Seit Anfang der 1950er Jahre gewannen einige Schriftstellervereinigungen Einfluß auf das literarische Leben: Auf den Tagungen der "Gruppe 47" (1947-1977) stellten meist jüngere Autoren ihre Werke vor und wurden kritisch gewürdigt; nicht selten wurde hier ihr Weg in die Öffentlichkeit geebnet; zu nennen sind und anderem Ilse Aichinger, Alfred Andersch, Günter Eich, Heinrich Böll, P. 0. Chotjewitz, H. Fichte, F. Mayröcker und W. Wondratschek. In dem offeneren literarischen Klima konnten sich auch Einzelgänger wie Arno Schmidt ("Zettels Traum") und H. C. Artmann durchsetzen und Erfolge erringen.
Die Fünfziger Jahre waren geprägt durch die Zeit- und Gesellschaftskritik im Rahmen des Wirtschaftswunders dieser Jahre. Es wird unterstellt, daß hinter der Frömmigkeit der Gesellschaft nur noch Gewinnstreben und skrupelloses Geschäftemachen steht. Die Literatur politisiert sich zunehmend. (Heinrich Böll, "Nicht nur zur Weihnachtszeit", "Ansichten eines Clowns"; Max Frisch, "Biedermann und die Brandstifter")
Textbeispiel: Gesellschaftskritik
Max Frisch; "Biedermann und die Brandstifter"
Auszug
BIEDERMANN: Ich glaube nicht an Klassenunterschiede !
das müssen Sie doch gespürt haben, Eisenring, ich bin
nicht altmodisch. Im Gegenteil. Ich bedaure es aufrichtig,
daß man gerade in den unteren Klassen immer noch
von Klassenunterschied schwatzt. Sind wir denn
heutzutage nicht alle, ob arm oder reich, Geschöpfe
eines gleichen Schöpfers? Auch der Mittelstand. Sind
wir, Sie und ich, nicht Menschen aus Fleisch und Blut?
... Ich weiß nicht, mein Herr, ob Sie auch Zigarren rauchen?
...
Ich rede nicht für Gleichmacherei, versteht sich, es wird
immer Tüchtige und Untüchtige geben, Gott sei Dank,
aber warum reichen wir uns nicht einfach die Hand?
Ein bißchen guten Willen, Herrgottnochmal, ein bißchen
Idealismus, ein bißchen - und wir alle hätten unsere Ruhe
und unseren Frieden, die Armen und die Reichen. Meinen
Sie nicht auch?
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