Leonardo da Vinci
Biographie
Leonardo da Vinci wurde am 15. April 1452 in Vinci, ca. 30 km von Florenz entfernt, geboren.
Sein Vater, Ser Pietro da Vinci, war erfolgreicher und wohlhabender Notar, seine Mutter ein Bauernmädchen namens Caterina. Als unehelicher Sohn lebte Leonardo aber bei seinem Vater. Leonardos Vater, der natürlich wollte, dass sein Sohn Notar wird, konnte seinen Willen aber nicht durchsetzen. Zum einen, weil seinem Sohn die richtige Ausbildung fehlte (Leonardo ging nur kurz in die Volksschule, er konnte kaum lesen, schreiben und rechnen), zum anderen, weil uneheliche Kinder zu dieser Zeit nicht studieren durften.
1469 übersiedelte Leonardo mit seinem Vater nach Florenz, das im 15.Jh. das Zentrum Europas war, wo er eine Lehre in der Werkstatt des Bildhauers und Malers Andrea del Verrocchio (1435_1488) machte. Verrocchio bedeutet übersetzt ,,wahres Auge\", ein Beiname, der dem Künstler wegen der großen Einfühlsamkeit, plastischen Prägnanz und perspektivischen Vielschichtigkeit seiner Werke verliehen worden war.
Als erste bekannte Arbeit Leonardos gilt der Engel in der unteren linken Ecke von Verrocchios Gemälde ,,Taufe Christi\" (_1472). Giorgio Versari (1511 _ 1474), dem wir durch sein Werk ,,Leben des ausgezeichnetsten Maler, Bildhauer und Baumeister\" die meisten Fakten aus Leonardos Leben verdanken, berichtet, dass Verroccio, als er diese einmalige Plastizität und Vollkommenheit Leonardos Engels sah, schwor, nie wieder Farben anzufassen.
1472 Aufnahme in die Künstlergilde des Hl. Lukas
Als Leonardo 1472 in die Liste der Lukas-Gilde als Maler eingeschrieben wurde,musste er wenigstens 4_6 Jahre die Malkunst gelernt haben. Bei Verrocchio fieler dessem wichtigsten Mäzen, Lorenzo de Medici, auf, durch den er in denerlauchten Kreis der Philosophen, Mathematiker und Künstler eingeführt wurde.
Durch die Lukas-Gilde dürfte er Gelegenheit gehabt haben, seine anatomischenKenntnisse in einem Krankenhaus, in dem die Gilde ihren Sitz hatte, zuvertiefen.
So werden die in den Details des Körperbaus herausragende Darstellung des HeiligenHieronymus und seine Verkündigung auf diese Zeit datiert.
Da überliefert ist, dass Leonardo ein überaus hübscher Junge war und einengroßen Teil seiner Jugend damit verbrachte, das Leben zu genießen und sich zuamüsieren, dürfte dies der Grund gewesen sein, warum er 1476 wegen Päderastie(Homosexualität mit jungen Knaben) angeklagt wurde; er wurde allerdings kurzdarauf wegen mangelnder Beweise freigelassen.
Bis 1976 dürfte er in der Werkstatt Verrocchios gewesen sein. In diese Zeit fälltnoch das Bild Madonna mit der Blumenvase.
1478 Auftrag für das Altarwerk für die Kapelle des Hl. Bernhard in derSignoria in Florenz
Trotz einer ersten Bezahlung wird das Werk aber aus unbekannten Gründen nieabgeliefert.
1481 Anbetung der Könige
Die Anbetung der Könige ist Leonardos erste große Komposition. Eine Arbeit von7 Monaten, die trotzdem unvollendet blieb. Vorausgegangen sind eine großeAnzahl von Silberstifzeichnungen von Pferden. Generell ist die Anbetung eineOuvertüre zu Leonardos gesamten Schaffen, voll von Themen, die wieder auftretenwerden.
1482 Umzug nach Mailand
1482 bewirbt sich Leonardo als Militäringenieur am Hofe der Sforza, wird dortzuerst als Musiker eingestellt, macht sich aber innerhalb kurzer Zeit einenNamen als Maler, Bildhauer, Architekt und Stadtplaner.
Schon früh begann Leonardo, Kriegsmaschinen zu zeichnen, und über einenZeitraum von 5 Jahren vervollkommnen sich diese Konstruktionen am Hof vonLudovico Svorza.
An dessen Hof beschäftigt sich Leonardo viel mit Studien der Anatomie,Astronomie, Botanik, Geologie und Geographie, erforschte den Flug der Vögel undarbeitete an seinen Erfindungen. Darüber hinaus erteilte ihm Ludovico denbedeutenden Auftrag, ein Reiterdenkmal zu Ehren seines Vaters, des MailänderGroßherzogs Francesco Sforza, zu schaffen. Nachdem er die Anatomie undBewegungsabläufe von Pferden eingehend studiert hatte, entwarf er den Plan zueinem Denkmal. Nach mehr als einem Jahrzehnt der Arbeit an diesem Projektkonstruierte er schließlich ein Modell von mehr als 7 Meter Höhe, das, wenn esje errichtet worden wäre, mehr als 80 Tonnen flüssiges Bronze benötigt hätte.Doch das Bronze wurde für Kanonenkugeln benötigt, um sich gegen die französischenTruppen zu wehren, die aber dennoch 1499 Mailand eroberten und Sforza ins Exilzwangen. Das Modell des Reiterstandbildes wurde dabei zerstört.
1483 Auftrag für die Felsgrottenmadonna
Die Felsgrottenmadonna ist ein Gemälde für den dafür vorgesehenen Hohlraumeines Altaraufsatzes. Sie gilt als Leonardos Meisterwerk aus seiner Frühzeit,denn sie ist Leonardos letztes Quattrocento-Bild.
Im Jahr 1485 schuf Leonardo die Benois-Madonna, für die es einigeVorstudien gibt, die eindeutig Leonardo zugeschrieben werden.
An Ludovicas Hof übte Leonardo auch die Arbeit eines Hofporträtisten aus undporträtierte zwei von Ludovicas Geliebten, Lucrezia Crivelli und
Cecilia Gallerani (dieses Bild halten viele Forscher für das Bild Dame miteinem Hermelin). Ein anderes Porträt aus dieser Zeit ist das Porträt einesMusikers, das ohne Hilfe seiner Schüler gemalt zu sein scheint.
Im Jahr 1490 sind zum ersten Mal zwei Schüler Leonardos erwähnt, GiovanniAntonio Boltraffio und Marco d\'Oggiono. Ihnen werden weitere Porträts, u.a. LaBelle Ferronière zugeschrieben.
In die frühen Jahre von Leonardos Aufenthalt in Mailand gehört das erste der NotizbücherundManuskripte, die für die Dauer seines weiteren Lebens umfassend über seinepraktische und wissenschaftliche Tätigkeit berichten. Er begann, seine Notizenwie für einen Traktat niederzuschreiben. Das Ergebnis war das sogenannte ,,MS.B.\", das v.a. Skizzen seiner Kriegsmaschinen, aber auch architektonischeVersuche beinhaltet. Da Vinci untersuchte auch die Hydrostatik und dieHydrodynamik. So wollte er, als Pisa und Florenz politischeMeinungsverschiedenheiten hatten, den Fluss Arno derart umleiten, dass diesernicht länger im Hafen von Pisa mündete.
Außerdem baute er auch Kanäle und Bewässerungsanlagen.
Die bedeutendste Sammlung ist der große Band mit Notizen und Zeichnungen in derBibliothek Ambrosiana, bekannt unter dem Namen ,,Codex Atlanticus\".Er enthält etwa 4000 Blätter, alle von Leonardos kleiner Handschrift bedeckt.Leonardo konstruierte nicht nur verschiedenste Maschinen, er wollte auchherausfinden, wie und warum sie so arbeiteten. Dies machte aus dem Techniker denWissenschaftler Leonardo. Im Alter von 50 Jahren begann Leonardo, Latein zulernen, das er aufgrund seiner lückenhaften Schulbildung kaum verstand. ZweiHandschriften belegen diesen Vorgang, eines davon ist das ,,MS. H.\" (1494),in dem er die zeitgenössische lateinische Grammatik und einen Teil des Wörterbucheskopierte. In diesen Skizzenblättern zeigt sich auch seine Liebe zur Allegorie,in denen er z.B. fabelartige Ereignisse der Naturgeschichte (Hermelin, Eidechse)illustrierte. Auch viele Grotesken und Karikaturen finden sich in diesen Blättern.
Im ,,MS. C\" behandelt Leonardo Licht und Schatten (es zeigt z.B. eine langeListe von Diagrammen, in denen er die Wirkung des Lichteinfalls auf Kugeln undZylinder demonstriert), im ,,MS. E\" Pflanzen und Bäume.
Leonardo fertigte auch Schriften zur Kunst und Anweisungen zur Malerei, einigemit der linken Hand rückwärts geschrieben, die vom Malen und den Methoden desZeichnens und der Farbgebung handeln. Die Abschrift dieser AufzeichnungenLeonardos ist als Trattato della Pittura bekannt, der aus acht Büchernund 936 Kapiteln besteht.
1495 Beginn des Letzten Abendmahls
Das Letzte Abendmahl gilt allgemein als der Höhepunkt Leonardos Karriere als Maler. Es wurde auf Anordnung Ludovico il Moros für das Refektorium des Dominikanerkonvents in Santa Maria delle Grazie in Mailand gemalt.
Leonardo malte jedoch nicht al fresco, sondern verwendete ein Malmittel aus Öl und Firnis, so dass es nur sehr schlecht erhalten ist.
Das Bild dürfte 1497 vollendet worden sein.
Von 1497 an arbeitete Leonardo zusammen mit Luca Pacioli, einem der führendenMathematiker dieser Zeit, an dessen berühmten Werk der ,,Divina Proportione\".
Im Dezember 1499 verließ Leonardo, nach der Einnahme Mailands durch die Franzosen,den Hof Sforzas, um über kurze Reisen nach Mantua und Venedig im April 1500 erneut nach Florenz zu gehen.
1501 erster Entwurf des Gemäldes Die Jungfrau und die Hl. Anna
1502 tritt Leonardo als oberster Militäringenieur in die Dienste des Oberbefehlshabers der päpstlichen Truppen, Cesare Borgia, ein. Im Zuge seiner Reisen fertigte er sechs Karten Mittelitaliens an und schuf Pläne für Stadtbefestigungen und Kanäle.
Nach seiner Rückkehr 1503 nach Florenz führte Leonardo ein Porträt völlig eigenhändig aus die Mona Lisa
La Gioconda oder Mona Lisa war die 3. Ehefrau des florentinischen Adeligen Francesco del Giocondo und wurde im wohl berühmtesten Gemälde aller Zeiten unsterblich.
In diese Zeit fallen auch Leonardos großartige Pflanzenstudien, mit roter Kreide auf präpariertem Papier gezeichnet, die als Vorstudien zu Leonardos Gemälde Leda mit dem Schwan gelten.
Gleichzeitig war Leonardo in dieser Zeit mit einigen seiner schwierigsten wissenschaftlichen Arbeiten beschäftigt, mit dem Thema des Fluges der Vögel. Um 1505 begann er, die Grundlagen des Fluges zu erforschen. Leonardo gilt als einer der ersten, der versuchte, Maschinen zu konstruieren, mit denen menschliche Wesen fliegen konnten.
Während seiner Zeit bei Cesare Borgia hatte sich Leonardo mit Machialvelli angefreundet, dem er nun einen großen Auftrag der Signoria von Florenz verdankte _ ein großes Fresko im Palazzo Vecchio. Als Thema wählte er den Sieg der Florentiner über die Mailänder in der Schlacht von Anghiari. Er begann das Gemälde bereits 1503 und vollendete den Karton Ende 1504, aber Leonardo wählte für den Auftrag auf der Wand eine neue Methode, die im Resultat nicht erfolgreich war. Er malte im selben Raum wie Michelangelo, der zur selben Zeit die Schlacht bei Cascina malte, und dessen Aktfiguren spornten Leonardo zu vermehrten Aktstudien an.
1507 arbeitete Leonardo für den französischen König am Hofe Ludwigs XII.
1508 kehrte Leonardo nach Mailand zurück. Sein Hauptauftraggeber war Charles d\'Amboise, Gouverneur von Mailand.
In diese Zeit fällt das ,,MS. F\", das mit 1508 datiert ist und Notizen über Botanik, Geologie und Atmosphäre enthält. Blätter des ,,MS. G\" befassen sich mit Licht, das auf Bäume fällt, und den verschiedenen Grün- und Blautönen von Bättern und Himmel.
Zwischen 1508 und 1510 dürfte Leonardo die Hl. Anna Selbdritt geschaffen haben. Dabei wandte er seine vielen geologischen Studien für den Hintergrund an _ der Kopf dürfte von einem Schüler gemalt worden sein.
1511 starb Charles d\'Amboise, und die Regierung ging über in die Hände von den Generälen Gaston de Foix und Gian Giacomo Trivulzio. Für letzteren begann Leonardo, ein Reiterdenkmal auszuführen, und seine Vorstudien ähneln denen für das Sforza-Denkmal. Das Denkmal selbst sollte jedoch in Stein sein. Besondere Bedeutung wurde dem Sockel beigemessen, der die Figur des Verstorbenen in einem Sarkophag und 8 weitere Figuren zieren sollten. Die Studien für das Trivulzio-Denkmal und in dieser Zeit entstandene Maskeradenkostüme dürften seine letzten Werke seine französischen Auftraggeber in Mailand sein. 1512 übernahmen Spanischer, päpstliche Söldner und Venezianer die Stadt, und Dichter, Künstler und Gelehrte wanderten aus dem als Kulturzentrum verfallenden Mailand nach Rom ab. Im Jahr, bevor auch Leonardo Mailand verließ, fertigte er viele anatomische Studien an, die als ,,MS. A\" gelten.
Dabei kooperierte er mit dem Arzt Marc Antonio della Torre, dem anscheinend größten Anatom seiner Zeit. Bis 1515 soll er 30 Männer und Frauenleichen heimlich zersägt und erforscht haben, und das in einer Ära, in der jeglicher Kontakt mit Toten als \"teuflisch\" bezeichnet wurde.
Ein ganzes Notizbuch ist von etwa 1512 ist der Embryologie gewidmet, und Leonardo fertigte eine der wahrscheinlich ersten Zeichnungen eines Kindes im Mutterleib an.
Ende des Jahres 1512 traf Leonardo in Rom ein, wohin er sich wegen der berühmten Freigebigkeit Giovanni de Medicis angezogen fühlte, der zuvor Papst Leo X. geworden war. Leonardo dürfte es aber bald leid gewesen sein, sich mit den führenden Künstlern Italiens, die sich alle in Rom aufhielten (Raffael; Michelangelo, der durch seine Arbeiten in der Sixtinischen Kapelle uneingeschränkte Autorität hatte), auseinanderzusetzen, und zog sich in Einsamkeit zurück. Vom Papst bekam er auch nicht die erhoffte Unterstützung, denn dieser sagte einmal: ,,Dieser Mann wird nie etwas tun, denn er fängt an, über das Ende nachzudenken, bevor das Werk begonnen ist.\" Die halbherzige Unterstützung des Vatikans kam mit dem Tod seines Mäzens 1516 endgültig zu erliegen.
Eine Zeichnung eines alten bärtigen Mannes, die als sein einziges Selbstbildnis gilt, dürfte in dieser Zeit entstanden sein. Ihm stehen auf dem Blatt Studien von wirbelndem Wasser gegenüber, mit einer Notiz, in der die Bewegung des Wassers mit der von geflochtenem Haar verglichen wird. In dieser Zeit gab es viele Prophezeiungen einer kommenden Sintflut, und Leonardo beschäftigte sich mit dem Thema von Wasser bereits in Skizzen des ,,Ashburnham-Codex\" von 1494 und zum letzten Mal im ,,MS. G\".
1515 dürfte Leonardos letztes erhaltenes Bild entstanden sein, der Heilige Johannes, dem unter Leonardos Werken am meisten Abneigung entgegengebracht wird, aber das einflussreichste Bild war.
1516 nahm Leonardo eine Einladung des französischen Königs Franz I. an, von dem er einen Landsitz in Cloux bei Amboise bekam, wo er seine letzten Lebensjahre verbrachte. Offiziell galt er als ,,Maler, Architekt und Konstrukteur des Königs\", seine Aufgabe bestand aber hauptsächlich darin, mit dem König zu philosophieren. Für seine Zeichnungen aus dieser Zeit gibt es nur Spekulationen, denn es gibt keine datierten Werke oder Aufträge. Er dürfte aber auch stark eingeschränkt gewesen sein aufgrund eines Schlaganfalls, der zu Lähmungen seiner rechten Hand führte.
Leonardo da Vinci starb am 2. Mai 1519 im Alter von 67 Jahren im Schloss von Cloux. Seine Zeichnungen, Notizen und Schriften vermachte er seinem Schüler Francesco Melzi.
Das Leben Leonardo da Vincis ist immer noch voller Widersprüchlichkeiten und Lücken. Es ist schwer, ihn einzuordnen: Maler, Zeichner, Bildhauer, Architekt, Dichter, Musiker, Geologe, Anatom, Kartograph, Stadtplaner, Mathematiker, Physiker, Wissenschafter, Philosoph, Mediziner, Pädagoge oder Erfinder. Er war ein Mann, dessen Genie und unruhiger Geist ihn ständig fieberhaft von einem Arbeitsgebiet zum anderen trieb. Daher begann er auch vieles, was nicht vollendet wurde (Abendmahl, Schlacht von Anghiari oder das Reiterdenkmal von Francesco Sforza). Nur 17 seiner Gemälde sind erhalten, einige davon unvollendet. Und obwohl seine Notizbücher und Manuskripte faszinierende Informationen enthalten, blieb das Vorhaben, sie zu ordnen und zu veröffentlichen, unausgeführt.
Die Bedeutung Leonardos liegt aber weniger in seinen spezifischen Leistungen auf einzelnen Gebieten als in seiner beispielhaften Art zu forschen und zu denken. Er verkörpert den Inbegriff der Suche nach Wissen jenseits der Grenzen des Bekannten.
,,Leonardo ist ein Mann, der zu früh aufwacht, während es noch dunkel ist und alle um ihn herum noch schlafen\"
(Dmitry Merezhkovsky, ,The Romance of Leonardo da Vinci`)
Leonardos Werke und Erfindungen:
Flugtechnik: Flügel für den Menschen, Schwingenflugzeuge, Flugzeugemit Höhen- und Seitenrudern, Hubschrauber, Fallschirm, Perpetuum Mobile
Militärische Konstruktionen: Wurfmaschinen (Schleudern), Kanonen, Hakenbüchsen, Mörser, Panzerwagen, Unterseeboot, Orgelgeschütze, Granatwerfer, Armbrüste, Dampfkanone, Studien für Befestigungsanlagen
Maschinen und Geräte: Entwurf eines ,,Automobils\", einesBrennspiegels, eines Drehkranes, Studien zu Musikinstrumenten, Entwurf eines Turbinrades, ausziehbare Leiter, Dreigangschaltung, Fahrrad, zusammenklappbare Möbel
Zeitmessung: Sanduhren, Wasseruhren, mechanische Räderuhren, Entwurfeines Uhrwerks mit Läutmechanik
Hydraulik: Schöpfrad, Pumpe, mechanische Säge, hydraulischeHebevorrichtung,
Projekte: Entwürfe für eine Ponton-, eine Dreh- und eine zweistöckigeBrücke, Plan eines ca. 80 km langen, schiffbaren Kanals zur Umgehung des Flusses Arno von Florenz nach Pisa mit Stauseen, Wehren, Tunneln, Brücken; Konstruktion eines mechanischen Löwens für den König von Frankreich:
Der Löwe kann laufen, sich erheben und Lilien niederlegen.
Anatomie: Studien des Kopfes, Studien von Gesichtern, anatomischeStudien der Geschlechtsorgane, des Gehirns, der Nerven, der inneren Organe, derGliedmaßen, des menschlichen. Skeletts, der Muskulatur und derEmbryonalentwicklung
Botanik: beschrieb Phänomene des Geotropismus (Auswirkung derErdanziehungskraft auf Pflanzen) und des Phototropismus (das Wachsen derPflanzen in Richtung des Lichts); fand heraus, daß sich das Alter von Bäumenan den im Querschnitt ihres Stammes sichtbaren Jahresringen ablesen läßt; warder erste, der die Anordnung der Blätter von Pflanzen systematisch beschrieb
Geologie und Physik: Erkenntnisse über Entstehung von Fossilien,dokumentierte das Phänomen der Erosion; seine physikalischen Studien nahmen dieErgebnisse der modernen Hydrostatik, Optik und Mechanik hinweg
Viele wissenschaftliche Entdeckungen, die später als große Errungenschaftenvon Kopernikus (Sonne bewegt sich nicht!!), Galilei (Erfindung des Fernrohrs),Newton (Schwerkraft), Darwin (Mensch gehört in dieselbe Kategorie wie dieAffen) gefeiert wurden, hatte Leonardo da Vinci bereits zu seiner Zeit gemachtund beschrieben.
Die sieben Prinzipien des Leonardo da Vinci
1. Curiosità Der Wunsch zu lernen ist allen edlen Menschen angeboren\" (L. daVinci)
Curiosità bezeichnet einen durch unstillbare Neugier geprägten Zugriff auf dasLeben sowie das unnachgiebige Streben nach Wissen.
Jeder Mensch wird neugierig geboren. Leonardos Curiosità war sein ganzes Lebenhindurch Quelle und Antriebskraft seines Schaffens.
Vasari erzählt, daß Leonardo weder Leidenschaft für Frauen empfand noch eineVerpflichtung gegenüber dem Staat, Kirche oder Gott fühlte. Hingabe undLeidenschaft richteten sich allein auf die Suche nach Wahrheit und Schönheit.Seine Neugier durchdrang und bereicherte auch seine alltäglichen Erfahrungen,die Wahrnehmung seiner Umwelt.
Sein ausgeprägtes Verlangen, die Dinge bis ins Innerste erkunden zu wollen, ließihn einen Forschungsstil entwickeln, der vor allem wegen seiner Gründlichkeitund der Bandbreite seiner Interessensgebiete bemerkenswert ist. Bei seinenanatomischen Studien z. B. sezierte er jeden Teil des Körpers aus mindestensdrei verschiedenen Blickwinkeln.
Leonardos gesamtes Leben war eine Übung in kreativer Problemlösung auf höchstemNiveau. An dessen Anfang stehen intensive Neugier und aufgeschlossenes Denken,gefolgt von einer Vielzahl aus verschiedenen Blickwinkeln gestellter Fragen.Leonardo hat sein Forschen immer durch Fragen aufgerollt. In seinen Notizbüchernstehen am Anfang Fragen nach der Konstruktion bestimmter Mashinen, dann Fragennach den Grundprinzipien der Dynamik; und schließlich Fragen, die noch niezuvor gestellt worden waren, nach den Wolken, dem Alter der Erde oder derMenschheit.Leonardo wußte auch um die enorme Bedeutung beständigen Lernens. Er begannim Alter von 52 Jahren, sich Latein beizubringen.
Er vertiefte sich aber nicht nur in Kontemplation und Reflexion, sondern suchteauch das Feedback anderer Menschen.
2. Dimostrazione Dimostriazione ist die Bereitschaft, sein Wissen mittels neuer Erfahrungen undmit der Bereitschaft, aus Fehlern zu lernen, einer beharrlichen Prüfung zuunterziehen.
Erfahrung ist die Quelle allen Wissens. Leonardo profitierte von denErfahrungen, die er im Atelier seines Lehrmeisters Andrea del Verocchio machte.Dabei lernte er auch viele praktische Dinge. Für seine geologischen Studiendurchstreifte er die Hügel der Lombardei und betrachtete die Fossilien nichtnur theoretisch, sondern nahm sie auch in die Hand und zerlegte sie. Für dieAnatomie sezierte er mehr als dreißig menschliche Körper und Tierkadaver.
Leonardo trat aber auch für Originalität und Unabhängigkeit des Denkens ein.Kein Mensch sollte das Vorgehen eines anderen imitieren. Er studierte Texte vonVorgängern wie Äsop, Diogenes, Ovid oder Dante, bemerkte aber, daß vorgefaßteMeinungen den Forscherdrang einschränken.
Er wußte, daß Lernen durch Erfahrung auch Lernen aus Fehlern bedeutete. Aucher unterlag Irrtümern, z. B. die erfolglosen Versuche, die Farben der Gemälde SchlachtvonAnghiari und Abendmahl zu fixieren oder die Konstruktion einerFlugmaschine, die nie abhob.
,,Jedes Hindernis läßt sich durch Beharrlichkeit beseitigen.\" (L.da Vinci)
3. Sensazione Das beständige Schärfen der Sinne, v.a. des Sehens, mit denen wir uns denZugang zu Erfahrungen erschließen.
,,All unser Wissen gründet sich auf Wahrnehmung.\" (L. da Vinci)
In den Sinneswahrnehmungen liegt der Schlüssel zur Erfahrung. Sapervedere (zu sehen verstehen) war ein Motto Leonardos und der Grundsteinseiner künstlerischen und wissenschaftlichen Arbeit.
Sein scharfes Auge ermöglichte es ihm, außergewöhnliche und noch nie so genaubeobachtete Feinheiten des menschlichen Ausdrucks in seinen Gemäldenfestzuhalten. Das Auge war für ihn ,,Fenster zur Seele\" und ,,dasHauptmittel, durch welches der Verstand die unendlich vielen Werke der Natur inder vielfältigsten Weise betrachten kann.\"
Dabei plädiert Leonardo aber für die Schärfung aller Sinne Sinästhesie,das Verschmelzen der Sinneseindrücke, ist ein Merkmal aller großen Künstlerund Genies.
4. Sfumato Die Bereitschaft, sich auf Mehrdeutiges, Paradoxien und Unsicherheiteneinzulassen und sie zu akzeptieren.
,,Ein Maler, der den Zweifel nicht kennt, wird wenig erreichen.\"(L. da Vinci)
Der Begriff Sfumato lässt sich mit ,,in Nebel verwandelt\", ,,in Rauchaufgehen\" übersetzen. Kunsthistoriker beschreiben mit ihm dieverschwommene, mysteriöse Qualität, die da Vincis Gemälde auszeichnet.
Das Thema der Spannung zwischen Gegensätzen begegnet uns häufig in seinemWerk und gewann im Laufe seines Lebens immer größere Bedeutung. Auf der Suchenach Schönheit erforschte Leonardo das Häßliche in all seinen Formen. SeineZeichnungen von Schlachten, grotesken Gestalten und Überschwemmungen stehen häufigneben Skizzen von Blumen und schönen Jünglingen.
Mit wachsendem Wissen tauchte Leonardo immer tiefer in die Welt des Mehrdeutigenein. Und je bewußter er sich des Geheimnisvollen und Widersprüchlichen wurde,desto ausdrucksvoller vermochte er es darzustellen. Ohne Zweifel erreicht dieDarstellung des Paradoxen in der Mona Lisa ihren Höhepunkt. DasGeheimnis ihres Lächelns hat im Laufe der Jahrhunderte wahre Interpretationsstürmeentfesselt. Sigmund Freud schrieb, die Mona Lisa sei ,,die vollkommensteDarstellung der Widersprüche, die das Liebesleben der Frau bestimmen.\" IhrLächeln liegt auf der Grenze zwischen Gut und Böse, Mitleid und Grausamkeit,Verführung und Unschuld, Flüchtigkeit und Ewigkeit.
5. Arte / Scienza Die Entwicklung des Gleichgewichts zwischen Wissenschaft und Kunst, Logikund Phantasie. ,,Ganzheitliches Denken\".
Unter Ganzheitlichem Denken versteht man die Ausgeglichenheit beider Gehirnhälften_ Leonardos Fähigkeit beruhte auf der Verknüpfung sowohl der linken Gehirnhälfte(logisches Vorgehen) als auch der rechten (künstlerisch-intuitives Denken).Seine wissenschaftlichen Untersuchungen von Steinen, Pflanzen, die Studien überden Flug, das fließende Wasser und die menschliche Anatomie dokumentierte ernicht in nüchternen, technischen Zeichnungen, sondern mit ausdrucksstarkenKunstwerken. Zugleich sind seine Entwürfe für Gemälde und Skulpturen äußerstdetailliert, analytisch und mathematisch genau.
In den Augen Leonardos waren Kunst und Wissenschaft untrennbar. EineVoraussetzung für die künstlerische Fähigkeit, die Schönheit dermenschlichen Gestalt zum Ausdruck zu bringen, ein eingehendes Studium derAnatomie. Kenneth Clark geht jedoch davon aus, dass nicht die Wissenschaft dieKunst, sondern umgekehrt die die Kunst die wissenschaftlichen BemühungenLeonardos beeinflusst habe. Zutreffender sei, dass er die Dinge, die erdarstellte, so gut kannte, weil er sie so gut zu zeichnen verstand.
,,Studiere die Wissenschaft der Kunst und die Kunst derWissenschaft.\" (L. da Vinci)
Leonardo trat nicht nur für Strenge und Genauigkeit, Wahrnehmung derDetails, Logik, Mathematik und die intensive praktische Analyse ein. Seine Schülerforderte er zugleich dazu auf, ihre Vorstellungskraft zu aktivieren. Er hieltsie dazu an, die zu zeichnenden Dinge genau zu betrachten und die Fähigkeit zuentwickeln, in diesen einfachen Formen ,,die Ähnlichkeit mit himmlischenLandschaften ... und der Unendlichkeit der Dinge\" zu entdecken. Sein Denkenwar ein Durchbruch in der Evolution des Denkens. Das Konzept des ,,kreativenDenkens\" als intellektuelle Disziplin existierte vor Leonardo nicht. Daskann mit der Methode des ,,Mind_Mapping\" verglichen werden eineganzheitliche Methode zur Entwicklung und Organisation von Ideen, die sich anLeonardos Notizen-Technik anlehnt.
Leonardos Fähigkeiten sind auch auf sein Bemühen um ein gutes Gedächtniszurückzuführen, was er selbst ,,Auswendiglernen\" nannte. Nachdem er einenGegenstand sorgfältig aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet hatte, fertigteer eine Zeichnung davon an. Dann vergegenwärtigte er sich die Erinnerung an denGegenstand vor dem inneren Auge, um sie so lange mit der Zeichnung zuvergleichen, bis er den Gegenstand vollkommen in sein Gedächtnis integrierthatte.
6. Corporalità Die Kultivierung von Anmut, Beidhändigkeit, Fitneß und Haltung.
,,Schön und mit einer herrlichen Physis versehen, schien er ein Modellmenschlicher Perfektion\". (Goethe über Leonardo)
Leonardo war Zeitzeugen zufolge selbst mit ebenmäßiger Schönheit, Anmutund Sportlichkeit ausgezeichnet. Er betonte auch immer wieder selbst dieWichtigkeit körperlicher Gesundheit. Er betrieb viel Sport, war Vegetarier,denn er glaubte, daß ausgewogene Ernährung der Schlüssel zu Gesundheit undWohlgefühl sei.
Leonardo war der Überzeugung, daß jeder Mensch persönlich für seine körperlicheGesundheit und sein Wohlergehen verantwortlich ist. Er erkannte dieAuswirkungen, die Lebenseinstellung und Gefühle auf den Körper haben, und rietdazu, sich von Ärzten und Medikamenten unabhängig zu machen, denn er vertrateinen ganzheitlichen Ansatz in der Medizin.
Sein Motto: ,,Mens sana in corpore sano.\"
Um eine ausgewogene Körperbalance herzustellen, malte, zeichnete und schriebLeonardo mit der rechten wie mit der linken Hand _ er war also ein ,,Beidhänder\".Auch Michelangelo verwendete bei der Arbeit in der Sixtinischen Kapelle sowohldie rechte als auch die linke Hand.
7. Connessione Die Erkenntnis, dass alle Dinge und Phänomene miteinander verbunden sind.Systemisches Denken.
Als Erklärung für Connessione eignet sich am besten der Metapher desSteines, der in ein ruhiges Gewässer geworfen wird und eine Reihe kreisförmigerWellen bildet. Jede Welle wirkt auf die nächste ein und wird so ständigweitergeführt.
Ein Geheimnis von Leonardos Kreativität liegt wohl darin, dass er seinganzes Leben lang unterschiedliche Elemente miteinander kombiniert undzueinander in Beziehung gesetzt hat. In seinen Notizbüchern hat er alle Notizenund Skizzen in zufälliger Weise niedergeschrieben _ es gab keine Gliederungoder Übersicht, denn er wusste darum, dass alles mit allem verbunden ist.
Connessione begann für Leonardo mit seiner Liebe zur Natur und verfestigtesich mit seinen Forschungen zur Anatomie der Menschen und der Tiere. Ererforschte den menschlichen Körper als ein koordiniertes System wechselseitigvoneinander abhängiger Beziehungen.
Er studierte das Wesen der Schönheit an Tausenden von menschlichenGesichtern und kombinierte dann die unterschiedlichen Elemente, die erbeobachtet hatte, um auf diese Art und Weise vollkommene Gesichter in seinen Gemäldenzu erschaffen. Das beste Beispiel dafür stellt die Mona Lisa dar.
Dem aufmerksamen Beobachter wird Leonardos Einsicht in das universelle System,das sich durch sein Werk zieht, nicht entgehen; die ,,innewohnende Ordnung\"läßt sich beispielsweise an Details so unterschiedlicher Werke wie VerrocchiosTaufe (das Haar des Engelskopfes), der Jungfrau und die Hl. Anna (die Anordnungder Figuren), der Mona Lisa (die Landschaft) und den Skizzen zu Eigenarten des Wassers erkennen.
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