Als ein Beispiel der Hexenverfolgung ist die Prozesswelle in Idstein zu nennen. Sie
wurde von einem Kind ausgelöst, das behauptete, "daß seine Patin ihm das Mäuse und
Eidechsen machen lehren würde ". Graf Johannes glaubte, daß einige Mißstände - der
Tod seiner zweiten Frau und der seiner Kinder, sowie das Viehsterben - auf das Werk
von Hexen zurückzuführen sind. Die Ängste der Bevölkerung wurden geschürt und
auf bestimmte Personen gelenkt. Dies geschah durch die Mithilfe des fanatischen
Pfarrers Wicht aus Heftrich. In diesen Fällen ging die Initiative nicht von der
Bevölkerung, sondern von Graf Johannes aus. Bei der Idsteiner Hexenverfolgung, eine
der letzten großen in Deutschland, übernahm allein Graf Johannes die völlige
Befehlgewalt. Es lief nichts ohne eine Rücksprache mit dem Graf. Da er sich mit der
Thematik der Hexenverfolgung gut auskannte, wollte er den bekannten Mißständen
vorbeugen. Er verhinderte den finanziellen Ruin der betroffenden Familien und deren
Verwandtschaft, denn er sorgte dafür, daß das Land der Verurteilten weiterhin von
Verwandten genutzt wurde. Nach dem 30jährigen Krieg wären die Folgen der Armut
nicht zu verkraften gewesen.
Die Gerichtskosten richteten sich nach dem Vermögen. Es wurde jedoch immer noch
genug an der Verfolgung verdient. Interessant war, daß sich Graf Johannes alle
Personen vor ihrer Verhaftung vorschlagen ließ.
Ullrico@t-online.de (Sebastian Boettcher)
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Die Namen wurden in gewaltsam erreichten Geständnissen oder in persönlichen
Anzeigen genannt. Die meisten Personen kamen aus dem Mittelstand, waren also nicht
arm. Die Hälfte der Opfer waren Frauen, die Witwen angesehener Bürger.
Aus diesem Grund kann man schließen, daß sich die Hexenjäger nur vermögende
Opfer aussuchten. Ein Beispiel hierfür ist die Tatsache, daß auf die Hinrichtung einer
Kuhhirtin verzichtet wurde, trotz genügernder Anklagepunkte.
Ein großer Teil der Verurteilten waren Bürger, die nach dem 30jährigen Krieg zu -
gezogen waren. Sie wurden mit der Begründung verurteilt, daß sie wegen Hexerei aus
ihrer Heimat vertrieben wurden. Hauptziel waren die Frauen. Da das Land nach dem
Krieg allerdings unter Bevölkerungsmangel litt, sollte keine Frau verurteilt werden,
die noch Kinder bekommen konnte. Keine der getöteten Frauen in Idstein war jünger
als 40 Jahre. Eine jüngere Angeklagte wurde schnell wieder entlassen. Somit wurde
klar, daß kein Interesse an jungen Frauen bestand.
Die Hexenverfolgung wurde von Graf Johannes vom 26. Dezember 1675 bis zu
seinem Tode betrieben ( 23. Mai 1677). Der Graf suchte seine Opfer erst in Idstein,
dann in Heftrich und später in Wiesbaden. Die Hexenverfolgung forderte in einem
Zeitraum von einem Jahr und drei Monaten 39 Opfer. Bei den Verfahren mußte steng
nach der Carolina gehandelt und gerichtet werden. Es kam alle 14 Tage zu großen
Schauprozessen, mit anschließendem prozessionsartigen Zug zur Hinrichtungsstätte.
Die Hexenverfolgung wurde zu einem Selbstläufer, da Angeklagte immer Namen von
weiteren Hexen oder Hexern nennen mußten. Man konnte fast von dem Aufbau einer
durchorganisierten Prozeßmaschinerie reden. Diese Maschinerie war sehr abhängig
von der Person des Grafen, denn sie geriet ins Stocken, als der Graf erkrankte.
Trotz der tödlichen Erkrankung ließ er im Dezember 1676 zwei Frauen hinrichten,
und sogar an seinem Todestag mußte eine Person sterben.
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