o Bei den Wahlen 1970 erreichte die SPÖ, unter Bruno Kreisky, die relative Mehrheit. Gründe waren Wahlversprechen der SPÖ (Präsenzdienstzeit von 9 auf 6 Monate) und die Steuerpolitik der Regierung Klaus. Kreisky bildete nach gescheiterten Verhandlungen mit der ÖVP eine Minderheitsregierung.
o 1971 wurde eine Wahlrechtsreform durchgeführt, bei welcher die Mandatszahl erhöht und die Wahlkreise den Bundesländern angeglichen wurde.
o Da Meinungsumfragen die absolute Mehrheit der SPÖ erwaten liessen, wurden für Oktober 1971 Neuwahlen angesetzt. Sie erreichte die absolute Mehrheit und konnte diesen Erfolg 1975 und 1979 wiederholen.
o Die "Chancengleichheit" brachte die Schülerfreifahrt sowie gratis Schulbücher und das Schulunterrichtsgesetz wurde beschlossen. Auch das Familienrecht wurde reformiert, es verbesserte die gesellschaftliche Stellung der Frau. Da die Sozialpartner diesen Reformen zustimmten, wurde Österreich als "Insel der Seligen" bezeichnet.
o Im Herbst 1972 kam es zu Problemen, da in Kärnten zweisprachige Ortstafeln angebracht wurden. Deutsch-national eingestellte Kärntner montierten die Ortstafeln wieder ab ("Ortstafelsturm"), was Gegendemonstrationen der Slovenen hervorrief - auch Yugoslavien protestierte. Erst das Volksgruppengesetz von 1976 regelte die Rechtsstellung der Slovenen, Kroaten, Ungarn, Slovaken, Czechen und Roma.
o Die Debatte um die Fristenlösung (straffreier Schwangerschaftsabbruch bis zum dritten Monat) kennzeichnete die erste Legislaturperiode Kreiskys. Diese Forderung wurde erst durch einen Beharrungsbeschluss des Nationalrats zusammen mit einem neuen Strafgesetz angenommen.
o 1975 kam es in Wien während einer OPEC-Sitzung zu Geiselnahmen durch Palästinenser. Auch der Anschlag auf eine Wiener Synagoge und Mord am Wiener Stadtrat Heinz Nittel (1981) ging auf das Konto einer Palästinenser-Organisation.
o Anfang der Achtziger häuften sich aber die Rückschläge für den "Journalistenkanzler", die Arbeitslosenzahlen stiegen trotz zunehmender Staatsverschuldung. Ausserdem schwächten eine Reihe von Korruptionsaffären und Skandalen die gesamte SPÖ. 1983 erhielt die SPÖ nur mehr die relative Mehrheit, daraufhin trat Kreisky als Kanzler und als Parteivorsitzender zurück. Sein Nachfolger, Fred Sinowatz (BK 1983-86), bildete mit der FPÖ, unter Norbert Steger, eine Kleine Koalition.
o Die Bundespräsidentenwahl 1986 rückte Österreich weltweit in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Kurt Waldheim (ÖVP, BP 1986-92) wurde vorgeworfen, seinen Militärdienst auf dem Balkan verschwiegen zu haben - dadurch wurde ihm eine Beteiligung an Kriegsverbrechen unterstellt. Das eigentliche Problem, das im Rahmen des Wahlkampfes auftrat, ist der noch immer nicht bewältigte Antisemitismus und die Verdrängung. Waldheims Amtszeit war von einer aussenpolitischen Isolation geprägt.
o Als Jörg Haider 1987 zum Vorsitzenden der FPÖ gewählt worden war, erklärte Franz Vranitzky (BK 1986-97) die Kleine Koalition für beendet. So bildete die SPÖ eine Grosse Koalition mit der ÖVP, unter Alois Mock. Mocks Nachfolger, Josef Riegler, wurde wegen massiven Verlusten bei den Nationalratswahlen 1990 durch Erhard Busek ersetzt.
o In den Siebzigern konnte Österreich die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme besser lösen als andere Staaten. Exporterfolge der Industrie, ein florierender Fremdenverkehr, leistungsfähige Klein- und Mittelbetriebe, der rasche Strukturwandel und der soziale Frieden führten zu einem hohen Lebensstandard. Da die Staatsverschuldung aber nicht durch einen ausreichenden Wirtschaftsaufschwung eingedämmt wurde, wollte sie die Regierung ab 1986 durch Einsparungen bekämpfen. Statt neuerlichen Steuererhöhungen gab es eine Steuerreform.
o Österreich konnte sich aufgrund seiner Neutralität nicht an der 1957 gegründeten EWG beteiligen. 1960 wurde aber die EFTA mit Beteiligung Österreichs gegründet. 1972 wurde ein Assoziierungsvertrag zwischen Österreich und der EG unterzeichnet. Anfang 1994 fanden Österreichs Verhandlungen mit der EU ihren erfolgreichen Abschluss. In einer Volksabstimmung Mitte 1995 stimmten 2/3 der Bevölkerung für den Beitritt.
o Mit AM Waldheim begann eine weltpolitische Öffnung, welche durch Kreisky fortgesetzt und ausgebaut wurde. Kreisky stellte sich auch als Vermittler im Nahen Osten zur Verfügung.
o Wien spielte auch eine wichtige Rolle als Tagungsort. 1961 traf sich JFK mit dem sovietischen MP Chruschtschov. 1979 unterzeichneten Jimmy Carter und Breschnev ein Rüstungsbegrenzungsabkommen in Wien. Österreich nahm aktiv an der Lösung verschiedenster Probleme, von Afghanistan bis zu Mittelamerika, teil. Es erkannte als erster Staat die neuen Republiken Slovenien, Kroatien und Bosnien-Herzegovina an.
o Die Sicherheitspolitik Österreichs hat das Ziel, die Bevölkerung, die Grundwerte des Staates und die immerwährende Neutralität gegenüber allen Bedrohungen zu verteidigen. Nach Abschluss des Staatsvertrages wurde ein Bundesheer mit allgemeiner Wehrpflicht installiert. 1995 trat Österreich der NATO-Partnerschaft für Frieden bei und arbeitet damit verstärkt an der europäischen Sicherheitspolitik. Ein Beitritt zur NATO wurde zwar diskutiert, aber aufgrund der Neutralität Österreichs abgelehnt.
o Der "Ölschock" 1973 bewirkte schon ein Umdenken in Fragen der Energiegewinnung, zeigte aber auch die Grenzen des Wachstums auf. Gegen Ende des Jahrzehnts stieg das Umwelt- und Energiebewusstsein. Es richteten sich Protestbewegungen gegen den Bau von Autobahnen, Schnellstrassen, Fabriken und Kraftwerken. 1978 sprachen sich 50,5% gegen die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Zwentendorf aus. Daraufhin beschloss der Nationalrat ein Atomsperrgesetz im Verfassungsrang. Die Debatte um den Bau von Kraftwerken wird aber inzwischen weitergeführt. Österreich nahm 1985 mit der Einführung von Katalysatoren für Neuwagen eine Vorreiterrolle ein.
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