Der clowneske Scharfmacher Wladimir Schirinowski, aber auch KP-Chef Gennadij Sjuganow rufen zur bewaffneten Unterstützung der Serben auf. Nationalpatriotische Organisationen wie der \"Bund der Offiziere\" lassen in provisorischen Rekrutierungsbüros bereits Freiwillige für den Kampfeinsatz auf dem Balkan registrieren. Parole: \"Wir und die Serben sind 200 Millionen.\"
Für Solidarität mit den \"einsamen Serben\" trommelt auch das nationalkommunistische Kampfblatt \"Sawtra\", welches Sjuganow häufig als Plattform nutzt, der jetzt ebenfalls zur Gründung proserbischer Solidaritätskomitees aufruft.
Doch das Empfinden, die USA wollten \"die ganze Welt mit Hilfe von Flügelraketen, Disneyland und Einflußagenten\" (\"Sawtra\") beherrschen und zu ihrem Hinterhof machen, ist in Rußland nicht auf Kreise kommunistischer Kader beschränkt. Umfragen Moskauer Tageszeitungen und Rundfunksender brachten nach der zweiten Nato-Angriffswelle kaum eine Handvoll Stimmen zusammen, die das militärische Vorgehen gegen Belgrad billigten.
Die Hoffnung der Allianz, Rußland auch durch militärische Annäherung allmählich zum umgänglichen Kooperationspartner im Osten wandeln zu können, dürfte mit den Bomben auf Serbien für geraume Zeit bedeutungslos werden. Die Russische Föderation hat ihren militärischen Vertreter aus Brüssel abberufen und fürs erste ihre Teilnahme am Nato-Programm \"Partnerschaft für den Frieden\" beendet. Die Gespräche über die Errichtung einer Nato-Militärmission in Moskau sind storniert, die Nato-Vertreter wurden nach Hause geschickt.
Außenminister Igor Iwanow drohte sogar, Rußland könne sich demnächst über das Embargo gegen Jugoslawien hinwegsetzen und den Serben Waffen liefern. Alte Feindbilder melden sich prompt zurück: Moskaus Verteidigungsminister Igor Sergejew sieht die Nato auf dem Balkan schon in einem \"Vietnam in Europa\" versinken.
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