Nixon zog im Januar 1969 ins Weiße Haus ein. Er stand durch sein uneingelöstes
Versprechen des \"geheimen Plans\" bereits von Beginn weg unter Zugzwang. Nixon
und sein Sicherheitsberater Henry Kissinger bemerkten bald, dass die Amerikaner in
Vietnam keinen militärischen Sieg erlangen würden. Sie wollten den Südvietnam jedoch auf keinen Fall sich selbst überlassen. Nixon und Kissinger beschlossen, die unter Johnson begonnene \"De-Amerikanisierung\" weiterzuführen. Damit meinte man den schrittweisen Abzug amerikanischer Soldaten und die langsame Übergabe der
Kampfhandlungen an die ARVN. Die \"De-Amerikanisierung\" wurde jedoch nun in den
etwas treffenderen Namen \"Vietnamisierung\" umbenannt. Diese rechtfertigte Nixon mit der so genannten \"Nixon-Doktrin\". In dieser erklärteder Präsident, dass von nun an die USA ihre Alliierten in Asien zwar weiterhin unterstützen, sich jedoch nur noch in Ausnahmefällen selbst militärisch an einem Krieg beteiligen würden.
Im Februar 1969 ließ Nixon nordvietnamesische Rückzugsgebiete in Kambodscha
bombardieren. Im März darauf kam in Kambodscha nach einem Putsch General Lon Nol an die Macht. Daraufhin hielt Nixon den Zeitpunkt für gekommen, die Rückzugsgebiete der Nordvietnamesen durch eine Bodenoffensive zu durchkämmen.
Diese Offensive war jedoch nichtsonderlich erfolgreich.4Der Öffentlichkeit wurde das Vorgehen in Kambodscha verheimlicht. Innenpolitisch war denn auch Nixons Kurs recht erfolgreich. Eine Weile schien es, er könne die Antikriegsbewegung erfolgreich bekämpfen. So brachte ihm die Ankündigung der Verlegung von 25000 Soldaten aus Vietnam im Juni große Zustimmung. Drei Monate später kündete er einen weiteren groß angelegten Truppenabzug an. Im Herbst drohte die Lage jedoch wieder zu kippen. Bei einer Demonstration gingen vier Millionen Amerikaner auf die Straße. Die Zustimmung der Öffentlichkeit für seine Politik sprang nach einer patriotischen Fernsehansprache Nixons über Nacht auf siebzig Prozent.
Bis Mitte 1970 wurde die ARVN von 850000 auf über eine Million Mann aufgestockt.
Die Luftwaffe wurde zur viertgrößten der Welt aufgerüstet.
Die Ausbildungsprogramme wurden weiter verstärkt und der Sold aufgebessert. Eine auf amerikanischen Druck durchgeführte Landreform brachte der Saigoner Regierung wieder etwas Sympathie der Landbevölkerung ein. Doch trotz aller Anstrengungen blieben die Hauptprobleme nach wie vor die unmotivierten ARVN-Soldaten, die große Anzahl an Desertionen, die militärische Abhängigkeit von Amerika und die Korruption, welche die Verwaltung dominierte.
Die Amerikaner übernahmen nun immer mehr die passiveren Aufgaben. Dadurch
musste die südvietnamesische Armee zunehmend die offensive Kriegsführung
aufnehmen. Die nordvietnamesischen Truppen und die ARVN waren etwa gleich
stark. Die Amerikaner zogen jedoch alle sechs Monate 50000 Soldaten ab. In dieser
Zeit gingen Nixon und Kissinger fälschlicherweise davon aus, dass der Nordvietnam von China und der Sowjetunion abhängig sei. Die Beziehungen zu den beiden
Großmächten hatten sich unterdessen verbessert. Kissinger reiste im Vorfeld des
Chinabesuches von Nixon nach Peking. Er bat die chinesische Regierung Druck auf
Hanoi auszuüben. Als die nordvietnamesische Führung davon erfuhr, fühlte sie sich
von China verschaukelt und hintergangen.
Ein Monat nach Nixons Besuch in China im Februar 1972 starteten die
Nordvietnamesen die Oster-Offensive. Dabei drangen 120000 mit sowjetischen
Panzern ausgerüstete nordvietnamesische Soldaten in Südvietnam ein. Die
Grenzverteidigung der ARVN wurde kurzerhand überrollt und sie stießen bis 70
Kilometer an Saigon vor. Nixon wollte unter keinen Umständen im Wahlkampf einen
Krieg verlieren. Er liess also erneut die Luftoffensiven gegen den Norden fliegen und
wichtige nordvietnamesische Häfen verminen, um den Nachschub aus China und
den Sowjetunion abzuschneiden. Es waren die bisher schwersten Luftangriffe auf
nordvietnamesische Ziele und diese verfehlten ihren Zweck nicht. Der Nachschub
aus dem Norden für die im Süden kämpfenden nordvietnamesischen Truppen konnte
gestoppt werden. Daraufhin konnte die ARVN die Angreifer bis im Sommer
zurückschlagen.
In Paris machte man sich indes Hoffnungen, endlich zu einem Friedensvertrag zu
gelangen. Kissinger und der nordvietnamesische Vertreter fanden sich schnell in den
wesentlichen Punkten. Einzig der südvietnamesische Präsident Thieu fühlte sich von
den Amerikanern hintergangen und weigerte sich, ein Abkommen zu unterzeichnen.
Als daraufhin auch Hanoi wieder am Friedensvertrag zweifelte, ordnete Nixon im
Dezember 1972 das \"Weihnachtsbombardement\" an. Nixon konnte Thieu schließlich
doch davon überzeugen, den Vertrag zu unterzeichnen. So kam es im Januar 1973
zum Pariser Friedensabkommen zwischen den USA, Nord- und Südvietnam. Dabei
verpflichteten sich die Vereinigten Staaten sämtliche Truppen abzuziehen und
Nordvietnam erkannte die Regierung im Süden an.
Trotz der Unterzeichnung des Friedenvertrages gingen die Kämpfe zwischen den
Nordvietnamesen und den Truppen aus dem Süden weiter. Beide Seiten wollten ihre
Gebiete verteidigen oder sogar noch ausweiten. Anfang Dezember 1974 leiteten die
nordvietnamesischen Truppen dann die Schlussoffensive gegen Saigon ein. In den
frühen Morgenstunden des 30. Aprils 1975 marschierten sie in Saigon ein und noch
am selben Tag endete der längste Krieg im 20. Jahrhundert mit der Kapitulation der
südvietnamesischen Regierung.
7.1. Auswirkungen
Im Vietnamkrieg wurden schätzungsweise 200000 südvietnamesische und 56000 amerikanische Soldaten sowie 5000 Angehörige der SEATO-Verbänden getötet. Auch auf kommunistischer Seite hatte der Krieg 920000 Soldatenleben gefordert. Weit erschreckender war aber die hohe Zahl an Opfern unter der Zivilbevölkerung: In Nordvietnam kamen 350000 Zivilisten ums Leben, in Südvietnam gar 450000. Schuld daran waren vorwiegend die Flächenbombardements der US-Luftwaffe, die ganze Landstriche entvölkert hatten.
Darüber hinaus wurde auch das Land Vietnam arg in Mitleidenschaft gezogen: Die ganze Wirtschaft und Infrastruktur war zerstört, was sich in den massiven wirtschaftlichen Problemen der Nachkriegszeit widerspiegelte, und der grossflächige Einsatz von Napalm und Entlaubungsmitteln rief massive, zum Teil nicht wiedergutzumachende ökologische Schäden hervor.
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