seine Zeit gekommen: Joseph Süß wurde des Hochverrats bezichtigt und zum Tod am Galgen verurteilt. Der wichtigste Anklagepunkt warf Oppenheimer vor, daß er einige Monopole an jüdische Kaufleute übertragen lassen hatte.
Die Nazis griffen diesen historischen Stoff auf und verarbeiteten ihn zu dem Hetzfilm "Jud Süß". Einer der Angeklagten im ersten Auschwitz-Prozeß in Frankfurt schilderte die Wirkung des Films mit folgenden Worten: "Uns wurden damals Filme gezeigt wie 'Jud Süß' und 'Ohm Krüger'. An diese Filme kann ich mich noch erinnern. Was für Folgen das hatte für die Häftlinge. Die Filme wurden der Mannschaft gezeigt. Und wie haben die Häftlinge am nächsten Tag ausgesehen!"

 
 

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