Sozialpolitisch übernahm die BRD das System der sozialstaatlichen Sicherung das Bismarck eingeführt hatte, nämlich Kranken-, Unfall-, Altersversorgungs-, und Invalidenversicherung, die zunächst natürlich nur die notwendigsten Leistungen anbieten konnte, da der Staat nicht in der Lage war eine Anschubfinanzierung zu leisten und auf der anderen Seite sich die Versicherungen noch nicht ausreichend über Beiträge finanzieren konnten.
Die ersten Meilensteine in der Sozialpolitik waren die Kriegsopferversorgung (Zahlung von Renten/ ärztliche Versorgung/ Vermittlung bzw. Sicherung von Arbeitsplätzen), die Heimkehrerentschädigung (Rente für Kriegsgefangene, Heimkehrer, Angehörige von Kriegsgefangenen), der Lastenausgleich (Ausgleich für Schäden und Verluste der Vertriebenen, z.B. Hauptentschädigung, Wohnraumhilfen, Darlehen, Renten) und Wiedergutmachung (Ausgleich für erlittene Schäden von politisch Verfolgten/ Zahlungen an Israel). Trotz der allgemeinen Besserung der wirtschaftlichen Lage und der ersten sozialpol. Erfolge waren viele soziale Probleme, wie die ungleiche Einkommensverteilung, und die mangelnde Mitbestimmung und -beteiligung der Arbeiterschaft im Betrieb, plötzlich akut und verlangten weitere Schritte in Richtung Sozialstaat. Eine Kernfrage der Auseinandersetzung um soz. Gerechtigkeit war das Problem des Einkommens aus Kapital und der Produktionsmittelbesitz, denn diese Art des Einkommens lag in der Grauzone zwischen individueller Freiheit und sozialer Gerechtigkeit. Gesucht war ein Konsens zwischen diesen beiden Polen der einerseits diese Einkommensform begrenzte und andererseits auch den weniger begüterten einen Anteil an dem Kapital- und Produktionsmitteleinkommen sicherte. Ziel war einerseits eine neue Regelung der Verfügungsgewalt in den Unternehmen, damit die Arbeiter kreativ am Entscheidungsprozeß mitwirken konnten und andererseits die Erschließung von Möglichkeiten zu Vermögens- bzw. Eigentumsbildung für jeden Einzelnen und die Unabhängigkeit von sozial Schwächeren zu stärken und ihnen ebenfalls Einkommen aus Vermögen bereitzustellen und so soziale Sicherheit und Gerechtigkeit zu sichern. Der erste Schritt in diese Richtung war das Tarifvertraggesetz vom 9.4.1949, daß die Sozialpartner (Arbeitgeber/ Arbeitnehmer) wieder einsetzte und die Tarifautonomie (Verhandlungen ohne Eingriffe des Staates) wiederherstellte. 1951 folgte das Gesetz über die Mitbestimmung in der Montanindustrie. Die Gewerkschaften hatten mit Streik gedroht, falls das Gesetz nicht die gestellten Forderungen erfülle und Adenauer, der vor schweren außenpolitischen Verhandlungen stand wollte den sozialen Frieden waren und stimmte deshalb einer Parität zwischen Unternehmern und Arbeitnehmern in Aufsichtsräten der Montanindustrie zu. 1952 folgte das Betriebsverfassungsgesetz, welches die Mitbestimmung in Industriezweigen außerhalb der Montanindustrie regelte. In kleinen Betrieben und Aktiengesellschaften war ein Betriebsrat mit bestimmten Mitwirkungsrechten zu bilden. Vom Ziel der paritätischen Mitbestimmung war man zwar noch weit entfernt, jedoch war das der erste Schritt zur Anerkennung der Arbeitnehmer als gleichberechtigte Wirtschaftspartner und die Gewerkschaften blieben dem neuen Staat wohlgesonnen.
Auch auf anderen Gebieten entfaltete der Sozialstaat BRD seine aus- und angleichende Wirkung. Durch das 1. Wohnungsbaugesetz (1950) wurde der soziale Wohnungsbau in Angriff genommen und auch den Kleinsparern wurde mit Sparprämien und Volks- und Betriebsaktien unter die Arme gegriffen.
Zusammenfassend läßt sich also sagen, daß die Zeit des Aufschwungs auch eine Zeit des langsamen sozialen Ausgleichs war, der daß Wohlstandsgefälle des neuen Staates verminderte und den Grundstein für einen modernen Sozialstaat legte.
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