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geschichte artikel (Interpretation und charakterisierung)

Die darstellung bernard guis und william von baskerville im historischen roman und spielfilm ,,der name der rose



Im Roman, aber auch im Spielfilm ,,Der Name der Rose\" sind viele Abweichungen von der Historie zu konstatieren, die sich sehr gut an den Personen Bernard Gui und William von Baskerville belegen lassen.
Mit Bernard Gui hat Eco in seinem Roman eine der bekanntesten historischen Figuren aus der Geschichte der hochmittelalterlichen Inquisition ausgewählt; Gui gilt als ,,der erfahrenste Inquisitor der Zeit um das Jahr 1320\". Das von Umberto Eco gezeichnete Bild dieses Mannes entspricht jedoch in vielem nicht den originalen Überlieferungen. Im Roman, aber auch im Film wird Bernard ausnahmslos als hart strafender Inquisitor dargestellt, obwohl er im Jahre 1327 schon nicht mehr als solcher tätig war. Seine Tätigkeit als päpstlicher Diplomat oder Handschriftenleser, die er in Norditalien und Flandern (1317/18) innehatte, wird von Eco gar nicht erst erwähnt. Bernard verfolgt im Roman, aber auch im Film ,,Ketzer\" - wie die Fratizellen - die erst nach 1327 eine größere Rolle spielten. Zwar hatte Bernard diese in ,,der >Practica< angegriffen, aber in der Realität nicht verhört und verurteilt\". Diese Veränderung der historischen Faktizität fällt jedoch nicht so stark ins Gewicht bei der Bearbeitung des Themas ,,Inquisition\", da diese Veränderung für das eigentliche historische Phänomen keine weitreichende Bedeutung beanspruchen kann. Schwerwiegender ist, dass Bernard Gui bei Eco als Personifikation des Bösen ist. Dies wird dem historischen Inquisitor, wie er in einem vorangegangenen Kapitel beschrieben ist, in keinem Falle gerecht. Dem Betrachter wird ein von Vorurteilen behaftetes Bild repräsentiert. Im Buch bzw. im Film unterlaufen Bernard einige ,,Formfehler\" während des Prozessverfahrens gegen Salvatore, Remigius und dem Bauernmädchen, die allerdings allein durch die Konzeption dieser Figur begründet sind. Für den historischen Bernard Gui wäre es recht ungewöhnlich gewesen, Salvatore - wie im Film - nicht die Gelegenheit zur Reue zu gegeben zu haben, die zu seiner Begnadigung, d.h. zu lebenslanger Kerkerhaft geführt hätte, denn Gui nahm, im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen - die formalen Bestimmungen der Inquisitionsgesetze sehr genau. Ebenso hätte der historische Inquisitor das Bauernmädchen verhören müssen. An dieser Stelle muss gesagt sein, dass der historische Gui (und mit ihm eine Vielzahl der Inquisitoren) durchaus um gerechte Urteile bemüht war, die Todesstrafe ,,selten\" zu verhängen und dass all dies von der Sorge um die ,,Herde Gottes\" motiviert war.
Bernard ist einer der gefährlichsten Feinde Williams. Dieses wird an einigen Textstellen des Buches sehr deutlich, so z. B. auf Seite 385:
[...] Dann stand er vor William, und als er erfuhr, wer sein Gegenüber war, betrachtete er meinen Meister mit erlesener Feindseligkeit; aber nicht etwa, weil sein Blick unwillkürlich seine geheimen Gefühle verraten hätte, dessen war ich mir ganz sicher [...], sondern weil er ohne Zweifel wollte, dass William seine Feindseligkeit verspürte. [...]
Dieser ,,Hass\" William gegenüber ist begründet in den unterschiedlichen Persönlichkeiten mit ihren Anschauungen und in ihrer Affinität als angeblich ehemaliger bzw. noch tätiger Inquisitor.
Gui versucht ständig Personen und deren Lebensbedingungen auszukundschaften, und er ist von seinem Inquisitorenamt und der dadurch zu schützenden Glaubenswahrheit stark überzeugt. Die Entdeckung von Glaubensfeinden steht bei ihm an erster Stelle, obwohl er mit seiner Tätigkeit auch einige kriminalistische Fähigkeiten an den Tag legt, wie es z. B. auf Seite 527 deutlich wird:
[...] ,,Herr Bernard\", wandte er sich an diesen, ,,wer hat den hier getötet, nachdem ihr doch den Mörder so trefflich gefunden und in Gewahrsam genommen habt?\" - \"Fragt mich nicht\", erwiderte der Inquisitor. ,,Ich habe niemals behauptet, alle Übeltäter überführt zu haben, die in dieser Abtei ihr Unwesen treiben. Ich hätte es gern getan, wenn ich gekonnt hätte...\"
Allgemein kann gesagt werden, dass seine von Eco geschilderten Anschauungen sich mit denen der päpstlichen Gesetzgeber des 14. Jh. decken und somit glaubwürdig sind. Gänzlich unhistorisch ist allerdings der Tod Bernard Guis: Er verstarb erst im Jahre 1331 und dies auf eine friedliche Weise.
Anders als die Darstellung Guis stützt sich die des William von Baskerville im Buch und im Film nicht auf eine einzige historische Figur: William ist eine Kunstfigur, die sich aus vielen unterschiedlichen Vorbildern zusammensetzt. Eco legt ihm Zitate in den Mund, die teilweise sogar aus dem 20. Jahrhundert stammen.24 Den Vornamen hat er von Wilhelm von Ockham erhalten, während er seinen Beinamen Sherlock Holmes` berühmten Fall ,,Der Hund von Baskerville\" verdankt. Der Theologe und Philosoph Wilhelm von Ockham prägt jedoch nicht nur den Vornamen, sondern erst recht das Denken des Eco` schen Helden, der von seinem Franziskanischen Bruder philosophische Ansichten, vor allem die des Nominalismus übernommen hat. Gerade weil Ockham das Denken Williams so sehr prägt wurden er, aber auch Roger Bacon, in Punkt 3.3. als historisches Vorbild für diese Arbeit ausgewählt. Williams Skepsis gegenüber ,,Wahrheit\" und \"Recht\" trennt ihn deutlich von den Vorstellungen Guis, ein Beispiel dafür findet man im Roman auf Seite 195:
[...] ,,Sagt mir doch bitte, Bruder William, ihr, die ihr alles über die Ketzer wisst, so dass man meinen möchte, ihr wäret selber einer: Wo liegt die Wahrheit?\"- ,,Manchmal nirgendwo\", antwortete William traurig. - ,,Seht ihr, auch ihr wisst nicht mehr zwischen Ketzern und Ketzern zu unterscheiden! Ich habe da wenigstens eine Regel.\"
Zu dieser Trennung haben natürlich auch Williams Erfahrungen als vorgeblich ehemaligem Inquisitor in England und Italien beigetragen. Im Roman sowie im Film hat William aus seiner Tätigkeit als Inquisitor ausschließlich negative Lehren gezogen, vor allem mit Blick auf die Folter und der immer wiederholten, starren Denkmuster. Er reagiert deshalb auch oft negativ auf Bernard Gui und dessen Tätigkeit. Er wendet sich gegen die Gerichtsbarkeit über ,,Ketzer\", ja sogar gegen die Gerichtsbarkeit der Kirche in weltlichen Belangen. Diese staatspolitischen Ansichten teilt er mit Marsilius von Padua, was sich deutlich zeigt, wenn William den Legaten seine Konzeption der weltlichen Herrschaft erläutert und dafür aus Marsilius` Traktat ,,Defensor pacis\" zitiert. Trotz aller Abneigungen gegen die Gerichtsbarkeit fühlte er sich als Inquisitor und hält sich in dieser Funktion besser als Bernard Gui, was er in einem Gespräch mit dem Novizen Adson auf Seite 503 zum Ausdruck bringt:
[...] ,,Bernard will gar nicht unbedingt den wahren Schuldigen finden, er will nur den Angeklagten brennen sehen. Mir dagegen macht es Freude, ein richtig schön verwickeltes Knäuel zu entwirren.\"
Ebenso wie der Abt und Adson kritisiert William immer wieder die Inquisition: Er ist der Meinung, dass diese nur blinden Terror hervorrufe und die Inquisitoren oftmals nur aus Eigennutz handeln und selbst neue Häretiker schaffen.
Von Roger Bacon hat William das Interesse an wundersamen Maschinen geerbt (Brille, eigene Konstruktion des Kompasses) und wie Bacon und dessen Lehrer Robert Grosseteste glaubt William an die Vernunft und (lange Zeit) an die Erklärbarkeit der Welt mittels logischer Experimente.25 Auf Seite 25 des Romans nennt William Bacon seinen Lehrer:
[...] ,,Roger Bacon, den ich als meinen Meister verehre, hat uns gelehrt, dass der göttliche Plan sich eines Tages durch die Wissenschaft der Maschinen verwirklichen wird, die eine magia naturalis et sancta ist.\"
Das Bacon der Lehrer Williams war, kann durchaus möglich sein, da er in den frühen siebziger Jahren des 13. Jh. geboren wurde. Offensichtlich hatte er das große Glück, Bacons Vorlesungen lauschen zu können.
Eco formuliert in seiner >Nachschrift< diesbezüglich auf Seite 34 das er das 14. Jh. als Zeitrahmen gewählt hat, da er einen Detektiv brauchte, ,,der nach Möglichkeit ein Engländer sowie von Bacon und Ockham geprägt sein müsse (Vgl. auch im Roman z. B. S. 24ff., S. 44).\"26

 
 

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