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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Der äußere anlass: die julikrise 1914



Der Auslöser des 1. Weltkrieges war die Ermordung von Franz Ferdinand, dem österreichischen Thronfolger, und seiner Ehefrau am 28. Juni 1914 in Sarajewo. Die Motive für den von dem Studenten Gavilo Princip durchgeführten Mord lagen in den slawenfeindlichen Politik des österreich-ungarischen Völkerstaates. Die dort lebenden Slawen strebten eine nationale Befreiung an, welche Österreich-Ungarn jedoch verhindern wollte, um seine Vorrangstellung in der Doppelmonarchie zu behalten. Aber da die Slawen sich der Unterstützung des Königreichs Serbien und Russlands sicher sein konnten, wurden sie in ihrem Vorhaben nur noch mehr gestärkt. Das Königreich Serbien nämlich stand an der Spitze einer serbischen Bewegung, in der es darum ging, alle slawischen Völker Osteuropas zu vereinigen (Panslawismus!) und Russland unterstütze den Panslawismus ebenfalls, da es darin eine Chance sah, seinen Machtbereich erheblich zu vergrößern und alle slawischen Völker unter russische Herrschaft zu stellen. Da diese Kräfte eine existenzielle Bedrohung für Österreich-Ungarn darstellten, versuchte Franz Ferdinand seinen Dualismus Österreich-Ungarn in einen Trialismus Österreich-Ungarn-Südslawien zu erweitern, indem er der slawischen Bevölkerung Gleichberechtigung und innere Autonomie einräumte. Er sah darin den einzigen Weg, die Slawen im Reichsverband zu halten und den Fortbestand des Völkerstaates zu sichern. Aber da dieser Bund mit Österreich-Ungarn die Ziele des Panslawismus und somit die Hoffnung auf ein großserbisches Reich zerstört hätte, sah die serbische radikal-nationalistische Geheimorganisation "Schwarze Hand" den einzigen Weg den Trialismus aufzuhalten darin, dessen Integrationsfigur, Franz Ferdinand, zu ermorden.
Die europäische Öffentlichkeit war schockiert von dem Attentat und verlangte von der serbischen Regierung eine Genugtuung an den Völkerstaat, da für sie eine Unschuld der serbischen Regierung an dem Attentat außer Frage stand.
Diese Situation wollte Österreich-Ungarn nutzen, um durch eine harte Strafaktion der Bedrohung durch Russland und Serbien ein Ende zu bereiten. Das Ziel war ein auf Südosteuropa beschränkter Konflikt, der einerseits das Risiko einer europäischen Krieges eingrenzte, wovor der Völkerstaat Angst hatte, da hinter Serbien Russland und hinter Russland seit der Tripelentente (1907) Frankreich und Großbritannien standen, und andererseits Serbien zu einem abhängigen Staat herabdrückte.
Das Deutsche Reich versicherte Österreich, dass es auf Grund seiner Bündnisverpflichtungen und tiefen Freundschaft gegenüber Österreich stets an der Seite Österreich-Ungarns stehe und dem Völkerstaat jederzeit Rückendeckung geben werde. Diese Bereitschaft lässt sich allerdings auch dadurch erklären, dass Deutschland, welches von den übrigen Großmächten Europas eingekreist war, nicht auch noch seinen letzten Bundesgenossen verlieren wollte, denn auf Grund der Marokkokrisen herrschte eine gespannte Beziehung zwischen Deutschland und Frankreich. Beide Staaten hatten Interesse an Marokko, welches 1905 erst zur 1. Marokkokrise führte, die die sogenannten "Entente Cordiale", eine britisch-französischen Vereinigung, und die Isolierung Deutschlands bestärkte und zur 2. Marokkokrise. Die zweite Marokkokrise wurde ausgelöst durch die Besetzung Fés durch die Franzosen, woraufhin Deutschland sein Kanonenboot Panther nach Agadir sandte. Die Krise wurde durch ein Abkommen beseitigt, welches das französische Protektorat über Marokko festlegte. Durch den Bau der Bagdadbahn wollte Deutschland außerdem seinen Machtbereich auf den vorderen Orient erweitern, was wiederum den Unmut von Russland und England beschwor, die ihre Einflusssphären bedroht sahen. So schloss sich also 1914 England dem Bund zwischen Russland und Frankreich an und stand so dem Deutschen Reich gegenüber.
Weil sich Österreich also der Unterstützung des Deutschen Reiches gewiss sein konnte, richtete es am 23. Juli 1914 ein hartes, auf 24 Stunden befristetes Ultimatum an Serbien, in dem sie u.a. die Unterdrückung jeglicher Aktionen und Propaganda gegen die territoriale Integrität der österreich-ungarischen Monarchie verlangte und eine gerichtliche Untersuchung des Attentats unter Mitwirkung österreich-ungarischer Beamter forderte.
Serbien akzeptierte das Ultimatum in fast allen Punkten und wies nur die Mitwirkung österreichischer Beamter bei den innerstaatlichen Untersuchungen zurück, da dies ein Eingriff in die staatliche Souveränität bedeutet hätte. Die überraschend entgegenkommende serbische Antwort hatte einen Stimmungswechsel in den Hauptstädten Europas zur Folge. Alle Gründe für einen Krieg entfielen. Noch einmal kam es zu diplomatischen Vermittlungsversuchen; ein Frieden schien nach wie vor möglich. Doch Österreich-Ungarn sah sein Vorhaben der inneren Stabilisierung durch Niederwerfung Serbiens auf Grund der internationalen Verständigungsinitiativen gefährdet und erklärte Serbien am 28. Juli 1914 den Krieg.
Durch die vielen gegenseitigen Bündnisverpflichtungen wurde damit ein Räderwerk der Mobilmachung in Gang gesetzt. Am 30. Juli 1914 ordnete Zar Nikolaus II. die Gesamtmobilmachung in Russland an, worauf das Deutsche Reich mit einem Ultimatum reagierte, welches die Einstellung der Mobilmachung gegen Österreich und Deutschland innerhalb von 12 Stunden forderte. Aber das Ultimatum blieb unbeantwortet und so erklärte das Deutsche Reich am 1. August Russland den Krieg.
Deutschland hatte also Russland den Krieg erklärt, aber noch keinen Aufmarsch- und Kriegsplan für einen Einfrontenkampf erarbeitet, musste also nach einem alten, bereits existierenden Feldzugsplan vorgehen. Dieser Feldzugsplan jedoch war lediglich für einen Zweifrontenkrieg gegen Frankreich und Russland konzipiert. Der Generalstab wollte also zuerst innerhalb von 6 Wochen Frankreich besiegen und dann, noch bevor Russland vollständig mobilisiert war, alle Truppen an die Ostfront schicken und den Krieg mit einem Sieg über Russland beenden.
Am 3. August 1914 erklärte Deutschland Frankreich den Krieg und marschierte in Belgien ein, um den französischen Heer vom Nordosten in den Rücken zu fallen.
Auf Grund der Garantiemacht der belgischen Neutralität seit dem Londoner Protokoll von 1831 war nun England verpflichtet, gegen den völkerrechtswidrigen Einmarsch Deutschlands in Belgien vorzugehen und verfasste am 4. August ein Ultimatum, dass den sofortigen Rückzug aus Belgien forderte. Um Mitternacht folge die britische Kriegserklärung an das Deutsch Reich.
Damit war aus der Julikrise auf dem Balkan ein europäischer Großkonflikt geworden, in dessen Verlauf den vier Mittelmächten (Deutsches Reich, Österreich-Ungarn, Türkei und Bulgarien) 28 alliierte bzw. assoziierte Mächte (darunter Großbritannien, Frankreich, Russland, Italien, Japan und die USA) auf beinahe allen Kontinenten und großen Meeren gegenüberstanden.

 
 

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