Das geistesgeschichtliche Fundament der Romantik war eine gegen den Rationalismus und Erkenntnisoptimismus der Aufklärung gerichtete Strömung, die besonders in Deutschland und Frankreich transzendentalphilosophische und okkultistische Züge gewann. Vorbereitend wirkten in Frankreich die Schriften von Abbé Prévost d'Exiles, Denis Diderot und Rousseau, in Deutschland und England die Gefühlskultur der Empfindsamkeit und des Pietismus. Von prägendem Einfluss auf das Geschichtsverständnis der Romantik wurde die von Johann Gottfried von Herder u. a. (Gottfried August Bürger, Göttinger Hain) vollzogene Hinwendung zur Volkspoesie und der Kultur des Mittelalters. Die der Romantik unmittelbar vorausgehende Epoche des Sturm und Drang bereitete mit ihrem Genie-Ideal den Boden für die subjektivistische Weltsicht und einen differenzierten Individualitätsbegriff.
Religion und Philosophie
Charakteristisch für die romantische Philosophie war die Gegenposition zum mechanistisch-rationalistischen Welt- und Menschenbild der Aufklärung, die, wie Julien Offroy de la Mettrie in seiner Schrift L'homme-machine (1748, Der Mensch eine Maschine), zu extremen Standpunkten vorgedrungen war. Skepsis an der Erkenntnissicherheit, Unbehagen an der Profanität des säkularisierten Weltbildes und das Bestreben nach magischen Formeln und ganzheitlichen Sichtweisen führten, wie bei Johann Gottlieb Fichte oder Friedrich Wilhelm von Schelling, zwangsläufig in den Grenzbereich zum Religiösen.
In spekulativer Weiterbildung der Sittenlehre Immanuel Kants gelangte Fichte zu einem System, in dessen Mittelpunkt das absolute, sittlich freie und schöpferische Ich stand (Wissenschaftslehre, 1794). Schelling betonte in seinem ersten Hauptwerk, Ideen zu einer Philosophie der Natur (1797), die Einheit von Natur und Geist. Seiner Ansicht nach war der Geist die unsichtbare Erscheinungsform der beseelten Natur, diese wiederum eine fortschreitende Selbstentäußerung des Geistes. Seine Auffassung der Kunst als höchster Gestaltungsform des Irdischen entsprach in großen Zügen Fichtes Postulat von der Freiheit des Künstlers, der sich spielerisch-ironisch mit den endlichen und unendlichen Erscheinungsformen des Seins auseinander setzt, und kehrte wieder in Novalis' Prämisse von der Vieldeutigkeit der Welt, die sich mit wechselnden Facetten und Bedeutungsverschiebungen im poetischen Schaffensprozess spiegelt. Die - jeweils auch umkehrbare - Umdeutung des Endlichen in Unendliches und des Gewöhnlichen in Geheimnisvolles verlieh der romantischen Philosophie einen Zug ins Paradoxe und Fragmentarische, der aber in Vorstellungen von der Alldurchdrungenheit oder Interdependenz aller Elemente der Schöpfung wiederum ein Korrektiv erhielt. Charakteristisch sind die - vor allem in der Literatur wirksamen - Forderungen nach "Synästhesie", also der Vermischung der verschiedenen Sinnesbereiche, oder der "Sympoesie" als Ideal des Zusammenwirkens im Kunstwerk. Die subjektivistische Position der Idealphilosophie Fichte'scher Prägung machte sich auch Friedrich Schleiermacher, der bedeutendste romantische Theologe, zu eigen. Kernpunkt der Religion war aus seiner Sicht das Gefühl des Individuums, mit der gesamten Schöpfung in einem Allzusammenhang zu stehen und in "Anschaung des Universums" das Unendliche zu spüren. Diese Haltung ging im Wesentlichen mit Goethes pantheistischer Weltsicht konform und rückte den Aspekt des religiös-sittlichen Handelns in den Hintergrund (Reden über die Religion an die Gebildeten unter ihren Verächtern, 1799). Unter religösen Vorzeichen standen auch zahlreiche programmatische Schriften der Epoche, wie Novalis' Die Christenheit oder Europa (1799) oder Joseph von Eichendorffs Zur Geschichte der neueren romantischen Poesie (1846).
Naturwissenschaft und Medizin
Die Tendenzen zum Spekulativen und Grenzüberschreitenden prägten auch die unter dem Einfluss der transzendentalen Philosophie stehende Naturwissenschaft. Eines der wichtigsten Werke waren die Ansichten von der Nachtseite der Naturwissenschaft (1808) des Schelling-Schülers Gotthilf Heinrich Schubert. "Nachtseite" bezeichnete weniger das Geheimnisvolle als das schlechthin Unbekannte. Schubert zeigte die Mängel der rationalistischen Wissenschaft auf und setzte u. a. seine Theorie des "kosmischen Fluidums" dagegen, das alle Wesenheiten durchdringe und so das Unsichtbare im Sichtbaren fassbar mache.
Ein ähnliches Interesse an parawissenschaftlichen Grenzphänomenen zeichnete die zeitgenössische Medizin aus, die in der durch Franz Anton Mesmer begründeten Theorie des "animalischen Magnetismus" eine die Grenzen der Scharlatanerie streifende, höchst populäre Ausprägung erfuhr. Mesmer und seine Adepten, wie der mit E. T. A. Hoffmann befreundete David Ferdinand Koreff, wurden mit "magnetischen Kuren", die zum Teil allerdings als seriöse Vorläufer der Hypnotherapie gelten können, zu gefeierten Modeärzten der oberen Gesellschaftsschicht.
Insgesamt gesehen mündeten die Vermischung von Wissen und Glauben, Religion, Wissenschaft und Philosophie sowie die damit einhergehende Idealisierung des künstlerischen Schaffens zu beachtenswerten Ansätzen einer Neudefinition des säkularisierten Welt- und Menschenbildes an der Schwelle zum bürgerlichen Zeitalter. Sie boten jedoch auf lange Sicht wenig brauchbare Orientierung, was die Welle der Konversionen zum Katholizismus (Clemens Brentano, Friedrich Gentz, Friedrich und Dorothea Schlegel, Friedrich von Stolberg, Zacharias Werner) erklärt, die häufig mit einem politischen Konservatismus patriotisch-reaktionärer Prägung einherging.
Geschichte und Politik
Die Romantik entstand in der Umbruchphase der feudalen zur bürgerlichen Gesellschaft und bedeutete einen entscheidenden Schritt in der Entwicklung bürgerlichen Selbstbewusstseins. Anders als der vorausgehenden Generation des Sturm und Drang fehlte ihr jedoch der aggressiv-gesellschaftskritische Tenor. Das Geschichtsbild basierte - vor allem in der epigonalen Spätromantik - auf einer idyllisierenden Sicht des Mittelalters mit dem deutschen Kaiserreich als letzter intakter, homogener Staats- und Sozialeinheit. Zwar nannte Friedrich Schlegel unter den drei wichtigsten Strömungen der Zeit neben Goethes Wilhelm Meister und Fichtes Wissenschaftslehre auch die Französische Revolution, doch erschien den meisten deutschen Romantikern der individuelle Freiraum weniger eine Angelegenheit der Bürgerrechte als der künstlerischen Freiheit, im Gegensatz etwa zu der anarchistischen Haltung des Engländers Percy Bysshe Shelley und dem praktizierten Heldentum seines Landmannes Lord Byron.
Große Aufmerksamkeit beanspruchte vor dem Hintergrund der politisch-historischen Umbruchphase das Thema Europa, so bei Novalis (Die Christenheit oder Europa, 1799), der eine Erneuerung aus dem Geist des Mittelalters anstrebte, oder Joseph Görres (Europa und die Revolution, 1821). Der Kampf gegen Napoleon I. löste zudem eine Flut patriotischen Schrifttums aus, wie Ernst Moritz Arndts Geist der Zeit (1806-1818) und Der Rhein, Deutschlands Strom und Deutschlands Grenze (1813) oder die Kriegsdichtung Theodor Körners, Max von Schenkendorfs und Friedrich Rückerts (Geharnischte Sonette, 1814). Im selben Zusammenhang standen Fichtes Reden an die deutsche Nation (1807-1808) sowie der streitbare Journalismus von Joseph Görres (Rheinischer Merkur) und Heinrich von Kleists Berliner Abendblätter.
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