2.2.1. Innenpolitik
Bismarcks wesentlichstes Ziel der Innenpolitik war es, den machtpolitischen und gesellschaftlichen Status Quo zu erhalten. Am Anfang seiner Kanzlerschaft arbeitete er mit den Nationalliberalen zusammen, die ihn im "Kulturkampf" gegen die katholische Kirche und auch in der Wirtschaftspolitik unterstützten, bis sich nach dem Pontifikat Leos XIII. von 1878 - 1903 das Verhältnis Deutschlands zur Kirche entspannte. Im Fokus der Bismarckschen Innenpolitik stand nun der Kampf gegen die Sozialdemokratie. Diese hatte durch die mit der Industriellen Revolution einhergehenden Probleme der Arbeiterschaft regen Zulauf erfahren. Bismarck sah die deutsche Gesellschafts- und vor allem auch Herrschaftsordnung durch sozialdemokratische Zusammenschlüsse gefährdet. Am 21. Oktober 1878 wurde das Sozialistengesetz beschlossen, das alle solchen Vereinigungen verbot, um Revolutionen vorzubeugen. Demselben Ziel diente auch die Einführung von Sozialversicherungen ab 1883.
2.2.2. Außenpolitik
Bismarcks Außenpolitik bis 1884 war maßgeblich von einer Prämisse geprägt: Der Frieden in Europa sollte gesichert werden. Zu diesem Zwecke betrieb der Reichskanzler eine umfangreiche Bündnispolitik. Bismarck sah Frankreich als ernsthafte Bedrohung für den Frieden, da sich dort nach dem verlorenen Krieg gegen Deutschland 1870/71 Revanchegefühle und Rachegedanken formten. Schließlich hatten die Franzosen nicht nur Elsass-Lothringen mit seinen reichen Eisenerzvorkommen an das deutsche Reich abtreten müssen, sondern auch noch Reparationszahlungen in Höhe von ca. 5 Milliarden Franc zu zahlen gehabt. Bismarck war im Allgemeinen nicht an Krieg mit irgendeinem Nachbarstaate gelegen, und um der französischen Bedrohung Einhalt zu gebieten, war es Ziel des Reichskanzlers, Frankreich zu isolieren.
Zu diesem Zwecke wurde 1878 der Zweibund zwischen Deutschland und Österreich geschlossen, dem dann 1882 Italien beitrat. Zusätzlich zu diesem nunmehr "Dreibund" kam 1881 das "Dreikaiserbündnis" zwischen dem Deutschen Reich, Österreich und Russland hinzu. 1887 schließlich wurde der sogenannte "Rückversicherungsvertrag" zwischen Deutschland und Russland geschlossen; in diesem verpflichtete sich das Zarenreich, im Falle eines Konfliktes zwischen Deutschland und Frankreich neutral zu bleiben.
2.2.3. Kolonialpolitik
Bismarck wollte in erster Linie den "Status quo" in Europa erhalten, um so den Frieden zu sichern. Er erklärte das Deutsche Reich für "saturiert", also gesättigt was territoriale Expansion zum Beispiel in Übersee angeht. Bismarck wollte England und Frankreich nicht durch Kolonialerwerb reizen, da das möglicherweise einen Krieg bedeutet hätte, in dem das noch junge Deutsche Reich vermutlich eine herbe Niederlage hätte hinnehmen müssen. Besonders die Engländer mit ihrem auf Kolonien und Handel mit denselben aufgebauten Empire hätten eine deutsche Kolonialpolitik als einen sogenannten "unfreundlichen Akt" werten können. Dadurch wären die deutschen Beziehungen zu England maßgeblich verschlechtert worden.
Bismarck war davon überzeugt, dass Kolonien rein wirtschaftlich nicht rentieren würden, so sagte er 1871, als die Franzosen Deutschland Cochinchina anboten: "Cochinchina! Das ist aber ein sehr fetter Brocken für uns; wir sind aber noch nicht reich genug, um uns den Luxus von Kolonien leisten zu können.\"2. Was Bismarck meinte, sind die hohen Kosten, die die Kolonien verursachen: zum Einen müssen diese Länder in Übersee und der Seeweg dorthin geschützt werden. Die dafür benötigte Flotte verschlingt Unsummen an Geld. Zum Anderen müssen diese Gebiete auch verwaltet werden, will man sie möglichst effektiv nutzen, wofür Beamte notwendig sind, die auch nicht umsonst arbeiten. Bismarck lehnte es also bis 1884 kategorisch ab, Kolonialbesitz zu erwerben.
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