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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Spanien - die römer



Der ungestüme Selbständigkeitsdrang der einzelnen iberischen Stämme, der dazu führt, daß sie in ständiger Furcht voreinander schweben und immer wieder übereinander herfallen, ließ es den Römern ein Leichtes sein, die Stämme nacheinander zu besiegen und obwohl es lange gedauert hat, über 200 Jahre, lag ihnen schließlich das ganze Land zu Füßen. Strabo III 4, 5:

[...] dass Diese in kleine Theile und Staaten zersplittert waren, die aus Selbstgenügsamkeit in keiner Verbindung mit einander standen, und deshalb gegen auswärtige Angreifer kraftlos blieben. [...] Und selbst die die Romaner, welche wegen dieser Herrschaft die Iberer stets theilweise bekriegten, haben viel Zeit darauf verwendet, jetzt Diese dann Jene zu unterjochen, bis sie etwa nach zweihundert Jahren, ja wohl noch später, Alle zur Unterwerfung brachten. [...]
Relativ schnell vollzieht sich der Eroberungsprozeß im Osten und im Süden, wo langjährige Erfahrung die Einheimischen sowohl an den Gedanken der Fremdherrschaft als auch an die Achtung vor der Zivilisation, die im allgemeinen mit der Fremdherrschaft verknüpft ist, gewöhnt hat. Dort liegen auch die Schätze, die der unmittelbare Lohn, wenn auch nicht das unmittelbare Ziel des Sieges der Römer über Karthago sind. Strabo III 2, 8:
[...] mit so vielen Gütern ausgestattet ist, so darf man nicht weniger, ja wohl noch mehr, die Ausbeute seiner Bergwerke rühmen und bewundern. [...] Denn weder Gold noch Silber, weder Kupfer noch Eisen wird, so viel bis jetzt erkundet ist, nirgends in der Welt weder in solcher Menge noch solcher Güte erzeugt. [...]
Der Ausbau dieses Sieges treibt die Römer ins Innere des Landes. Den Stämmen mag der Zusammenhalt fehlen, der für einen großen Krieg von Nöten ist, aber guerilla-Krieg, ist ein iberischer Ausdruck für eine bestimmte Strategie, die zum erstenmal auf der Halbinsel in dem besonders günstigen Terrain des zentralen Hochlandes entwickelt wurde und sich für die römischen Heerführer als äußerst beschwerlich und kostspielig erweisen sollte.
Im Jahre 197 v. Chr., neun Jahre nach dem Fall Karthagos, als bereits klar geworden ist, daß die neuen Herren die Absicht haben zu bleiben, fegt eine Aufstandswelle durch die besetzten Gebiete von Tartessus bis zur Nordostküste. Zwei Jahre später ist mit der Ankunft weiterer Legionen die Situation gerettet. Der Kleinkrieg geht weiter. Erneute Vorstöße bringen die Römer mit den ungebändigten und gefürchteten Lusitaniern und Keltiberern in Berührung. Bis zum Jahre 179 v. Chr. sind 150.000 Mann aufgeboten zur Eroberung der Provinz, deren Kampfgeist Rom gezwungen hat ein stehendes Heer zu schaffen. Strabo III 3, 3:

[...] ist Lysitania, von allen Iberischen Völkerstämmen der grösste, und von den Romanern die längste Zeit bekriegt. [...]

Strabo III 3, 5:
Die Lysitaner, sagt man, sind nachstellig, auskundschaftig, hurtig, leicht, gewandt im Angriff. Sie tragen einen kleinen [...] Schild, [...] Ausserdem einen Dolch oder Säbel. Die Meisten haben Leinwandspanzer; Wenige bedienen sich der Kettenpanzer und Buschhelme, die Uebrigen nur Riemenhelme. Das Fussvolk trägt auch Beinharnische. Jeder führt mehrere Wurfspiesse; [...]
Sehr bald darauf wurde der Friede brutal zerschlagen. Im Jahre 154 v. Chr. entfesselt ein neubegründeter lusitanischer Bund eine allgemeine Erhebung, die den starken Römerheeren eine Niederlage nach der anderen zufügt. Zweimal müssen die römischen Befehlshaber um Frieden bitten. Da Rom diese demütigenden Verträge nicht unterzeichnen will, sind seine Heerführer zu noch schlimmeren Demütigungen gezwungen. Sie müssen zu Meineid, Verrat und Metzeleien greifen, um einen Feind in die Knie zu zwingen, der seine Stärke darin sieht, daß er sich nie geschlagen geben will.
Mit zwei Gegnern hatten es die Römer vor allem zu tun. Einmal ist das der Stamm der Lusitaner im Südwesten der Halbinsel. Hier erhält der schon 154 v. Chr. begonnene Kampf im Jahre 147 v. Chr. einen neuen Auftrieb durch die Person des Viriatus. Er ist ein bedeutender Mann, tapfer und umsichtig. Jahrelang hält er die Römer in Atem. Er dringt tief in das Gebiet der südlichen Provinzen ein und gewinnt auch im Inneren Spaniens viele Anhänger. Siege und Niederlagen lösen sich ab. Der Kampf ist erst zu Ende, als er 139 v. Chr. nicht ohne Zutun der Römer von einigen Männern aus seiner Umgebung ermordet worden ist. Nach seinem Tod müssen sich auch die Lusitaner fügen. Das Gebiet der römischen Provinz erstreckt sich nunmehr in breiter Front bis an die Küste des Atlanischen Ozeans.

Ein zweiter Kriegsschauplatz entsteht im Zusammenhang mit den Erfolgen des Viriatus ab 144 v. Chr. bei der Verteidigung der Stadt Numantia. Im Jahre 134 v. Chr. beauftragen die Römer Scipio Aemilianus mit einer Heeresmacht von 60.000 Mann die Stadt zu belagern. Die Zahl der Verteidiger betrug 4.000 Mann. Nachdem er ringsumher Befestigungen errichtet und die gesamte Zufuhr abgeschnitten hat, kann er nach 16 Monaten eine Trümmerstätte betreten. Strabo III 4, 13:

[...] ihre berühmteste Stadt ist Nomantia. Im zwanzigjährigen Keltiberischen Kampfe mit den Romanern haben sie ihre Tapferkeit bewährt. Denn viele Heere zusammt ihren Anführern wurden vernichtet; zuletzt noch hielten die belagerten Nomantiner standhaft aus, bis auf Wenige, welche die Stadt übergaben. [...]
Mit Ausnahme der Gebirgslandschaften im Nordwesten ist Spanien nun unterworfen.
Im Jahre 81 v. Chr. begibt sich Sertorius auf die Halbinsel. Er ist dorthin eingeladen worden, entweder von den noch immer aufsässigen Lusitaniern oder von der jetzt schon recht zahlreichen Mischbevölkerung, die, wie er selbst, von römischen Vätern und iberischen Müttern abstammt. Diese Gruppen sind wütend darüber, daß man ihnen den vollen Status römischer Bürger verweigert und sehen in den Zwistigkeiten, die Rom zerfleischten, eine Gelegenheit sich schadlos zu halten. Lusitania und das Tal am Oberlauf des Guadalquivir scharren sich sogleich unter seinen Fahnen. Kurz darauf schließen sich ihm auch die Keltiberer aus dem Zentrum und die Iberer aus dem Nordosten an. Er errichtet sein Quartier in Osca (Huesca) und ist imstande Rom zwei Jahre lang die Stirn zu bieten. Als iberischer Nachfolger Viriatus gefeiert, nimmt er im Jahre 72 v. Chr. das gleiche Ende, nämlich durch Meuchelmord. Strabo III 4, 11:

[...] In diesen Städten, auch in der Stadt Kalaguris der Vaskonen, und längs der Seeküste in Tarakon und Hemeroskopeion, kämpfte Sertorius, aus Keltiberia vertrieben, den letzten Kampf, und endete zu Oska. [...]
Eine Generation später, 49 und dann wieder 45 v. Chr., bringt der Kampf zwischen Cäsar und Pompejus, der die entscheidenden Feldzüge gegen Sertorius geführt und als Konsul die Halbinsel als Provinz zugeteilt erhalten hat, Cäsar auf den Schauplatz. Das Gebiet zwischen dem Tagus und dem Duero, das noch immer am äußersten Rande des eigentlichen römischen Herrschaftsbereiches liegt, kann Cäsar nun unterwerfen.
Der Feldzug, den Augustus als Kaiser persönlich im Jahre 26 v. Chr. eröffnet, führt schließlich im Jahre 19 v. Chr. zum Sieg. Die besiegten Stämme werden gewaltsam aus ihren Burgfesten weggeholt und in den Ebenen angesiedelt. Mitten unter ihnen machen sich römische Legionäre seßhaft Damit ist die Eroberung besiegelt. Endlich, nach zwei Jahrhunderten, ist die Halbinsel nicht nur den Namen nach, sondern auch de facto in das große Römerreich eingegliedert und erlebt die Pax Romana. Strabo III 2, 14:

[...] sind völlig in die Lebensweise der Romaner umgebildet, nicht einmal mehr ihrer Muttersprache eingedenk; die meisten sind Latinische Bürger geworden, und haben Romanische Ansiedler erhalten, so dass wenig fehlt, dass Alle Romaner sind. [...]
Als Scipio im Jahre 205 v. Chr. einen Heerführer als Herr über das \"nähere\" und einen Anderen als Betreuer des \"ferneren\" Hispania zurückläßt, hat er damit den Weg gebahnt für die formelle Aufteilung der neuen Territorien in die beiden Provinzen Hispania Citerior [diesseitig] und Hispania Ulterios [jenseitig] (197 v. Chr.). Strabo III 4, 19:
[...] Die Romaner hingegen, welchen das ganze Land gleichdeutig bald Iberia bald Hispania heisst, haben den einen Theil das diesseitige, den anderen das jenseitige genannt; [...]
Damals handelt es sich im wesentlichen um schmale Küstenstreifen, besonders bei Citerior das sich von den Pyrenäen bis Carthago Nova und noch ein wenig darüber hinaus erstreckt, mit einem nicht unbeträchtlichen Ausläufer ins Ebrotal. Ulterior setzt sich an der Küste fort bis zur Mündung des Guadalquivir; gegen das Inland zu bildet der Fluß bis weit über Cordoba hinaus eine natürliche Trennungslinie. Um die Mitte des Jahrhunderts hat Rom ungefähr die Hälfte der Halbinsel besetzt.
Mit dem Zusammenbruch des lusitanischen Aufstandes nach dem Tod Viriatus wird die Nordwestgrenze Ulteriors allmählich vom Guadalquivir bis über den Guadiana hinaus vorgeschoben und erreicht späterhin zu Cäsars Zeiten den Tagus. Erst im Jahre 27 v. Chr. wird die territoriale Einteilung der Halbinsel revidiert. Augustus fügt den beiden vorhandenen Provinzen eine dritte hinzu. (1) Die Grenzen des Ulterior werden vom Tagus an den Guadiana zurückgenommen; die Nordostgrenze aber wird beibehalten. Die Provinz, die jetzt den Namen Baetica erhält, hat ihr Zentrum im Tal des Baetis. (2) Alles, was jenseits des Guadiana liegt, nördlich vom Duero einschließlich Galiciens und Asturiens bildet eine neue Provinz: Lusitania. (3) Die restliche Provinz Citerior, erweitert durch die Angliederung Kantabriens, erhält den neuen Namen Tarraconensis, von Tarraco, das von Anfang an ein römischer Stützpunkt auf der Halbinsel gewesen ist.

Innerhalb der Provinz ist der conventus ein ziviles Verwaltungszentrum, das den umliegenden Distrikt zu betreuen hat. Es liegt normalerweise in der größten Stadt und zeugt als Einrichtung von einer friedlichen und stabilen Gesellschaftsstruktur. Zum ersten mal trifft man es in Baetica - dort werden vier solche Institutionen von Augustus eingerichtet - und zuletzt in Tarraconensis, wo Augustus neue Siedlung Cäsaraugusta (Saragossa) am Oberlauf des Ebro als drittes Zentrum neben Tarraco und Carthago Nova trat.

Die Entwicklung des Verwaltungswesens auf der Halbinsel tastet sich mühsam voran. Die neuen Territorien werden zu Staatseigentum erklärt. Für die Kosten der Erwerbung sucht man sich sowohl durch die Ausbeutung der wirtschaftlichen Hilfsquellen, z. B. der Bergwerke und durch die Tribute schadlos zu halten, die von allen Gemeinden als Bodenzins gefordert werden. Die Tribute sind gleichzeitig in barem Geld, in natura und in Form von Militärdienst zu leisten. Erst nach dem Fall Numantia setzt formell der Prozeß der Romanisierung ein.

Nachdem Cäsar Pompejus besiegt hat, schafft er Stadtgemeinden mit verbrieften Rechten, die im Maße der Annäherung an den Status und die Privilegien römischer Staatsangehörigkeit die treuen Anhänger belohnt, die schwankenden lockt und den Stämmen ein deutlich ausgeprägtes Ziel gesellschaftlichen Strebens setzt. Das sollte sich als das hauptsächliche Mittel erweisen, mit dessen Hilfe von nun an das Land allmählich und zuletzt vollständig, für die römische Lebensweise gewonnen wurde. Die neuen Stadtgemeinden zerfallen in zwei Kategorien: Kolonien und Munizipalitäten, die ersteren für Römer oder Italer, die letzteren für Einheimische. Gemeinden früherer Legionäre an den Grenzen oder in erst vor kurzem befriedeten Gebieten dienen halbmilitärischen Zwecken, während sie gleichzeitig ein Beispiel für die Vorteile geben, die zu gewinnen sind, wenn man sich der neuen Ordnung fügt. Zivile Kolonien, durch den Überschuß der einheimischen Bevölkerung gebildet, propagieren die Sitten und Gewohnheiten, die die Neuankömmlinge mitgebracht haben, überall in Gebieten, die um so leichter zu durchdringen waren, als sie schon seit einiger Zeit die Römerherrschaft kannten.

Verschiedene Köder - eine Herabsetzung des Tributs, Landzuweisung, wirksameres Gerichtswesen, sichtliche Beweise für die Vorteile, die ein Leben nach Römerart bot - machen die Zugehörigkeit zu einem municipium zu einem hohen Privileg für die Einheimischen. Zur Zeit des Augustus gibt es in Baetica 9 Kolonien, 10 municipia und 27 Stadtgemeinden mit lateinischen Privilegien. Tarraconensis besitzt 12 Kolonien, 13 municipia und ein Dutzend Städte mit lateinischen Privilegien. Für Lusitania betragen die Ziffern 5, 1 und 3.

Das ist die Zeit des Wegebaus. Das 12.000 Meilen umfassende Straßennetz, das ursprünglich militärischen Zwecken dienen sollte und mit dem die Römer die Halbinsel überzogen - die längste Straße ist die Via Augusta, die an der Küste entlang läuft von Cadiz bis zu den Pyrenäen - fördert die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. Strabo III 3, 9:

Diese Heerstrasse nahet sich bald dem Meere, bald weicht sie abwärts, und vorzüglich in den westlichen Theilen. Sie führt [...] von Tarakon zur Fähre des Iber bei der Stadt Dertossa; von hier durch die Städte Sagunton und Setabis [...] Richtung [führt] auf Kastalon und Obulkon, durch welche Orte die Strasse auf Kordyba und Gadeira, die grössten Handelsstädte des Landes, weitergeht. [...]
Die Provinzen werden dem Handel und Verkehr erschlossen: die Straßen führen bis nach Galicien und Kantabrien.
Augustus führt einen entschlossenen Kampf gegen die Mißbräuche und die Bestechlichkeit der Verwaltungsbehörden. Dadurch, daß er die Provinzgouverneure zu bezahlten Beamten macht, greift er das Übel an der Wurzel an und ebnet den Weg für weitreichende fiskalische Reformen. Eine dieser Maßnahmen, die Einführung einer neuen allgemeinen Steuer nebst den sozialen Umschichtungen, die mit ihrer Erhebung verknüpft sind, gilt als so bedeutsam, daß das Datum 38 v. Chr. an den Beginn einer neuen Zeitrechnung gesetzt wird.

Unter der römischen Herrschaft werden bedeutende Persönlichkeiten hervorgebracht, u. a. den Philosophen Seneca, den Dichter Luk(i)an, den Verfasser landwirtschaftlicher Schriften Columella, den Rhetoriker Quintilianus, den Satiriker Martial und die Kaiser Trajan und Hadrian.




5. Vandalen, Alanen, Sueven,

Die Zeit wirtschaftlicher und kultureller Blüte endet im 3. Jhd. n. Chr., als Vandalen, Alanen und Sueven die Provinzen verwüsten und die wichtigsten Städte zerstören. Die Germanen können wieder vertrieben werden, aber wie im übrigen römischen Reich so beginnt auch in Hispanien der staatliche und gesellschaftliche Verfall. Die 500jährige Herrschaft Roms auf der Iberischen Halbinsel wird zu Beginn des 5. Jhd durch die Einfälle der Westgoten gebrochen.

 
 

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