Die Wahrscheinlichkeit des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen in einem Krieg zweier Großmächte hat sich seit dem Ende des kalten Krieges verringert. Die Gefahr, dass solche Waffen von nicht-staatlichen terroristischen Organisationen benutzt werden nimmt hingegen deutlich zu.
Dies hängt im wesentlichen von zwei Faktoren ab:
Von der Zunahme der religiös motivierten Terrorgruppen und zum Anderen aus der weiten Verbreitung der Technologie und der relativ leichten Beschaffbarkeit des Materials zur Herstellung nuklearer, chemischer und biologischer Waffen.
Die Zunahme des religiös motivierten Terrorismus
Mit dem Ende des Kalten Krieges und dem Zusammenbruch der Sowjetunion verlor die kommunistische Ideologie weltweit an Bedeutung.
Linksradikale terroristische Gruppen, die von Regierungen des Ostblocks inspiriert und unterstützt wurden, sind damit weitgehend isoliert. Gruppen wie die japanische Rote Armee, die Rote Armee Fraktion (RAF) in Deutschland, die Roten Brigaden in Italien oder die Dev Sol in der Türkei hatten bei Ende der Ost-West-Konfrontation deutlich reduzierte ideologische wie finanzielle Unterstützung.
Die allgemeine Bedrohung durch Terroristen hat dennoch nicht abgenommen. Nach dem Niedergang des Kommunismus brachen ethnische und religiöse Rivalitäten aus. Diese Ideologien wiederum brachten ihre eigenen Terrorgruppen hervor.
In den letzten Jahrzehnten - zwischen 1968 und 1997 - ist ein stetiger Anstieg des Anteils der Terrorgruppen, die aus religiösen und ethnischen Fanatiker bestehen, festzustellen. Im Jahre 1968 stuften die Experten keine der elf bekannten terroristischen Organisationen als primär religiös motiviert ein. Bis 1992 stieg der Anteil auf ein Viertel der 48 zu diesen Zeitpunkt aktiven internationalen Gruppen; 1994 galt ein Drittel als religiös motiviert und 1995 waren es bereits ungefähr 40% der 58 bekannten Terrorgruppen.
Die Strategie religiös motivierten Terrorismus
Religiös orientierte Terrorgruppen weisen eine weitaus höhere Bereitschaft auf, menschliches Leben zu gefährden, als politisch motivierte. Alle Terroranschläge des Jahres 1995, die eine hohe Zahl von Toten forderten, gehen auf das Konto religiös motivierter Organisationen. Politische oder moralische Überlegungen spielen für die Anhänger dieser Gruppen kaum noch eine Rolle. Gewalttaten werden mit
dem Verweis auf Gott moralisch gerechtfertigt und als notwendiges Mittel, die gesteckten Ziele zu erreichen, eingestuft.
Eines der ersten Beispiele dafür, daß sich der Terrorismus religiöser Fanatiker in der Regel nicht gegen bestimmte Individuen sondern unterschiedslos gegen Menschenmassen richtet, gilt der Versuch, das New Yorker World Trade Center in die Luft zu sprengen. Bei dem Anschlag im Februar 1993 sollten Tausende der in den Büros arbeitenden Menschen im ohnehin sehr belebten Financial District getötet
werden.
Die religiös motivierten Terroraktionen haben gemeinsam, daß eine Vielzahl von Menschen getötet werden sollte. Bei den potentiellen Opfern handelt es sich nicht um ausgesuchte Individuen oder Institutionen, die symbolisch für die zu bekämpfende Sache stehen. Die religiösen Fanatiker sind an einer
Schadensbegrenzung nicht interessiert, womit die Wahrscheinlichkeit, daß auch Massenvernichtungswaffen zum Einsatz kommen, zunimmt.
Technologie und Material zur Herstellung von Massenvernichtungswaffen
Technologien und Materialien, die benötigt werden, um Massenvernichtungswaffen zu entwickeln und herzustellen, sind zunehmend leichter zugänglich. Mit einem gewissen physikalischen Verständnis und Zugang zu gut ausgestatteten technischen Labors könnte binnen sechs Monaten eine funktionstüchtige Nuklearwaffe entworfen werden.
Die unzureichenden Sicherheitsbedingungen für die beachtlichen Lagerbestände nuklearer Waffen und waffenfähigen Materials in der ehemaligen Sowjetunion sind in diesem Zusammenhang eine große Gefahr.
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