Eine so heiß diskutierte Person wie Martin Luther bildet natürlich einen idealen Nährboden für die Entstehung von Anekdoten und Legenden. Des weiteren lebte Luther in einer Zeit, in der der Glaube an Hexen und den Teufel, an übernatürliche Ereignisse und das baldige Ende der Welt weit im Volk verbreitet war. Der Wahrheitsgehalt dieser Legenden ist zwar eher gering, aber der Unterhaltungswert dagegen nicht. Und außerdem ist in fast jeder Legende ein Körnchen Wahrheit enthalten. Deshalb möchte ich im Folgenden auf zwei dieser Sagen genauer eingehen:
2.1 Luther in Worms
Ein Zitat Luthers auf dem Reichstag zu Worms lautet: "Hier stehe ich!"
Mit einem Triumphzug zieht Luther in Worms ein. Der Kaiser und die Kirche erwarten auf dem Reichstag jedoch den Widerruf seiner Thesen von Luther. Die Bücher Luthers werden auf einen Tisch gelegt. Nun wird Luther die Frage gestellt, ob er etwas aus diesen Schriften widerrufen möchte. Daraufhin bittet Luther um ein wenig Bedenkzeit. Danach lehnt er jedoch mit der berühmt gewordenen Rede den Widerruf ab:
\"Wenn ich nicht durch Zeugnisse der Schrift und klare Vernunftgründe überzeugt werde; denn weder dem Papst noch den Konzilien allein glaube ich, da es feststeht, daß sie öfter geirrt und sich selbst widersprochen haben, so bin ich durch die Stellen der heiligen Schrift, die ich angeführt habe, überwunden in meinem Gewissen und gefangen in dem Worte Gottes. Daher kann und will ich nichts widerrufen, weil wider das Gewissen etwas zu tun weder sicher noch heilsam ist. Gott helfe mir, Amen!\" (Zitat von der Internetseite www.luther.de; im Quellenverzeichnis angegeben)
Es ist jedoch Legende, dass Luther die berühmt gewordenen M. Luther
Worte "Hier stehe ich und kann nicht anders! Gott helfe mir, Amen!" am Ende seiner Rede hinzugefügt hat. Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde es im Nachhinein nur hinzugefügt, um die Geschichte interessanter zu machen und sie als "Pressesensation" darzustellen.
2.2 Der Wurf mit dem Tintenfass
Diese Legende berichtet, dass Luther seit seiner Kindheit von bösen Geistern, Dämonen und Teufeln belästigt wurde. Auch in späteren Zeiten berichtet Luther recht häufig noch von solchen Ereignissen. Vor allem während des Aufenthaltes auf der Wartburg. In der Einsamkeit der Wartburg nahmen die Ängste vor solchen Angriffen stark zu. Luther begründete sie jedoch mit seinen Depressionen und Stimmungsschwankungen. Die Begründung für die ständige Angst vor dem Satan kann in der spätmittelalterlichen Religiösität im Elternhaus und während der Ausbildung gesehen werden. Gegen die ständigen Belästigungen wehrte sich Luther durch Gebet, durch "fröhliches Singen" oder den sogenannten "Wurf mit dem Tintenfass": Luther soll nachts durch den Satan geweckt worden sein. Mit einem furchtlosen Wurf mit dem Tintenfass habe er sich daraufhin gegen den Teufel verteidigt. Sogar Luther selbst berichtet, dass er auf der Wartburg vom Teufel belästigt worden sei. Seine Aussage aber, er habe \"den Teufel mit Tinte vertrieben\", wird heute jedoch eher auf Luthers Bibelübersetzung bezogen, als auf die nächtlichen Kämpfe auf der Wartburg.
Man konnte im letzten Jahrhundert sogar noch einen Tintenfleck in der Lutherstube auf der Wartburg sehen. Dieses Beweismittel scheidet jedoch aus, weil es reichlich Berichte gibt, nach denen der Fleck in den letzten Jahrhunderten oftmals nachgebessert, neu angebracht und nachgefärbt worden ist.
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