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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Österreich 1938 - 1945



Umbruch Am Freitag, 11. März 1938, kam es zum Höhepunkt der politischen Spannung in Österreich. Der Bundeskanzler Schuschnigg setzte eine allgemeine Abstimmung für den folgenden Sonntag an, durch die das österreichische Volk seine Regierung wählen sollte. In den Straßen herrschte reges Treiben, besonders in Geschäften, die rot-weiß-rote Bänder oder Fahnen verkauften. Jene für Österreich symbolischen Farben standen dem Hakenkreuz gegenüber, welches hauptsächlich von der Jugend getragen wurde. Um 7 Uhr abends gab Schuschnigg weinerlich über Radio bekannt, dass der Einmarsch der deutschen Truppen soeben begonnen hatte und besser kein Widerstand zu leisten wäre. "Gott schütze Österreich." Die Bevölkerung war wie betäubt. Erstmals machten sich "Heil Sieg" und "Juda verrecke"-Rufe breit.
Zwei Tage nach dem Umbruch begannen die Qualen der jüdischen Bevölkerung. Immer neue sadistische Martern wurden erdacht, um die Juden sowohl körperlich als auch seelisch zu quälen. Zu Beginn wurden Juden und Jüdinnen aller Altersklassen zum Reinigen der Straßen herangezogen, wobei sie den Spott und Hohn des Mobs ertragen mussten. Weiters mussten sie die Krückenkreuze, die der Vaterländischen Front als Wahlpropaganda dienten, entfernen und Inschriften wegreiben. Wer sich weigerte, bekam Schläge.
Sogenannte "Illegale" glaubten das Recht zu besitzen, alles tun zu dürfen. Sie hatten jeder einen Hausjuden, auf den sie es zumeist aus Rache abgesehen hatten. Hierbei handelte es sich oftmals um Erpressung für einen Bestätigungsschein für bezahlte Schulden. Auch Einbrüche standen an der Tagesordnung.
Als der Führer nach Wien kam, musste alle Arier in den von ihm passierten Straßen, die strengstens bewacht wurden, Aufstellung nehmen. Blumenwerfen als Begrüßung war verboten, da man darunter eine Bombe fürchtete.
Drei Tage nach Umbruch begannen die Requisitionen. Autos und Motorräder wurden in Beschlag genommen und an Burschen verteilt. Rechnungen für Reparaturen oder Benzin wurden aber weiters an die alten Besitzer geschickt. In jüdischen Geschäften fand tagtäglich die Beschlagnahmung von Waren statt. Sogar Arbeitslose durften sich hierbei gratis bereichern.
Über Radio wurde bekannt gegeben, dass ein gewisser Fitztum zum Polizeipräsidenten ernannt wurde. Nach dem Mord am Cousin von Chas Kelfeit floh Fitztum zusammen mit seinem Freund Glass nach Deutschland, wo beide als Helden aufgenommen wurden. Als Belohnung für das Bombenwerfen auf Unschuldige bekam Fitztum nun seinen Posten, Glass erhielt eine chemische Fabrik eines Juden und Globocnig, der die Bombe für Fitztum gebaut hatte, wurde Gauleiter von Wien.


Die Qualen der Juden

Die folgenden Tage waren in Wien ereignisreich. Die Auslagen jüdischer Geschäfte wurden mit Spottbildern beschmiert und große Plakate wie "Judengeschäft" oder "Arier kauft nicht bei Juden" angebracht. Arier wollten schon noch weiters bei Juden kaufen, doch fürchteten sie eine Anzeige, falls sie gesehen wurden. Deshalb patrouillierten ständig SA-Leute durch die Straßen, um Versuche bei Juden zu kaufen zu vereiteln.
Um 4 Uhr stand vor jedem Geschäft ein Jude mit der Tafel "Arier kauft nicht bei Juden", wobei wirklich kein noch so kleines Geschäft übersehen wurde. Die Aufpasser dieser Juden waren Jünglinge von 18 Jahren mit Hakenkreuzbinden. Um jene Juden noch weiters zu demütigen, mussten diese sogar mit den schweren Tafeln turnen. Eine Frau, die bei einem Einkauf in einem jüdischen Geschäft erwischt wurde, musste die Tafel "Arisches Schwein, kauft bei Juden ein" tragen, wurde anschließend durch die Straße geschleift und musste letztendlich zwei Stunden lang auf einem Sessel in einem Schaufenster sitzen. Passanten wollten sich in Patriotismus übertrumpfen und sich als Hüter der Nation aufspielen, indem sie die Auslage anspuckten.
Tausende von Juden mussten in der Hauptallee solche Tafeln schleppen, wurden mit Fackeln flankiert und gezwungen zu schreien: "Wir sind dreckige Juden, wir gehören nach Palästina!" Vor Gast- und Kaffeehäuser hingen Zettel wie "Jüdische Gäste unerwünscht" oder "Hunden und Juden ist der Eintritt verboten".
Eines Tages um 10 Uhr morgens wurden alle jüdischen Männer aus den Häusern geholt, mussten in der Hauptallee sich selbst beschimpfen und am Boden durch Staub robben. Wer keine Kraft mehr hatte, wurde mit Stahlruten auf den Kopf geschlagen, dass das Blut in Strömen floss. Als Folge war das nahe gelegene Spital der Barmherzigen Brüder wegen Knöchelbrüchen, Gehirnerschütterungen, etc. überfüllt.
Juden wurde sogar verboten, in Parkanlagen zu gehen, Bänke oder Schwimmbäder zu benützen, denn sie sollten das Reich verlassen. Immer wieder wurden so neue Methoden erdacht, Juden körperlich und seelisch zu misshandeln und auszurauben. Dies war für viele Grund genug, in den freiwilligen Tod zu gehen.



Razzien und Dachautransporte

Weiters verbreiteten Razzien, die von der Polizei durchgeführt wurden, große Furcht. Politische Leute wurden in sogenannte Schutzhaft genommen und teils nach Dachau teils in Polizeigefangenenhäuser und in Landesgerichte gebracht. Straßen wurden abgesperrt und jeder musste seinen Ausweis vorzeigen. Waren genügend Juden aufgegriffen, wurde ein Dachautransport organisiert. So wurden tausend Unschuldige verschleppt, deren Schicksal grauenhaft war. Acht Tage später kamen die ersten Urnen mit den sterblichen Überresten der "auf der Flucht" Erschossenen nach Wien zurück. Das Ziel der Nazis war, die Juden abzuschrecken und dazu zu bewegen, die Grenzen zu verlassen ohne Hab und Gut mitzunehmen.
Gleich nach Umbruch versuchten viele Juden durch Verwandte ein Affidativ (Bürgerschaftserklärung) zu erlangen, zumeist für die USA. Das amerikanische Generalkonsulat war nächtelang belegt, ebenso wie alle anderen Konsulate. Oftmals war es jedoch vergeblich, da alle Länder die Einreise für Juden sperrte.
Alle Wiener Firmen mussten bis 31. Mai sämtliche jüdischen Angestellten entlassen. Jeder Arbeitslose, der sich einmal illegal für den Nationalsozialismus betätigt hatte, sei es Bombenwerfen oder Stinkbomben legen oder sei es Drähte in Telefonzellen abschneiden, wurde zum Kommissarischen Leiter in einem jüdischen Geschäft, welches er nach Belieben wählen konnte. Dort hatte er jede Vollmacht und durfte als einziger neue Angestellte aufnehmen. Dem tatsächlichen Inhaber wurde nach seinem Ermessen ein Monatslohn nach seinem Gutdünken ausbezahlt. Weiters hatte er den Geschäfts- und Kassenschlüssel und bestimmte, an welche Kunden verkauft wurde. Das eigene Gehalt betrug zwischen Reichsmark 250,- bis 3000,- pro Monat. Das Ziel der Kommissare war, die ursprünglichen Inhaber der Betriebe und Geschäfte nach Dachau zu bringen. Dies war nicht allzu schwer, da man jenen lediglich der Steuerhinterziehung bezichtigen musste, ohne weiteren Grund anzugeben.
Am 27. Mai 1938 wurde die Verordnung erlassen, dass jeder Jude rückwirkend per 27. April sein gesamtes Vermögen im In- wie im Ausland über RM 5000,- anzumelden hatte. Das bildete die Basis für spätere Beschlagnahmungen im November, da die Nazis schon seit Mai die Absicht hatten, allen Juden ihr gesamtes Vermögen wegzunehmen, man suchte nur nach einer Gelegenheit.
Eine weitere Demütigung der Juden waren Tempelplünderungen. Im Prater wurden mitten im Gottesdienst die dortigen Gemeinden überfallen und die Einwohner blutig geschlagen. Tempeleinrichtungen wurden verbrannt und Gebetbücher zerrissen. Ein 70 jähriger Jude wurde auf offener Straße überfallen, die Arme wurden ihm nach hinten gebogen und sein Bart abgeschnitten, jedoch nicht ohne Blutspuren zu hinterlassen, sodass man von weitem sein Geschrei hören konnte.
Eines Tages wurden acht bebarte Juden um sieben Uhr früh ins Kommissariat Leopoldsgasse gebracht, um Autos zu waschen, wobei sie bis fünf Uhr am Nachmittag keine Nahrung bekamen. Dabei wurden sie von Fotografen des "Stürmers" fotografiert, die die Menschen mit Schwindelbildern verblenden wollten. Ein alter Jude musste mit einem jungen Mädchen vor einer Mainl-Filiale eingehängt stehen. Am Tag darauf war im "Stürmer" folgendes zu lesen: "Dieser alte Rasseschänder mit seinem neuen Opfer".
Bei allen Qualen der Erwachsenen mussten doch die Schicksale der jüdischen Kinder am grausigsten gewesen sein. Sie durften von Christenkindern beschimpft, angespuckt und geschlagen werden. Christenkinder wurden mit Dolchen ausgestattet und lernte mit Freude neue Lieder wie "Wenn's Judenblut vom Messer spritzt" oder "Heute gehört uns Deutschland und morgen die ganze Welt".
Alle Christlichen Dienstmädchen, die bei Juden bedienstet waren, mussten bis 1. August ihre Stellung verlassen.

Dies war die gesamte Situation, in welcher sich die Menschen damals befunden haben. Man war sich einfach nicht sicher, wenn man von zu Hause wegging, ob man wieder zurückkommen werde.

 
 

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