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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Reformation



Luthers Thesenanschlag zu Wittenberg im Jahre 1517 wird bis heute vom lutherischen Protestantismus im Reformationsfest feierlich begangen. Die Reformation beleuchtete und verstärkte die sozialen und politischen Verwerfungen an der Epochenschwelle vom Mittelalter zur Neuzeit.
Die Publikation von 95 Leitsätzen, die den Ablaßhandel (Geldspende) als kirchliche Finanzpraktik gegenüber der wahren Buße (Bußsakrament) brandmarkte, war von Luther als die damals übliche Grundlage einer gelehrten Disputation gedacht: »Solche freche und unverschämte Predigt vom Ablaß macht, daß es auch den Gelehrten schwer wird, des Papstes Ehre und Würde zu verteidigen vor derselben Verleumdung, ja vor den scharfen und listigen Fragen des gemeinen Mannes« (These 81).
Der Historiker Gerhard Ritter knüpft an diese Überlegung an, wenn er dem päpstlichen Legaten Cajetan, der Luther 1518 auf dem Reichstag zu Augsburg verhörte, die Erkenntnis zubilligt, daß »die Ablaßlehre Luthers nicht ohne weiteres ketzerisch im strengen Sinne zu nennen sei«. Der Ablaßhandel war im Rahmen der päpstlichen Finanzpolitik 1514 als Geschäft eingefädelt worden, bei dem Papst Leo X. dem Erzbischof von Mainz für die Billigung seiner Ämterhäufung eine große Geldsumme zum Neubau der Peterskirche abforderte und an dem auch die Fugger durch Kredit verdienten.
Ausgehend von der dadurch bewirkten »Verdunkelung der Idee des Katholischen« (J. Lortz) löste die Reformation - begrifflich die »Verbesserung« durch »Wiederherstellung der ursprünglichen Form« - eine kirchliche Revolution aus und führte, auch durch den Bauernkrieg, zur Konfessionalisierung. Diese Entwicklung war nicht mehr aufzuhalten, als mit dem Wormser Edikt von 1521 die Reichsacht über Luther verhängt wurde.
Luther, der »deutsche Starrkopf« (G. Ritter), schöpfte seine religiösen Erkenntnisse nur aus der Heiligen Schrift. Er rechtfertigte die menschliche Existenz, indem er deren Voraussetzung (»Ist Gott gerecht, so muß er strafen«) durch die Gnade dialektisch aufhebt. An diese Interpretation knüpfen seine beiden letzten Wittenberger Thesen an: »Man soll die Christen mahnen, daß sie ihrem Haupt, Christo, durch Kreuz, Tod und Hölle nachzufolgen sich befleißigen. Und also mehr durch viel Trübsal ins Himmelreich zu gehen, denn daß sie durch Vertröstung des Friedens sicher werden«.

 
 

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