Während des ersten Fünfjahresplans wurde die Transsibirische Strecke saniert und der Betrieb auf der ganzen Strecke wieder gewährleistet. Zu Beginn diente die Transsib den Sowjets vor allem zu 2 Zwecken. Erstens als Transportmittel, das die Industrialisierung Sibiriens ermöglichte und zweitens als praktische Methode, möglichst viele Regierungsgegner nach Sibirien zu verbannen. In diesen Verbannungszügen wurden laut Erzählungen die politischen Häftlinge wie Vieh gestapelt und lebten meist Tagelang ohne Nahrung. Reguläre Personenzüge verkehrten bis zum 2. Fünfjahresplan, als man endlich genügend Rollmaterial für die Transsib anschaffte, kaum mehr. Die grosse Industrialisierung Sibiriens begann eigentlich in Kusbass, das in Mittelsibirien und natürlich an der Transsib lag. Dort entstand nach 1923 ein riesiges Zentrum der Schwerindustrie. Dortige Kohlevorkommen haben das ermöglicht. In den nächsten Jahrzehnten unter den Sowjets sollte sich Sibirien mehr verändern als in den 350 zaristischen Jahren zuvor. Überall an der Transsib entstanden riesige Industriebezirke. In Kusnezks und Magnitogorsk entstanden die weltgrössten Eisen - und Stahl Industrien. Riesige Walz - und Rohrwerke, Maschinenfabriken, und manch anderes, worüber die sowjetische Presse nicht sprach, kam hinzu. Eisen wurde nun auch im Altai gewonnen, in Krasnojarsk, Chabarowsk und im Transbaikalgebiet. Dazu kamen überall riesige Fabriken, die Traktoren, Autos, Maschinen aller und später vor allem auch chemische Produkte herstellten. Später kam als wichtiger Faktor noch das Öl hinzu, dass weiter im Norden gewonnen, und deren Bohrstellen mit der Transsib verbunden wurden. Die Landbevölkerung Sibiriens, die zur Zeit des Zaren auswanderte und aufgrund der Agrarkrise (Kollektivierung.) auf dem Land keine Perspektive mehr sah, zog in Massen in die entstehenden Metropolen Sibiriens. Nach dem dritten Fünfjahresplan tauchten auch in den fernsten Wildnissen Sibiriens (natürlich nur an der Transsib) Wälder von Fabrikschloten und dampfenden Türmen auf, verbunden durch gewaltige Netze von Schienensträngen und Rohren. Schon das Vorfeld Sibiriens, die Uralregion zählte bald als eines der grössten Industriegebiete der Welt. Weiter nach Osten und Südosten zog sich eine Reihe von weiteren gigantischen Industriebezirken hin. Die grössten darunter waren der von Nowosibirsk, der
Kusnezker, der Transbaikalische und schliesslich
der Fernöstliche. Wer z.B. 1970 das erste Mal nach
dem Ende des Zarenreiches wieder mit der Transsibirischen Eisenbahn nach Vladivostok fuhr, musste seinen Augen nicht trauen: Wo früher einige Hütten standen wurden Städte mit mehreren Hunderttausend Einwohnern aus dem Boden gestampft. Das extremste Beispiel der Stadtentwicklung an der Transsib ist zweifelsohne Novosibirsk. 1893 wurde es als Siedlung am Fluss Ob gegründet. Es diente als Arbeiterunterkunft, besonders auch für jene, die an dieser Stelle die Brücke über den Ob bauten. In dieser Arbeitersiedlung wohnten 1926 bereits fast 100\'000 Menschen, heute ist Novosibirsk mit knapp 2 Millionen Einwohnern die grösste und wichtigste Stadt Sibiriens. Doch auch alle anderen Städte an der Transsib, die wirtschaftliche Bedeutung hatten, wuchsen in ähnlichem Masse. Auch Städte wie Tschjelabinsk, Omsk, Krasnojarsk und Irkutsk haben heute über eine Million Einwohner. Die Transsib war ohne Zweifel die Einrichtung, die der Sowjetunion den Weg zur Wirtschaftsmacht ebnete. Sie war die unumstrittene Lebensader des gesamten sibirischen Raumes, der wiederum für Russland zum unverzichtlichen Wirtschaftsraum wurde. Die Transsib wurde von Jahr zu Jahr wichtiger und florierte nach dem 2.Weltkrieg bis zum Ende der Sowjetunion. Die Züge wurde schneller, sicherer und länger (Der längste Zug fuhr allerdings bereits 1936 mit unglaublichen 142 Wagen, die 11\'200 wogen und 250 Kilometer von Tscheljabinsk bis Kurgan fuhren) Bis 1990 galt der Hauptstrang der Transsibirischen Eisenbahn immer als 100% ausgelastet. Er war die meistbefahrene Zugstrecke der Welt, alle 2-3 Minuten donnerte ein Zug durch die verlassenen Ebenen Mittelsibiriens oder am felsigen Ufer des Baikalsees entlang. Die Transsibirische Bahn war immer die einzige Möglichkeit, Güter und Personen schnell und in grossen Mengen durch Sibirien zu transportieren - Gute Strassen existierten dort nämlich über weite Strecken nie. Die Transsibirische Bahn hatte ihre bisher grösste Zeit unumstritten in der Sowjetunion der Nachkriegszeit.
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