Das 11. und 12. Jahrhundert ist gekennzeichnet durch eine Phase der Stadtgründungen. Das Königtum, geistliche und weltliche Fürsten, geistliche und weltliche Herren verschiedenen Ranges gründeten planmäßig neue Städte oder verliehen an bereits bestehende Orte städtische Rechte. Die Feudalgewalten förderten den Aufbau von Städten, aufgrund ökonomischer und territorialpolitischer Interessen. Sie dienten als Festung, zur Grenzsicherung und territorialen Expansion. Die Stadtmauer belegt sowohl die Wehrfähigkeit als auch den politischen Selbstbehauptungswillen der Stadtbewohner. Zudem bietet sie der Landbevölkerung Schutz.
Die Mauer beschreibt einen eigenen Rechtsbereich von stadtbürgerlicher Freiheit und Gleichheit. Die Stadt befindet sich inmitten einer herrschaftlich geordneten, auf Bindung ausgerichteten argrarisch-feudalen Umwelt, die die Stadt vor kriegerischen Übergriffen benötigt. Unsicher bleiben jedoch die Zufahrtswege in die Stadt und die Handelswege, die nur unvollständig gesichert werden können.
Die Städte breiteten sich nun sehr schnell aus. Als typisches Beispiel für diese Entwicklung wird Lübeck 1143 (1158/59) angeführt. Als weitere Beispiele dienen Freiburg im Breisgau 1120 (Zähringer), Leipzig 1156 - 1170 (gegründet vom Marktgraf von Meißen), München 1158 (Heinrichs des Löwen). Lübeck, Brandenburg, Freiburg im Breisgau und München gelten allesamt als Städte, welche die Entwicklung vom Markt zur Stadt vollzogen haben. Sie erwuchsen alle aus alten Siedlungsteilen, die teilweise planmäßig mit neuem Stadtteil kombiniert wurden. Die vorgenannten Städte lassen sich also als gewachsene Städte bezeichnen, andererseits wird es auch regelrechte Stadtgründungen gegeben haben. Das schnelle Wachstum der Städte hatte Gründungen von Neustädten als Erweiterung der Rechtsstadt zur Folge. Diese besaßen oft eine eigene Gemeinde. Kirche und Mauer blieben aber abhängig vom Stadtherrn oder Stadtrat der Rechtsstadt. Die Wirtschafts- und Sozialstruktur wurde innerhalb der Städte auch nicht voll ausgebaut.
Je mehr Städte gebaut wurden, desto kleiner gestaltete sich ihr Ausmaß. Die Zeit ab 1250 wurde geprägt durch diese Kleinstadtgründungen und Minderstädte. Minderstädte waren "...von ihren Gründern bewußt reduzierte städtische Siedlungen, die auch in ihren Bezeichnungen - Flecken, Städtlein, Markt, Freiheit, Tal, Weichbild- unter dem Stadtbegriff blieben."
Die Rechtsverhältnisse wurden in der Gründungsstadt rasch geregelt. Sie übernahmen die Rechte und Freiheiten der gewachsenen Städte, die sich diese langsam erkämpft hatten. Meist erfolgte die Rechtsübernahme von einer angesehenen Stadt, d. h. auch hier befand sich jede Stadt auf einer individuellen Entwicklungsstufe.
In der Stadtgeschichtsforschung wurde eine starke Trennung von der Gründungsstadt und der gewachsenen Stadt vorgenommen. Doch nach neueren Untersuchungen kann man diese Trennung nicht aufrechterhalten, da die Stadt selbst, wenn sie gegründet wurde, einen längeren Entstehungsprozeß durchlief. Ein für die Stadt wichtiges Datum war der Tag an dem der Stadtherr das Stadtrecht verlieh und gewöhnlich eine Urkunde ausstellte. Dies war ein bedeutender Akt, denn nun verfügten die Bürger über eine sichere Rechtsgrundlage.
"Mit einigem Recht kann man sagen, daß im Spätmittelalter Stadt ist, was im urkundlichen, d.h. rechtlichen, Sprachgebrauch Stadt genannt wird, und daß Stadterhebung und Stadtrechtsprivileg eine Siedlung zur Stadt machen, wenigstens rechtlich und nominell."
Anfangs verzichteten teilweise die Stadtherren auf ihre Einkünfte, um den Aufbau der Stadt zu fördern und zusätzliche Bürger zu gewinnen. Nach diesen Jahren wurden die kommunalen Institutionen geschaffen und die Selbstverwaltung durch den Rat übernommen.
In der Stadt zentrierte sich die Wirtschaft, Handel, Handwerk und Gewerbe von der die Stadtbevölkerung leben sollte. Durch Privilegien wurde das städtische Wirtschaftsleben gefördert (Marktrecht, Zollbefreiung, Münzrecht, Jahrmärkte, Bannmeile usw.). Anfangs bekamen die Städte nur geringe Landflächen für die städtische Wirtschaft. (Holzversorgung, Weide). Doch nicht in jeder Stadt konnte sich ein ausgeprägtes Wirtschaftsleben ausbreiten, so daß spätere Städte mit größeren Landflächen ausgestattet wurden. So konnte ein Teil der Bewohner von der Landwirtschaft leben. (Ackerbürger)
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