Frankl, der das Konzentrationslager während des 2.Weltkrieges erlebte, gibt in seinem Buch seine subjektiven Erlebnisse wieder. Somit handelt es sich mehr um eine Erlebnisschilderung als einen Tatsachenbericht. Wir alle kennen die Fakten nur zu gut, doch weiß man nicht was in einem Menschen in solcher ausweglosen Situation psychisch vorgeht. Frankl spiegelt den Alltag der Seele des durchschnittlichen Häftlings, wobei er vorweg erwähnt, wirklich nur "normale Häftlinge\" in seinen Schilderungen in betracht zu ziehen und somit höhergestellte wie Capos oder Prominente ausscheiden. Er schildert das Leiden und Leben der kleinen Opfer und nicht der Helden und Märtyrer. Schauplatz stellen die vielen meist nicht so bekannten Filiallager dar, die zwar meist keine große Fläche in Anspruch nahmen, dafür aber umso grauenhafter vorgingen. Mit seinem Buch bietet er allen Menschen die das Glück hatten, nicht durch die Hölle des KZ-Alltags zu gehen, die Gelegenheit subjektiv in die Psyche eines KZ-Häftlings zu blicken, sich ein Bild zu machen von dem täglichen Kampf um Nahrung und die Lebenserhaltung. Der Mensch im Konzentrationslager legt nach und nach seine menschlichen Charaktereigenschaften ab. Er wird zu einer Nummer, ein Kampf jeder gegen jeden beginnt. Um überhaupt mehrere Jahre in einer solchen Anstalt zu überleben musste man etliche Selektionen über sich ergehen lassen, bei denen die Alten und Schwachen von den noch Arbeitsfähigen getrennt und ins Gas geschickt wurden. Um diesen Kampf wenigstens eine Zeit lang durchzustehen, musste man eine gewisse Gewalttätigkeit wie auch Skrupellosigkeit an den Tag legen, den nicht die guten Menschen waren prädestiniert sondern die anpassungsfähigsten waren es die meist überlebten.
Anfangs wollte Viktor Frankl sein Buch unter seiner Häftlingsnummer anstelle seines Namens veröffentlichen, da er eine gewisse Abneigung gegen ein Exhibitionieren von Erlebten verspürte, schlussendlich ließ er sich aber doch davon überzeugen, dass das Bekenntnis den Wert einer Erkenntnis aufwerte.
Um dem gewöhnlichen Menschen die Psyche des KZ-Häftlings etwas Näherzubringen und aufzuschlüsseln, möchte ich seine Erlebnisse in 3 verschiedene Phasen gliedern:
1) Aufnahme ins Lager
2) Lagerleben
3) Entlassung
Diese drei Phasen werden subjektiv vom jedem Häftling in gewisser Weise ident und nacheinander erlebt. In seiner KZ-Zeit erlebt der Häftling sowohl Höhen als auch zahlreichere Tiefen.
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