\\\"Maria ist in dem Stück etwa 25 und Elisabeth höchstens 30 Jahre alt\\\", so
schreibt Schiller an August Wilhelm Iffland. Von der Reife ihres Geistes her
gesehen scheint Maria älter als 25 Jahre zu sein. Paulet nennt Maria \\\"die
ränkevolle Königin\\\", die \\\"den Christus in der Hand, die Hoffart und die Weltlust
in dem Herzen\\\" trägt. Mit Beginn der Dramenhandlung zeigt sie sich nicht als
barocker politischer Mensch, sondern sie verzeiht die Unhöflichkeit Paulets. Sie
leidet nicht nur unter der gegenwärtigen Belastung Elisabeths, sondern auch
unter der vergangenen Schuld jener \\\"unglückseligen Tat\\\", als sie an der Macht
war. Doch hofft sie trotz des Leides zu überleben. Bezeichnenderweise kennt
Maria als ehemalige Fürstin das wahre Gesicht des Absolutismus, das in dem
Machtkampf der fürstlichen Hierarchie besteht. Kein Fürst kritisiert bei der
Fürstenkonfrontation den Gegner, wie Maria es tut. Der Unterschied zwischen dem
barocken und dem Schillerschen Fürsten hinsichtlich der Kritik an dem Gegner
liegt darin, daß als Kriterium für die Beurteilung nicht der eigene Zweck,
sondern die Gerechtigkeit gilt. Gerechtigkeit wird im barocken Trauerspiel
deshalb nicht hervorgerufen, weil \\\"die geschichtlich-politische Welt insgesamt
ideenfern und ideenfeindlich dem selbstischen Naturtrieb und Naturgesetz allein
gehorcht\\\". Die Problematik der Fürstenkonfrontation liegt bei Schiller nicht nur
im Legitimations- und im Religionskonflikt, sondern vielmehr im Verhältnis von
Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit.
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