Die Anfänge der sogenannten \"wilden Jugendgruppen\", zu denen auch die Edelweißpiraten gehörten, entstanden in den Jahren 1938/39, als die HJ durch die \"Jugenddienstpflicht\" vom 25.2.1939 die Freiheiten der Jugendlichen immer mehr einschränkte. Diese Einschränkung hatte zur Folge, dass viele Jugendliche den Wunsch nach jugendlicher Selbstbestimmung hegten und dementsprechend die Disziplin und den Massencharakter der nationalsozialistischen Jugendorganisationen ablehnten.
Das galt auch für Mädchen, die sich nicht in die \"Frau und Mutterrolle\" der Nationalsozialisten drängen lassen wollten und sich deshalb den wilden Jugendgruppen anschlossen. Durch die Mädchen wurde die Anziehungskraft der Cliquen erhöht, da in der HJ eine absolute Geschlechtertrennung herrschte.
Die Edelweißpiraten, die im gesamten Reichsgebiet existierten, waren die größte Jugendgruppe mit dem Schwerpunkt im Rhein-Ruhr-Gebiet. Mitglieder der Edelweißpiraten waren überwiegend junge Arbeiter, die die Traditionen der bündischen Jugend pflegten. Ihr Erkennungszeichen war ein Edelweiß unter dem linken Rockaufschlag oder eine edelweißfarbene Stecknadel.
Es wird geschätzt, dass die Edelweißpiraten mehrere tausend Anhänger, im Alter zwischen 14 und 17 Jahren, hatten.
Die Jugendlichen hatten eine bewusste Antihaltung gegenüber dem Staat, allerdings kein politisches Konzept und keine gemeinsame Organisation. Da die einzelnen Gruppen nebeneinander her existierten, hatte später die Gestapo bessere Zugriffsmöglichkeiten.
Der Widerstand der Edelweißpiraten gegen das NS-Regime äußerte sich in der Anfangsphase in der Durchführung verbotener Fahrten und Zeltlager. Das freie Fahrtenwesen der Wandervogelbewegung war von der HJ-Führung verboten worden. Stattdessen wurden HJ-Fahrten und -Lager eingeführt. Hier war der Tagesablauf mit militärischer Disziplin geregelt, es dominierten ideologische Schulungen und paramilitärische Übungen. Um den oppositionellen Jugendlichen die freien Fahrten unmöglich zu machen, wurde ihnen das Trampen verboten und die Benutzung von Feuerzelten. Die Edelweißpiraten missachteten das Fahrtenverbot und trampten innerhalb Deutschlands umher.
Ein Zusammentreffen mit dem HJ-Streifendienst führte automatisch zu Konflikten mit der Staatsmacht. Die Jugendlichen wurden von der Polizei verhört und für den Wiederholungsfall wurde ihnen mit schärferen staatspolizeilichen Maßnahmen gedroht.
Eine andere Form der Verweigerung war das Schwänzen des HJ-Dienstes oder ein provozierter Rausschmiss aus der HJ. In diesen Fällen hatte das eine Meldung zur Folge, die den Jugendlichen Schwierigkeiten in der Schule und bei der Suche nach einer Lehrstelle bereitete.
Waren die verbotenen Fahrten und die Nichtteilnahme am HJ-Dienst eine reine Verweigerung, entwickelte sich später bei den Edelweißpiraten ein spontaner politischer Widerstand. Dieser spontane politische Widerstand äußerte sich unter anderem in Prügeleien mit der HJ.
>>\"...Ich ging mit noch mehreren Jungen in Zivil am Hellweg runter, als wir plötzlich von einer Menge Jungens überfallen wurden. Schätzungsweise waren es etwa 50 Personen. Es entwickelte sich eine Schlägerei, bei der A. einen Messerstich in die linke Hand erhielt. \" (Bericht eines HJ-Mitgliedes) >\"Im März/April 1944 haben wir jede Nacht den englischen Sender abgehört und kriegten so immer die neusten Informationen. Und dann machten wir Flugblätter auf Schuhkartons...Die Texte waren ganz unterschiedlich: Die Amerikaner stehen an den Reichsgrenzen. Macht Schluss mit dem Scheiß-Krieg oder wir haben andere Flugblätter gemacht. Ich entsinne mich an eines, da war Stalingrad gefallen, da steht Hitler zwischen Leichen und ist am Lachen, darunter stand: Ich fühle mich so frisch, es naht der Frühling.\" (Bericht eines Edelweißpiraten) |