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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Die philosophie kants - kant, der königsberger und weltbürger



Immanuel Kant wurde am 22. April I72q, in Königsberg als Sohn eines Handwerkers geboren und wuchs im Geist des Pietismus auf. Sein Leben verlief äußerlich undramatisch, seine geistige Entwicklung führte aber zu einer epochemachenden Wende, deren Bedeutung kaum überschätzt werden kann. Er begann als naturwissenschaftlich interessierter Anhänger der rationalistischen Philosophie, wurde später von empiristischen Gedanken, wie er sie bei Locke, aber auch bei Crusius., fand, beeinflußt, fühlte sich durch Humes skeptische Argumente herausgefordert und ließ schließlich alle diese Auffassungen, die er teils als ungenügend, teils als einseitig erkannte, hinter sich. Die von ihm begründete neue Philosophie - die Transzendentalphilosophie - war zwar, wie alle großen Leistungen im philosophischen Bereich, in verschiedener Hinsicht durch frühere Gedanken vorbereitet, doch diese älteren Ansätze kamen erst durch ihn voll zur Geltung, so daß er mit Recht die von ihm bewirkte *Umänderung der Denkart mit der Revolutionierung des astronomischen Weltbildes inderfrühen Neuzeit verglich. Der Durchbruch zu der neuen Denkweise gelang ihm jedoch erst recht spät: Die «Kritik der reinen Vernunft*, mit der der Schritt zur Transzendentalphilosophie erfolgte, erschien, als Kant sechsundfünfzig Jahre alt war. Wäre er einige Jahre früher gestorben, wäre er, wie z.B. Crusius oder Lambert, heute wohl nur mehr den auf das 18. Jahrhundert spezialisierten Forschern bekannt.

An der Universität Königsberg hörte Kant neben Philosophie auch Theologie, Mathematik und Physik. Besonders regten ihn die Vorlesungen Martin Knutzens I7l3-1751) an, eines Wolffianers, der auch gute mathematische und physikalische Kenntnisse hatte. Kants frühe Arbeiten, z.B. die «Gedanken von der wahren Schätzung der lebendigen Kräfte* (1747) oder die «Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels» (1755), galten naturwissenschaftlichen Themen.· Erst in den sechziger Jahren verschob sich der Schwerpunkt von Kants Veröffentlichungen von den Naturwissenschaften zur Philosophie. In rascher Folge entstanden «Der einzig mögliche Beweisgrund zu einer Demonstration des Daseins Gottes» (1763, tatsächlich 1762.), die «Beobachtungen über das Gefühl des Schönen und Erhabenen» (1764),,, die «Untersuchung über die Deutlichkeit der Grundsätze der natürlichen Theologie und der Moral» sowie die «Träume eines Geistersehers, erläutert durch Träume der Metaphysik» (1766). Bereits m dieser Phase von Kants Denkentwicklung ist die zunehmende Distanzierung gegenüber der rationalistischen Metaphysik festzustellen (siehe unten Abschn. 2).

1770 wurde Kant Ordinarius. Wie damals üblich, veröffentlichte er aus Anlaß der Ernennung eine Abhandlung (eine sogenannte Inaugural-Dissertation) über Form und Prinzipien der sinnlichen und der intelligiblen Welt («De mundi sensibilis atque intelligibilis forma et principiis»). In dieser Schrift sind bereits manche Gedanken enthalten, die für die kritische Philosophie charakteristisch sind, namentlich die These, daß Raum und Zeit nicht Formen der Dinge an sich, sondern subjektive Ordnungsschemata sind, die der Erfahrung anschaulicher Gegenstände zugrunde liegen. Die folgenden Jahre widmete Kant der Ausarbeitung des kritischen Ansatzes, die sich als schwieriger erwies, als Kant zunächst angenommen hatte. Die Aufgabe nahm seine Kraft während des «stillen Jahrzehnts* zwischen 1770 und 1780 fast ganz in Anspruch. 1781 erschien endlich das Werk, in dem Kants Schaffen seinen Höhepunkt erreichte: Die « Kritik der reinen Vernunft*.

Einige Jahre später erklärte Kant, er habe die Ergebnisse seiner Arbeit in vier bis fünf Monaten niedergeschrieben.4 Da die « Kritik* unmöglich in so kurzer Zeit verfaßt sein kann, bietet sich die Annahme an, daß Kant in der angegebenen Zeit einen Entwurf zu Papier brachte und in ihn Teilausarbeitungen einschob, die im Verlauf der vorangegangen Jahre, zum Teil sogar zu Beginn der siebziger Jahre, entstanden waren. Da seine Auffassungen in diesem Zeitraum Veränderungen unterworfen waren, ist es nicht verwunderlich, daß die «Kritik der reinen Vernunft* kein vollkommen einheitliches Werk ist und daher in recht unterschiedlicher Weise interpretiert werden konnte. Dennoch ist es eines der wichtigsten philosophischen Bücher überhaupt, da es, wie im Folgenden gezeigt werden soll, einen Wendepunkt in der Philosophie bedeutet* Hier sei nur vorwegnehmend festgestellt, dass es in der kritischen Philosophie nicht mehr darum geht, irgendwelche Gegenstände - auch nicht jenseitige Gegenstände - oder Gegenstandsbereiche zu erkennen, sondern darum, begreiflich zu machen, wie es überhaupt möglich ist, daß wir uns urteilend auf Gegenstände beziehen und beanspruchen können, etwas von ihnen zu erkennen. Die Transzendentalphilosopilie verfolgt nicht das Ziel, etwas vom Wesen der Wirklichkeit oder von deren Struktur zu erfassen, sondern ihre Aufgabe besteht darin, auf die Beziehung zwischen dem erkennenden Ich und den Gegenständen zu reflektieren. Sie hat es, anders als die alltägliche oder die einzelwissenschaftliche Erfahrung, nicht mit Gegenständen, sondern mit den Bedingungen von Gegenstandserfahrung bzw. von Gegenstandserkenntnis zu tun.

Kant war mit der Art, in der er 1781 seine Auffassung vorgetragen hatte, offenbar selbst nicht völlig zufrieden, denn er sah sich schon 1783 veranlaßt, seine Konzeption in den «Prolegomena zu einer jeder künftigen Metaphysik, die als Wissenschaft wird auftreten können» zu verdeutlichen. Seine Absicht war, «manches dem Vortrage nach besser einzurichten, als es in der ersten Ausfertigung des Werks geschehen konnten s Gleichzeitig wollte er eine andere Methode anwenden als in der « Kritik der reinen Vernunft*, nämlich nicht mehr, wie in diesem Werk, die synthetische, sondern die analytische. Die Frage, worin Kants analytische oder regressive Methode besteht, wurde immer wieder diskutiert; sie läßt sich am plausibelsten dahingehend beantworten, daß die «Prolegomena» insofern analytisch sind, als in ihnen gefragt wird, mit welchem Recht wir Sätze der Mathematik und der Physik als Erkenntnisse betrachten; daß es mathematische und physikalische Erkenntnisse gibt, wird dabei vorausgesetzt. Diese Vorgangsweise entspricht der traditionellen Auffassung der Analyse (der regressiven Methode), nach der man «von dem, was gesucht wird, als ob es gegeben sei, ausgeht und zu den Bedingungen aufsteigt, unter denen es allein möglich* ist. Die «Kritik der reinen Vernunft* ist dagegen unabhängig von der Voraussetzung, daß es gesicherte einzelwissenschaftliche Erkenntnisse gibt; hier ging Kant davon aus, daß wir Gegenstände im allgemeinen erfahren, und fragte nach den Bedingungen, unter denen Gegenstandserfahrung überhaupt als möglich begriffen werden kann. Auf diese Vorgangsweise bezieht sich der Ausdruck «synthetisch», der hier somit nicht mehr, wie in der älteren Methodologie, die axiomatische Darstellung - den ordo geometricus - bedeutet.

Die «Prolegomena» waren nicht Kants letztes Wort in der theoretischen Philosophie; 1787 kam die zweite Auflage der «Kritik der reinen Vernunft* heraus, die sich teilweise beträchtlich von der ersten Auflage unterscheidet. Inzwischen war bereits die ~Grundlegung zur Metaphysik der Sitten* (1781) erschienen, in der die zentralen Gedanken einer der kritischen Philosophie angemessenen Ethik enthalten sind. 1788 folgte die «Kritik der praktischen Vernunft*, und r 9a schloß Kant «das kritische Geschäft* mit der «Kritik der Urteilskraft* ab.

Da er der Kritik die Aufgabe zuwies, den Boden für eine neue - d.h. von der rationalistischen verschiedene - Metaphysik zu bereiten, entsprechen den beiden ersten Kritiken die « Metaphysischen Anfangsgründe der Naturwissenschaft* (1786) und die «Metaphysik der Sitten* (1796)·· Obwohl sich Kant bis zuletzt mit der Idee einer Metaphysik auf der Grundlage der Kritik auseinandersetzte, kommt ihm in erster Linie als kritischem Philosophen, nicht so sehr als Metaphysiker weltgeschichtliche Bedeutung zu. Wenn in Kants Metaphysik von Gott) Welt und Seele die Rede ist, dann sind nicht mehr Gegenstände möglicher Erkenntnis gemeint, sondern Ideen, d.h. Gedanken, deren wir im theoretischen und praktischen Zusammenhang bedürfen, die sich aber nicht mehr auf eine von unserem Denken unabhängige Wirklichkeit beziehen lassen. Das Projekt einer Neubegründung der Metaphysik auf kritischen Grundlagen beschäftigte Kant so intensiv, daß es gerechtfertigt ist, ihn auch als Metaphysiker zu würdigend Er selbst hat in der unvollendeten Preisschrift über die Fortschritte der Metaphysik nicht nur seine eigene, sondern die Entwicklung der Philosophie im allgemeinen als Weg zu einer Metaphysik auf moralischen Grundlagen dargestellt.

Kant war, solange es seine Kräfte erlaubten, unermüdlich tätig. Da er stets mit der Feder in der Hand dachte, entstanden bis kurz vor seinem Tod Notizen, doch fiel es ihm mit der Zeit immer schwerer, seine Gedanken zu ordnen. Zunächst galten seine Bemühungen dem Übergang von der Metaphysik zur Physik, wobei er\' die in den *Metaphysischen Anfangsgründen* eingeschlagene Richtung fortzusetzen suchte. Später kreiste sein Denken anhaltend um die Idee der Transzendentalphilosophie als einer Metaphysik im Horizont des kritischen Ansatzes. Am 12. Februar 1804 starb Kant in der Stadt, die er zeit seines Lebens kaum verlassen hatte. Der Name Königsbergs wird, ungeachtet der nach dem zweiten Weltkrieg vorgenommenen Umbenennung, in Verbindung mit Kant stets lebendig bleiben.

 
 

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