Das beginnende 14. Jahrhundert erlebte eine der größten Tragödien der Kirchengeschichte, den Prozess gegen die Templer. Ihr Orden, bisher hoch angesehen und reich, wurde von dem französischen König Philipp IV, dem Schönen, und seinen Ministern einer Reihe von Verbrechen angeklagt. Der König ließ durch eine staatlich gelenkte Inquisition über tausend Ritter verhaften, viele foltern und verbrennen. Papst Clemens V. wehrte sich zunächst gegen diese jedem Recht hohnsprechende Gewalttat, aber schließlich wurde auch er von Philipp überredet und hob den Orden auf dem Verwaltungsweg auf. Die Anklagen gegen die Templer waren falsch, ihre Geständnisse durch die Folter erpresst und daher wertlos. Die Ritter waren nicht besser, aber auch nicht schlechter als andere Ordensleute ihrer Zeit. Nur brauchte Philipp IV. ihr Geld, ihre Ländereien und Burgen; daher erfanden seine Minister das Märchen von der Schuld des Ordens, um diesen vernichten zu können. Die Verantwortung für diesen vielleicht größten Justizmord des Mittelalters trifft vor allem den König von Frankreich. Aber auch der Papst fehlte: Er ließ sich erpressen und wurde so ebenfalls zum Verfolger des Ordens, den er eigentlich hätte verteidigen müssen. Heute klagen Historiker, Journalisten und Literaten vor allem das Papsttum an, Clemens und die Inquisition werden beschuldigt, einen ruhmreichen und unschuldigen Orden der Habsucht eines Königs geopfert zu haben.
Heute steht fest, dass die Templer unschuldig waren; sie blieben der Kirche treu, die sie verfolgte. Als Märtyrer für die Wahrheit verteidigten sie trotz Folter ihren Orden. Mit Lügen und Meineid hätten sie sich ihr Leben, Freiheit und ein bequemes Auskommen erkaufen können. Die Templer blieben trotz der Folter treue Söhne der Kirche, kein einziger starb für ein falsches Credo. Die Hauptschuldigen der Templertragödie waren zweifelsohne Philipp der Schöne und seine Minister, vor allem sein Berater Nogaret. Dennoch trifft auch Clemens und seine Mitarbeiter ein nicht geringes Maß an Schuld.
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