Die Kirche als Vertreter des Bürgertums sah grundsätzlich anfangs gar keinen Grund für ihr Eingreifen gegeben. Nun jedoch muss man differenzieren zwischen der katholischen und der evangelischen Seite.
Der Katholizismus war von starken inneren Spannungen, vor allem was die Rolle des Staates in der Gesellschaft anging, geprägt. Jetzt aber trugen zwei Personen zur Einigung der Katholiken bei: Zum einen der Mainzer Bischof Wilhelm Emanuel Freiherr von Ketteler, der die Ansichten der katholischen Kirche verbreitete.
Zum anderen war dort Reichskanzler Bismarck, der völlig unabsichtlich die Solidarität der Katholiken untereinander dadurch förderte, dass er versuchte den Einfluss der katholischen Kirche zurückzudrängen, z.b. mit Entzug der Schulaufsicht und durch Einführung der Zivilehe.
Der wohl wichtigste Vertreter der katholischen Sozialbewegung ist Adolf Kolping, dessen 1849 gegründetes Kolpingwerk noch heute besteht. Diese Vereinigung lässt sich am besten durch Kolpings Wahlspruch charakterisieren: "Religion und Tugend, Arbeitsamkeit und Fleiß, Eintracht und Liebe, Frohsinn und Scherz.\"
So hieß es da nur generell, dass sich die Ausgestaltung von Staat und Gesellschaft an den christlichen Lehren orientieren solle und das Subsidiaritätsprinzip entstand. Dieses besagt, dass jedes Individuum in jeder Angelegenheit zunächst seine unmittelbare Umgebung um solidarische Hilfe bitten solle und wenn dies nicht ging, sollte immer erst die jeweils nächste Ebene (Gemeinde, etc.) angerufen werde. So ist der Staat erst das letzte Glied in dieser langen Kette.
Besonders prägend auf den politischen Katholizismus wirkte ein Rundbrief des Papstes Leo XIII. "Rerum Novarum\" .Im folgenden weist Leo XIII. Auf die natürliche Ungleichheit der Menschen hin, denen als Buße die Arbeit auferlegt worden ist, wie auch oben bereits angedeutet, so dass es immer die Klasse der Besitzenden und die der Besitzlosen gibt, was so auch im kommunistischen Manifest von Marx zu finden ist. Der Staat jedoch vertritt, nach christlicher Ideologie, ALLE, und im besonderen die Arbeiter, schon allein aus quantitativen Gründen, und da diese zudem auch nützliche Dienste für die Wohlfahrt des Staates leisten. Somit kann der Staat sie nicht im Elend leben lassen. Dazu sind folgende Passagen heranzuziehen: " Wie immer sich die Regierungsform gestalten mag, stets werden unter den Bürgern jene Standesunterschiede da sein, ohne die überhaupt keine Gesellschaft denkbar ist.\"
Im Protestantismus erkannte Johannes Wichern der auch Kolping und Ketteler beeinflusste, als einer der ersten die Notstände des Proletariats und gründete er bereits 1833 das "Rauhe Haus\", das sich um Obdachlose und verwaiste Kinder bemühte und die "Innere Mission\", die sich sowohl sozial als auch seelsorgerisch um Obdachlose und kranke Arbeiter sorgte. Wichern war ein gläubiger Optimist, der der Inneren Mission die Kraft zutraute, das von der offiziellen Kirche entfremdete Volk wieder für das Christentum zu gewinnen.
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