Dadurch, dass die höfische Form der Dichtungen abgelehnt wurde, veränderte sich die Struktur in der Öffentlichkeit und die Situation des Schriftstellers. Die Zeit, in der die Hofdichter noch ein festes Gehalt hatten, ging nun zu Ende. An dessen Stelle trat jetzt der freie Schriftsteller, der von seiner Arbeit als Dichter leben musste. Der Vorteil dabei war die geistige Unabhängigkeit von fürstlichen oder geistlichen Geldgebern. Der Nachteil dabei war aber die Unsicherheit des Einkommens (manchmal auch gar keines). Kaum ein Schriftsteller im 18. Jahrhundert konnte wegen der geringen Auflagenhöhe und Honorare (pro Bogen nur 5 bis 7 Taler; Vergleich: Ein Maßanzug kostete 20 Taler) vom Produkt seiner Arbeit leben. Das galt ebenso für Zeitungen und Zeitschriften. Eine Auflagenhöhe von 1000 bis 3000 Stück war normal für einen renommierten Autor. Wirklich hohe Auflagen erreichten populär geschriebene Ratgeber für die Bevölkerung, manche wurden von den Fürsten als antirevolutionäre Propaganda an ihre Untertanen kostenlos verteilt. Die Schriftstellerhonorare hielten sich in Grenzen und selbst Spitzenverdiener wie Lessing, Wieland und Klopstock schrieben nicht pausenlos Bücher.
Deswegen mussten sich die meisten Schriftsteller nach Nebeneinkünften umsehen und zum Beispiel als Hofmeister oder Beamter arbeiten, oder sie suchten sich wieder adelige Gönner, von denen sie sich materielle Unterstützung erhofften. Andere versuchten als Herausgeber von Zeitschriften und durch journalistische Arbeiten ihre finanzielle Lage zu verbessern.
3.1 Die Zensur
Die neue Freiheit des Schriftsteller wurde nicht nur durch die wirtschaftliche Lage gefährdet, sondern auch durch die Zensur. Ein Mitglied der Wiener Buchkommission, die über die Zensur in Österreich wachte, definierte 1761 die Zensur als eine Aufsicht, die aufpassen sollte, das im Lande keine gefährlichen und keine schädlichen Bücher gedruckt oder dass solche Bücher aus dem Ausland eingeführt werden. Außerdem wollte sie nur solche Bücher gedruckt sehen, die nicht Schlimmes über die Religion, nichts, was die Sitten verderbt und außerdem nichts gegen den Staat schrieben. Ein Beispiel für die Zensur ist, dass es Lessing verboten wurde seine religionskritischen Schriften zu veröffentlichen.
Durch die Zensur wurde der Vertrieb und Verkauf der Bücher beeinträchtigt. Schädlich für ein freies Schriftstellertum war die selbstauferlegte Zensur, deren sich mancher Autor selbst unterwarf. Um den Verkauf seines Buches sicherzustellen, ließen manche Schriftsteller gefährliche Gedanken von vornherein weg, um der öffentlichen Zensur zu entgehen. Man konnte aber auch unter einem anonymen Namen sein Werk veröffentlichen. Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass die Zensur als ernstes Problem erkannt und bekämpft wurde. Die Forderung nach Pressefreiheit und Abschaffung der Zensur, war die Meinung vieler Schriftsteller.
Der Zusammenhang zwischen Zensur und dem Fortschritt der Menschheit wurde von den aufklärerischen Schriftstellern klar erkannt. Die Zensur konnte jedoch nicht abgeschafft werden.
3.2 Der literarische Markt
Entscheidend für den Schriftsteller war auch die Entstehung eines literarischen Marktes. Dafür waren vor allem der rasche Anstieg der Buchproduktion und der sprunghafte zahlenmäßige Anstieg der Schriftsteller verantwortlich. Diese rasche Steigerung der Bücherzahlen machte es notwendig, die Buchproduktion und deren Vertrieb nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten zu organisieren.
Anstatt den Gesetzen des Tauschhandels (1450 - ca. 1700) organisierten Buchhandels traten das moderne Verlagswesen und der moderne Buchhandel in Kraft. Verleger beauftragten Druckereien mit der Herstellung von Büchern. Die Bücher kamen dann zu den sogenannten Sortimentsbuchhändler. Dies war die Geburtsstunde des neuzeitlichen Verlegers und Buchhändlers. Erstmals gab es feste Preise. Bücher wurden nun nicht mehr nur einmal im Jahr auf Messen angeboten, sondern konnten auch während des Jahres über Buchhändler bezogen werden. Die Käufer konnten jetzt Bücher wie jede andere Ware ständig kaufen. Dieses Produktions- und Verteilsystem hat sich bis heute erhalten.
Das hatte auch Folgen für die Schriftsteller, die sich an den Markt und den literarischen Geschmack der Kunden anpassen musste. Literatur wurde, wie damals schon erkannt wurde zur Kaufmannsware, der Schriftsteller zum Lohnschreiber. Die wirtschaftliche Stellung des Schriftstellers reichte dabei vom verlagsabhängigen Lohnarbeiter bis zum selbstständigen Warenproduzenten. Die Schriftsteller waren generell abhängig vom Verleger und Versuche sich selbständig zum Verleger zu machen scheiterten.
Was die Autoren nicht so gut fanden war, dass ihnen ihre Schriften nicht gehörten, sondern den Verlegern. Die Verleger konnten also machen was sie wollten mit den Schriften. Wenn ein Buch sehr gefragt war, ließen die Buchhändler es nachdrucken ohne, dass der Schriftsteller dafür Geld bekam. Dabei achteten sie nicht auf das Autoren- und Verlegerrecht. Diskussionen über den Schutz dauerten noch bis ins 19. Jahrhundert.
Im 18. Jahrhundert lebte der einzelne Schriftsteller in einer rechtlich ungesicherten Situation und war dem Gesetzen des Marktes schutzlos ausgeliefert. Dazu kam der starke Konkurrenzdruck unter den Autoren. Auf dem literarischen Markt konnten nur die Autoren überleben, denen es gelang sich dem Publikumsgeschmack anzupassen oder Autoren, deren Werke durch Originalität in Inhalt und Form das Interesse der literarischen Kenner auf sich ziehen konnten. Nur ein kleiner Teil der Autoren produzierte nur nach seinem künstlerischen Gewissen.
Außerdem gab es noch ein ausgedehntes Zeitschriftenwesen. Dieses vermittelte nicht das Tagesgeschehen, denn dafür war die Herstellung und Verbreitung zu langsam, sondern gesellschaftlichen, religiöse, moralische, ästhetische und literarische Ideen für das gebildete Publikum. Die Redaktion der Zeitschrift bestanden häufig nur aus dem Herausgeber und einigen freien Mitarbeiter.
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