Zu Zeiten Jesus war das Judentum in verschiedene Richtungen aufgespalten. Neben der einflußreichen Partei der Pharisäer standen die Sadduzäer. Während erstere, denen die meisten Schriftgelehrten angehörten, strengste Absonderungen von den Heiden propagierten und auf die peinlichste Beobachtung des Gesetzes (5 Bücher Mose und deren Auslegung) drangen, lehnten letztere jeden Glauben an ein messianisches Reich ab und zeigten sich gegenüber fremden Sitten aufgeschlossener. Die kleine Gruppe der Essener, die sich in klösterliche Angeschiedenheit zurückgezogen hatte, lebte eine Art asketischen Kommunismus, der Ehelosigkeit, Gütergemeinschaft und gemeinsame heilige Mahlzeiteneinschloß. Jesus, der zunächst in Galiläa wirkte, schien sich anfangs nicht von Tausenden anderer Wanderprediger zu unterscheiden. Doch die Lehre, die der wandernde, von Schülern begleitete Rabbi (Lehrer) verkündigte, unterschied sich von den anderen religiösen Strömungen und ließ durch den radikalen Ernst ihres Anspruchs aufhorchen. Ihren Kern, wie ihn die gelehrte Arbeit von vielen Theologengenerationen aus Evangelium und Apostelbriefen freilegte, machen folgende Gedanken aus:
Das Reich Gottes, das Jesus mit seinem Auftreten angebrochen sah, wird sich in naher Zukunft vollenden.
Nicht der Mensch hat an Ansprüche an Gott zu stellen, sondern Gott fordert fordert die völlige Hingabe des Menschen an ihn.
Gott selber bietet sich in seiner unendlichen Gnade dem Menschen an und erlöste ihn durch das Opfer seines Sohns.
Die Menschen können auf dieses Gnadenangebot nur angemessen antworten, wenn sie ihr Leben radikal ändern und täglich das Liebesgebot gegenüber dem Nächsten verwirklichen.
Das Gebot der Nächstenliebe schließt in seiner äußersten Konsequenz die Feindesliebe mit ein (siehe Bergpredigt).
Der befreienden Macht der Liebe Gottes wird der Mensch inne durch seinen Glauben, der, mit Ernst vollzogen, auch noch den schlimmsten Verbrecher retten kann.
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