Das Grundgesetz gibt dem Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit, über die Verfassungswidrigkeit von Parteien zu entscheiden. Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat haben das Recht, einen entsprechenden Antrag zu stellen. In der Bundesrepublik Deutschland wurden bislang zwei Parteien verboten: 1952 die Sozialistische Reichspartei und 1956 die Kommunistische Partei Deutschlands. Ein wichtiges Kriterium für die Verbote war die Feststellung des Bundesverfassungsgerichtes, beide Parteien hätten versucht, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu zerstören.
Mit dem Einzug der NPD in mehrere Landesparlamente hatte sich eine sensibilisierte Öffentlichkeit zunehmend mit der neuen Partei auseinandergesetzt. Die bürgerlichen Parteien, Gewerkschaften, Verbände, aber auch zahlreiche private Initiativen begannen verstärkt, die NPD zu bekämpfen. Seit 1967 versuchten führende SPD-Politiker sowie Gewerkschaften die Bundesregierung für einen NPD-Verbotsantrag zu gewinnen. Aber auch das Ausland beobachtete misstrauisch die Aktivitäten der NPD und die Reaktion der Regierung auf diese. Die ausländische Presse fürchtete ein Wiedererwachen des Nationalsozialismus und Bundeskanzler Kiesinger um seine Glaubwürdigkeit im Ausland. Ungeachtet der relativ geringen Stimmenanteile der Partei wurden personelle, methodische und programmatische Parallelen zwischen NPD und NSDAP herausgestellt und die grundsätzliche Fähigkeit der Deutschen zur Demokratie bezweifelt. Im Frühjahr 1968 wurde publik, dass Innenminister Benda Belastungsmaterial für einen Verbotsantrag sammeln ließ. Im September erfolgte die Ankündigung, die Bundesregierung werde nun über einen Antrag entscheiden. Es folgten heftige Diskussionen, bei denen die SPD den Verbotsantrag unterstützte, die CDU/CSU jedoch eine politische Auseinandersetzung mit der NPD favorisierte. Das von Benda in Auftrag gegebene Rechtsgutachten nannte vier zentrale Punkte, die ein Verbot rechtfertigen würden: Die NPD stünde dem Gedanken der Völkerverständigung fern; sie räumte Staatsrechten und staatlicher Machtausübung absoluten Vorrang vor Bürgerrechten ein; sie propagiere eine Ausstattung des Bundespräsidenten mit nahezu diktatorischen Vollmachten; in der Partei seien rassistische Gedanken im Umlauf.
Der langwierige Streit in der Regierung um den Antrag brachte jedoch erste Auswirkungen für die NPD. Parteiaustritte häuften sich und schließlich folgten auch erste Forderungen nach einem Verbotsantrag aus den Reihen der NPD, um die Lage endlich zu klären.
Die Bundesregierung verzichtete schließlich auf einen Verbotsantrag aus mehreren politischen Erwägungen. Das Bundesverfassungsgericht hätte ohnehin nicht mehr vor den Bundestagswahlen 1969 über den Verbotsantrag entscheiden können. Weiterhin waren das von Innenminister Benda gesammelte Belastungsmaterial nicht so stichhaltig, dass ein Verbot garantiert schien. Es blieb somit die Gefahr, dass die NPD aus dem Verfahren gestärkt und mit großem Zulauf herausgekommen wäre. Das Problem einer zunehmend stärker werdenden rechtsextremistischen Partei sollte sich jedoch bald von selbst erledigen.
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