Seit der Revolution von 1848 war Otto von Bismarck in der preußischen Politik kein Unbekannter mehr. Seine Tätigkeit beim Frankfurter Bundestag bedeutete für ihn die Hinwendung zur Realpolitik, die sich stärker an den jeweiligen wirtschafts- und machtpolitischen Gegebenheiten ausrichtete. Seine Berufung zum Gesandten in Petersburg und in Paris betrachtete Bismarck als Kaltstellung, doch machte sie ihn mit den Besonderheiten der großen Diplomatie vertraut.
In Preußen betrieb seit 1860 Kriegsminister von Roon eine Verstärkung des Heeres und die Einführung einer dreijährigen Dienstzeit. Daraus entwickelte sich ein tiefer Konflikt zwischen König und Parlament. Eine starke liberale Mehrheit im Landtag verweigerte 1862 die Zustimmung zum Staatshaushalt, der König war nicht zum Nachgeben bereit. In dieser Situation vertraten konservative Parteigänger der Regierung die Theorie von einer Lücke in der Verfassung: Wenn zwischen Parlament und königlicher Exekutive keine Einigung zustande komme, habe der König das Recht, die Regierung aus eigener Machtvollkommenheit weiterzuführen. König Wilhelm I. trug sich bereits mit dem Gedanken an einen Rücktritt zugunsten des Kronprinzen, als Kriegsminister von Roon an Bismarck erinnerte, dem er einen Sieg in der Auseinandersetzung mit dem preußischen Abgeordnetenhaus zutraute. Bismarck stellte sich bedingungslos in den Dienst des Königs und wurde am 24. September 1862 zum preußischen Ministerpräsidenten ernannt.
Seine berühmte Blut-und-Eisen Rede vom 30.September 1862 verschärfte den Konflikt mit der liberalen Kammer. Das Parlament wurde vorzeitig aufgelöst, der Etat wurde ohne die gesetzlich geforderte Zustimmung verabschiedet. Im Mittelpunkt von Bismarcks Interesse stand jedoch die Außenpolitik, und hier vor allem das Zurückdrängen des österreichischen Einflusses im Deutschen Bund.
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